Lehrveranstaltungen Wintersemester 2016/17
Lehrveranstaltungen von Prof. Dr. Susanne Rau
S-6/9/12: Kulturgeschichte des Essens und Trinkens in der Frühen Neuzeit
(B: E08#01, EXX#01, W09#01, WXX#01
BA: E06#02, E09#01, W07#02, W09#01)
Dienstag, 14-16 Uhr, LG I/229
Essen und Trinken ist nicht nur ein biologisches Grundbedürfnis, sondern – nach dem französischen Soziologen Marcel Mauss – ein soziales Totalphänomen. Das heißt, in der Ernährungspraxis einer Gesellschaft kommen mit einem Schlag nahezu alle Arten gesellschaftlicher Phänomene (religiöse, rechtliche, moralische, ökonomische, ästhetische) zum Ausdruck.
Das Seminar wird einen Überblick über die Kulturgeschichte des Essens und Trinkens vom späten Mittelalter bis zum Beginn der Konsumgesellschaft geben (unter Berücksichtigung antiker Vorläufer-Elemente wir dem Gastmahl und der Vier-Säfte-Lehre). Dabei geht es nicht nur um Nahrungsmittel und Gerichte, sondern auch um Ernährungspolitik (z.B. Brotpolitik), Aspekte von Körper und Gesundheit (Diätetik), Mangel, Verzicht und Überfluss (Fasten, Hungersnöte), Regularien (Kochrezepte, religiöse Vorschriften), Orte der Produktion und des Konsums (Küchen, Herbergen, Kaffeehäuser, Restaurants), die Integration globaler Waren (Zucker, Kaffee, Tee, Kakao), Rituale, Essenszeiten und Repräsentationsaspekte. Neuere Forschungen zeigen, dass Essen und Trinken selten allein dem Zwecke der Nahrungsaufnahme dient, sondern in politische, soziale und religiöse Kontexte eingebettet ist. ‚Essen und Trinken‘ ist also eine (gleichwohl notwendige) kulturelle Praxis, die aber eine Geschichte hat (also wandelbar ist), die medial vermittelt wird (in Bildern und Normen), die mit Geschmacksfragen (Ästhetik) zusammenhängt und die spezifische Praktiken, Diskurse, Artefakte und Räume herausbildet.
Literatur
Hirschfelder, Gunther/Trummer, Manuel: Essen und Trinken, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2013-06-26. URL: http://www.ieg-ego.eu/hirschfelderg-trummerm-2013-de URN: urn:nbn:de:0159-2013061807 [28. Juli 2016].
Ko-6/9: Kolloquium zu laufenden Abschluss- und Qualifikationsarbeiten in der Neueren Geschichte
Mi 18:00-20:00, LG 4/D04
Beginn: 12.10.
Das Kolloquium bietet Gelegenheit zur Präsentation und Diskussion Ihrer laufenden Forschungsarbeiten. In einzelnen Sitzungen werden wir Vorträge auswärtiger Gastreferenten hören und diskutieren. Bitte melden Sie spätestens in der ersten Semesterwoche (per Email) Ihr Interesse an Teilnahme (mit oder auch ohne Scheinerwerb) an.
SSE: Selbststudieneinheit zur Geschichte und Anthropologie des Raums
nach Vereinbarung
S-3: Paläographie
(M-SWK 2014: M02#01)
Mo 14:00-16:00 | LG I/223
Prof. Dr. Susanne Rau / Prof. Dr. Karl Heinemeyer
Das Seminar führt in die Kunst des Transkribierens handschriftlicher Quellen des 12.-19. Jahrhunderts vor allem aus dem deutsch-, aber auch aus dem französisch- und englischsprachigen Bereich ein. Es werden Hilfsmittel zur Auflösung von Abkürzungen und Datierungen vorgestellt, Kenntnisse für die Edition handschriftlicher Texte vermittelt und eine Einführung in die Theorie und Praxis der archivalischen und bibliothekarischen Grundlagenerschließung gegeben.
Der reiche Bestand der Kaiser- und Papsturkunden der Klöster Reinhardsbrunn, Georgenthal und Ichtershausen im Staatsarchiv Gotha bietet einen ersten Einblick in die Urkundelandschaft Thüringens im Mittelalter und soll erste Schritte auf dem Weg zur Erstellung einer Urkundenedition vermitteln. Ein Besuch im Staatsarchiv in Gotha ist vorgesehen (Absprache des Termins erfolgt zu Beginn des Semesters.)
Literatur
Friedrich Beck/Eckart Henning (Hg.): Die archivalischen Quellen. Eine Einführung in ihre Benutzung, Köln u.a., 3. Aufl. 2003;
Friedrich Beck/Lorenz Friedrich Beck: Die Lateinische Schrift. Schriftzeugnisse aus dem deutschen Sprachgebiet vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Köln u.a. 2007;
Landschaftsverband Rheinland / Archivberatungsstelle: Paläographie – Archivalische Textsorten – Aktenkunde, Bonn 1999 ;
Walter Heinemeyer (Hg.), Richtlinien für die Edition landesgeschichtlicher Quellen, Marburg 1978, darin auch: Johannes Schultze, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei der Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte.
V-9: Geschichte, Theorie und Praxis des Sammelns
M SWK 2014 M01#01
Ringvorlesung (Prof. Dr. Susanne Rau et. al.)
Mi 10:00-14:00 | Erfurt/Gotha
Die Vorlesung gibt einen Einblick in die Theorie und Geschichte des Sammelns, wobei insbesondere Problematiken der Erfurter und Gothaer Sammlungen im nationalen und internationalen Vergleich einen Kern der Vorlesung bilden. Theoretische Reflektionen werden jeweils an Einführungen in entsprechende Sammlung gebunden. Die Vorlesung wird von den Lehrenden des Studiengangs „Sammlungsbezogene Wissens- und Kulturgeschichte“ abgehalten.
Veranstaltungsorte und -termine entnehmen Sie bitte dem Programm.
Die Klausur findet am 01.02.2016 von 9.45-11.15 Uhr im Seminarraum des Forschungszentrums Gotha statt.
Lehrveranstaltungen des Lehrstuhls
Lisa Woop M.A.
S-3: Stadtplätze in der Frühen Neuzeit - Architektur und Raumaneignungen
Mo 10-12 Uhr, LG 4/D04
Beginn: 10.10.
Nach Cicero ist der Stadtplatz einer der drei unentbehrlichen Dinge für eine Stadt. Es ist der Ort, an dem die Stadtgesellschaft zu einer politischen Einheit zusammenfindet. So das Ideal der Antike. In der Frühen Neuzeit hat der Stadtplatz auch andere Funktionen, je nach Ort und Zeit. Die Frage nach wirtschaftlichen, politischen, religiösen oder auch profanen Nutzungen soll nach einführenden theoretischen Sitzungen gemeinsam anhand der Plätze von verschiedenen Städten wie Erfurt, Rom oder Paris erarbeitet und diskutiert werden. Dabei werden auch die Entstehung des Platzes, seine Lage in/zur Stadt, sowie seine Architektur von Bedeutung sein, um die Funktion(en) zu verstehen.
Literatur
Coubier, Heinz, Europäische Stadt-Plätze: Genius und Geschichte: Rom, Pisa, Siena, Verona, Venedig, Brüssel, Bremen, Krakau, Prag, Dubrovnik, Salzburg, Madrid, Nancy, Paris, Lissabon, Dresden. Köln: 1985.
Dr. Evelyn Korsch
S-9 Kostbares und Kurioses aus der Ferne. Fürstliche Sammlungen im globalen Kontext (mit Exkursionen nach Dresden und Gotha)
(M SWK 2014 M04#01, M15#01, M Ges 2011 M13#01, M14#01, M16#01)
ET 01.11.2016 Di16:00-18:00
bis zu 20 Stud. / LG 1/118
Ex 25.11.2016
ET 26.11.2016Sa10:00-14:00
bis zu 20 Stud. / LG 4/D07
Ex 27.01.2017
ET 28.01.2017Sa10:00-14:00
bis zu 20 Stud. / LG 4/D07
Es ist bezeichnend, dass zwei der aufgeführten Literaturtitel Sammlungen als „Welt in der Stube“ beschreiben. Wie war diese „Welt“ definiert, die man sich in die Stube bzw. Residenz holte? Nach welchen Kriterien wurden Objekte ausgewählt, und wie wurden sie erworben? Insbesondere die Beschaffung von Gegenständen aus fernen Ländern erforderte einen hohen logistischen und finanziellen Aufwand. Agenten, reisende Kaufleute, Entdecker und Forscher trugen zum Aufbau bei. Da Sammlungen sowohl zum Erkenntnisgewinn als auch zu Repräsentationszwecken dienten und ihre Bestandteile geschätzte Objekte im diplomatischen Geschenkeverkehr bildeten, sollen zwei fürstliche Kollektionen im Hinblick auf ihren strukturellen Aufbau, die angewandten Beschaffungsstrategien, ihre jeweilige Präsentation im Raum sowie die intendierten Zielsetzungen miteinander verglichen werden. Zur Analyse eignen sich zwei wettinische Sammlungen, deren Charakter eng mit dem politischen Geschehen verbunden war. Zum einen die Kollektionen in der Dresdener Residenz, deren Aufbau wenige Jahre nach der Übertragung der Kurwürde an die Albertiner von August initiiert wurde und welche mit dem Erwerb der polnischen Krone eine umfassende Erweiterung durch August den Starken und seinen Sohn erfuhren. Zum anderen die Sammlung auf Schloss Friedenstein, die von Herzog Ernst dem Frommen begründet wurde. Als Regent einer ernestinischen Nebenlinie etablierte er in Gotha die Residenz seines neuen Herzogtums Sachsen-Gotha und richtete eine Kunstkammer, die von seinen Nachfolgern ausgebaut wurde, ein. Analogien und Differenzen, die auf politischen und konfessionellen Veränderungen beruhen, sollen herausgearbeitet werden.
Literatur
Dominik Collet, Die Welt in der Stube. Begegnungen mit Außereuropa in Kunstkammern der Frühen Neuzeit, Göttingen 2007;
Barbara Marx / Karl-Siegbert Rehberg (Hg.), Sammeln als Institution. Von der fürstlichen Wunderkammer zum Mäzenatentum des Staates, München / Berlin 2006;
Barbara Marx (Hg.), Kunst und Repräsentation am Dresdner Hof, München / Berlin 2005;
Dirk Syndram / Antje Scherner (Hg.), In fürstlichem Glanz. Der Dresdner Hof um 1600, Mailand 2004;
Ernst der Fromme (1601-1675). Bauherr und Sammler (Ausstellungskat.), hg. v. Gotha Kultur, Gotha 2001;
Andreas Grote (Hg.), Macrocosmos in Microcosmo: Die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sammelns 1450-1800, Wiesbaden 1994.
Dr. Dr. Igor Sosa Mayor
S-6/9/12: Sklaverei in der Frühneuzeit: globale Entwicklungen, lokale Praktiken (1450-1750)
(B: E09#01, EXX#01, W07#01, W09#01, WXX#01
BA: E06#02, E09#01, W05#02, W08#02, W09#01)
ET Fr. 14.10.2016, 12:00-16:00 Uhr, LG 1/318
ET Fr. 28.10.2016, 12:00-16:00 Uhr, LG 1/318
ET Fr. 11.11.2016, 12:00-16:00 Uhr, LG 1/318
ET Fr. 25.11.2016, 12:00-16:00 Uhr, LG 1/318
ET Fr. 09.12.2016, 12:00-16:00 Uhr, LG 1/318
ET Fr. 13.01.2017, 12:00-16:00 Uhr, LG 1/318
ET Fr. 27.01.2017, 12:00-16:00 Uhr, LG 1/318
Die Sklaverei-Forschung erlebt in den letzten Jahren eine Blütezeit, gerade für die Frühneuzeit. Entgegen früherer Vorstellungen endete die Sklaverei nicht mit dem Römischen Reich und dem Aufkommen des Christentums. Während des Mittelalters und vor allem in der Periode 1450-1650 ist die Existenz von Sklaven für weite Teile Europas hinreichend belegt. Ab c. 1650 beginnt dann die ‚große‘ Zeit der Sklavenhaltung durch die Tätigkeit europäischer Händler in Afrika, die Sklaven für die wachsenden Plantagen in Amerika auftrieben.
Aber nicht nur Christen waren Sklavenhalter, sondern auch in geringerem Maße selber Sklaven. Das Mittelmeer ist in dieser Periode ein Raum wichtiger wirtschaftlicher und kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Mächten, dem Osmanischen Reich, dem marokkanischen Reich, usw. Menschen – auch Christen – wurden oft gefangengenommen, versklavt, weiterverkauft und manchmal auch freigekauft.
Das Seminar wird drei Räume der Sklaverei analysieren: das Mittelmeer, der Atlantik (Afrika-Amerika) und die islamische Sklaverei über die Saharawüste. Im Seminar werden wir uns den neueren Forschungsfragen und -erkenntnissen zuwenden: den verschiedenen Formen der Sklaverei, den wirtschaftlichen Gründe und Folgen für die analysierten Räume, den ausgelösten moralischen Debatten, dem von Sklaven verursachten Kulturtransfer, usw.
Dr. des. Riccarda Suitner
S-6/9/12: Die Radikale Reformation
(B: E08#01, EXX#01, W09#01,
BA: E06#02, W07#02)
Mo 14:00-16:00 Uhr, LG 1/229
Ab der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bildeten sich in ganz Europa Gruppen, welche die Entwicklungen des Protestantismus und der reformierten Kirchen als sehr weit vom ursprünglichen Inhalt des Evangeliums entfernt kritisierten und Dogmen wie die Trinitätslehre, die Kindertaufe sowie die Divinität Jesus‘ in Frage stellten. Antitrinitarier, Sozinianer, Wiedertäufer wurden bald sowohl in katholischen als auch in protestantischen Ländern verfolgt, mussten oft von Land zu Land migrieren und wurden in vielen Fällen hingerichtet oder ertränkt. Zahlreiche in den USA heutzutage existierende Glaubensgemeinschaften (z. B. die Mennoniten und die Amisch) haben bekanntlich ihre Ursprünge aus diesen Gruppen heraus.
Im Laufe des Seminars werden nicht nur aus theologischer Perspektive die Eigenschaften der sogenannten „radikalen Reformation“ in der Schweiz, in Deutschland, in Italien und in Osteuropa diskutiert, sondern dieser exemplarische Fall dient auch dazu, einen Einblick in die Modalitäten der Verfolgung der religiösen Dissidenz in der frühen Neuzeit zu geben.