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„WissensWelten“: Frühneuzeittag in Gotha betont globale Verflechtungen in der Frühen Neuzeit und plädiert für Weltoffenheit

Am Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt fand vom 19. bis 21. September die 15. Arbeitstagung der AG „Frühe Neuzeit“ im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VDH) statt. Unter dem Titel „WissensWelten“ diskutierten knapp 200 Wissenschaftler*innen aus Deutschland, Europa und Amerika die methodische Herausforderung der Frühneuzeitforschung durch die zunehmende Globalität des Wissens zwischen 1500 und 1800 sowie das Erbe kolonialer Vergangenheiten.

Landschafthaus in Gotha
Das Landschaftshaus am Schloßberg ist Sitz des Forschungszentrums Gotha.

An drei Konferenztagen tauschten sich die Teilnehmer*innen in 15 Sektionen und zwei Podiumsdiskussionen über Perspektiven, Möglichkeiten und Grenzen einer globalen Wissensgeschichte der Frühen Neuzeit (1500–1800) aus. Die dabei thematisierten „WissensWelten“ berührten technisches, rechtliches, Herrschafts- und Verwaltungs- oder auch Jagdwissen. Es ging um verschiedene epistemische Milieus und Orte des Wissens, darunter Gefängnisse oder Anatomische Theater, ebenso um ungesichertes Wissen wie Astrologie, Mystik und Prophetie. Einen Schwerpunkt bildeten die Verflechtungen zwischen europäischem und außereuropäischem bzw. globalem Wissen, die vor allem durch expandierende Handelsbeziehungen, aber auch wissenschaftliche Expeditionen und den Austausch von technisch-handwerklichem Wissen zwischen 1600 und 1800 erheblich zunahmen und sich auch in der materiellen Kultur der Frühen Neuzeit niederschlugen. Entsprechende Objekte finden sich heute in großer Zahl auch in den umfangreichen musealen Sammlungen der Friedenstein Stiftung Gotha sowie in den Beständen der zur Universität Erfurt gehörigen Forschungsbibliothek Gotha. Deren Kurator*innen gaben den Tagungsgästen in speziellen Führungen Einblicke in die Sammlungen.

In den Gruß- und Geleitworten wurde knapp zwei Wochen nach den Landtagswahlen in Thüringen immer wieder auf die Weltoffenheit gerade auch Gothas und Thüringens sowie die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ebenso wie von grenzüberschreitender akademischer Mobilität für die Wissenschaft hingewiesen. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft „Frühe Neuzeit“ im VHD, Prof. Dr. Mark Häberlein (Universität Bamberg), erinnerte ausdrücklich an den Besuch des äthiopischen Geistlichen Abba Gregorius in Gotha im Jahr 1652, wo dieser auf Einladung des Gothaer Herzogs zusammen mit dem Universalgelehrten Hiob Ludolf ein Altäthiopisch-Lexikon sowie eine Grammatik des Amharischen erarbeitete. Der Vizepräsident der Universität Erfurt, Prof. Dr. André Brodocz, betonte seinerseits, dass die Universitätsleitung stolz darauf sei und ausdrücklich unterstütze, dass an der Universität Erfurt Menschen aus aller Welt und mit den unterschiedlichsten Hintergründen studieren und arbeiten. Damit dies weiterhin so bleibe, sei ein Umfeld erforderlich, das den grundgesetzlich verbrieften Schutz vor Diskriminierung sicherstelle – so wie es die Hochschulen in Thüringen und Sachsen jüngst gemeinsam erklärt haben.

Prof. Dr. Martin Mulsow, der Direktor des Forschungszentrums Gotha und künftige Vorsitzende der AG „Frühe Neuzeit“, warnte ebenfalls vor demokratiefeindlichen Tendenzen und unterstrich die Bedeutung des Tagungsthemas für die Gegenwart: „‚WissensWelten‘ meint immer auch die Überwindung des methodischen Nationalismus hin zu einem kosmopolitischen Wissenschaftsverständnis, das Kulturen als gleichwertig ansieht und die Migrationen und Vermischungen von Kulturen als interessante Phänomene wahrnimmt.“ Die eindrucksvolle Umsetzung dieses Postulates konnten die Teilnehmer*innen am ersten Abend in der Keynote des renommierten indischstämmigen Frühneuzeithistorikers Prof. Dr. Sanjay Subrahmanyam von der University of California in Los Angeles (USA) erleben, der sich europäisch-asiatischen Begegnungen im 17. Jahrhundert widmete.

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(Forschungszentrum Gotha)
Forschungszentrum Gotha (Gotha, Schloßberg 2) / Raum E.06
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