Das 20. Jahrhundert erlebte nicht nur eine fundamentale Umwälzung der Rolle von Frauen in westlichen Gesellschaften – gleichzeitig veränderten sich auch die Bilder, die deutsche Medien in dieser Epoche von Frauen veröffentlichten. Vom Kaiserreich über die Weimarer Republik, die NS-Diktatur und die beiden geteilten deutschen Staaten bis in das wiedervereinigte Deutschland wandelten sich diese Frauenbilder in Zeitschriften und im Film, auf Buchumschlägen und Plakaten, in der Werbung und in Reportagen zum Zeitgeschehen. Diese medialen Repräsentationen sind dabei sowohl Spiegel der gesellschaftlichen Erneuerung als auch selbst Teil dieses Prozesses.
Parallel zur Ausstellung „4 Bauhausmädels“ im Angermuseum Erfurt weitet die Universität Erfurt den Blick und betrachtet diese Konstruktion von Weiblichkeit in deutschen Medien des 20. Jahrhunderts in einer eigenen Präsentation im Ausstellungsraum ihrer Universitätsbibliothek. „Denn die besondere gesellschaftliche Position weiblicher Bauhaus-Angehöriger lässt sich besser einschätzen, vergegenwärtigt man sich die Bilder, mit denen Frauen seinerzeit überhaupt in der Öffentlichkeit vertreten waren“, erklärt Kurator Prof. Dr. Patrick Rössler, Die Ausstellung gibt über die gesamte Vielfalt der visuellen Medien hinweg eine Übersicht, auf welche Art und Weise der (überwiegend männliche) Blick der deutschen Medien auf die Frau zur Konstruktion von Weiblichkeit im 20. Jahrhundert beigetragen hat.
„Es kommt… die neue Frau!“ zeigt dazu einige der typischen Visualisierungen von Weiblichkeit, die die 1920er-Jahre kennzeichnen – verführerische Frauenporträts auf Filmstandbildern, Reportagen über Arbeiterinnen in der Illustriertenpresse, die Aktfotos der Freikörperkultur in den populären Magazinen oder die Inszenierungen von Frauen in der Werbung. Dieses Scharnier zur Bauhaus-Thematik wird ähnlich für weitere Epochen des 20. Jahrhunderts umgesetzt: von den Schwertertänzen einer Olga Desmond, die in der Kaiserzeit ein vollkommen neues weibliches Selbstbewusstsein demonstrierten, bis zum widersprüchlichen Frauenbild unter der NS-Herrschaft, die neben der Hausfrau und Mutter und dem arischen BDM-Mädel auch immer die mondäne Gesellschaftsdame kannte. Dies wurde von den Bildauffassungen in den beiden deutschen Nachkriegsstaaten abgelöst, mit einerseits der schnellen Einbindung der Frau in den Produktionsprozess in der DDR und andererseits der oft eher rückwärtsgewandten Frauendarstellung in der BRD der 1950er-Jahre, die dann von dem sozialen Aufruhr der 1968er-Generation überrollt wurde. Das Spektrum schließt mit wenigen ausschnitthaften, fotografischen Positionen aus der Gegenwart.
Die Ausstellung wird von einer wissenschaftlichen Dokumentation begleitet, die als Bildatlas zur medialen Visualisierung von Weiblichkeit im 20. Jahrhundert angelegt ist. Die einzelnen Bildbeiträge werden von namhaften Wissenschaftlern aus den Kultur- und Sozialwissenschaften in der ganzen Welt kommentiert und aus ihrer jeweiligen Perspektive eingeordnet. Ausstellung und Publikation sollen, gefördert aus Mitteln der Thüringer Staatskanzlei, auch kulturübergreifend zum Dialog über die Entstehung des westlichen Frauenbildes einladen.