Das Verhältnis von Liturgie und Leiblichkeit beschäftigt die Theologie seit der Liturgischen Bewegung des 20. Jahrhunderts. Das Bemühen um Zeichen der Liturgie hat dann im Zuge der Liturgiereform das Thema neu in die Diskussion gebracht. Heutige Körperdiskurse verlangen, sich wiederum mit der Frage zu beschäftigen, was Körper/Leib für den Gottesdienst und seine Theologie bedeuten. Zu jeder Liturgiefeier gehört ein Handeln mit dem Körper. Es gibt kein Gebet ohne eine Körperhaltung, gleich wer es spricht: Stehen, Sichverneigen, Ausbreiten der Hände, Segensgestus sind bedeutungsvolles körperliches Handeln. Übergießen mit Wasser, Salbung und Handauflegung, Knien und Sitzen, Essen und Trinken, sogar das ritualisierte Lesen biblischer Texte müssen genannt werden, wenn wie in diesem Heft nach Liturgie und Körper gefragt wird.
Das Handeln mit dem Körper und Leiblichkeit sind für Anthropologie wie Theologie des Gottesdienstes unverzichtbar. Selbst etwas liturgisch so Grundlegendes wie die Anamnese kann auf körperliches Handeln nicht verzichten. Kein anamne-tisches Gebet, etwa ein Hochgebet, kommt ohne einen – wenn auch noch so kleinen – körperbezogenen Ritus aus. Drei Beiträge erörtern das unterschiedliche Zusammenspiel von Liturgie und Körper.
Ingrid Fischer wendet sich als Liturgiewissenschaftlerin der Körpersprache im Gebet aus und mit Psalmen zu. In diesen alttestamentlichen Texten, die von grundlegender Bedeutung für die Liturgie sind, stößt man auf eindrucksvolle Sprachbilder, die mit Körperlichkeit zusammenhängen. Fischer zeigt, was für die Tagzeitenliturgie theologisch-praktisch zu gewinnen wäre, wenn diese Bilder stärker wahrgenommen würden.
Lea Lerch führt unterschiedliche Positionen zu Leib und Glaubenspraxis aus der Liturgischen Bewegung vor. Sie untersucht, wie bei der Erneuerung der Liturgie auch die körperliche Dimension neu in den Blick genommen wurde, eine Perspektive, die in der Liturgiewissenschaft eher weniger im Blick ist.
Aus fundamentaltheologischer Sicht erörtert Saskia Wendel den Zusammenhang von Glaubenspraxis und Körperpraxis. Performativität, soziale Gestalt und Spontanität der Liturgie hängen mit ihr zusammen. – Zwei weitere Beiträge vervollständigen dieses Heft. Gabriele Zieroff fragt nach der Bedeutung der Trauungsliturgie als locus theologicus. Ulrich Hemelnimmt aus wirtschaftswissenschaftlicher wie unternehmerischer Perspek-tive eine kritische Durchsicht des 2018 erschienenen vatikanischen Doku-ments Oeconomicae et Pecuniariae Quaestiones vor.
“Theologie der Gegenwart”
Die Schriftreihe “Theologie der Gegenwart” wurde 1958 begründet. Ihr Ziel ist es, einen Einblick in die zeitgenössische theologische Arbeit und Entwicklung auf internationaler Ebene zu geben. Den in der praktischen Seelsorge und Glaubensvermittlung Tätigen soll sie es weiterhin ermöglichen, Erkenntnisse der Fachtheologie für ihre Arbeit auszuwerten. Ein breites Spektrum würde dadurch erreicht, dass neben Originalartikeln immer auch Übersetzungen von Artikeln aus ausländischen Zeitschriften und Veröffentlichungen geboten wurden. Seit 1989 erscheint sie bei Butzon & Bercker (Kevelaer).