Von Sonntag, 31. Juli, bis Samstag, 6. August, fand in Gent (BE) das vierte Mal die internationale Sommerakademie „Koordinaten Europas“ statt, diesmal zum Spannungsbogen zwischen Ökologie und Ökonomie. Mehr als zwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten der Einladung in die Öko- und Veggiehauptstadt Europas und versammelten sich im zentral gelegenen Gästehaus der Genter Karmeliter. Inhaltlich wechselte das Programm zwischen Vorträgen, Diskussionsrunden und der Besichtigung lokaler Sehenswürdigkeiten und Öko-Projekte.
Die Vorträge reichten thematisch von Vorträgen über die philosophiegeschichtliche Entwicklung der Verantwortungsidee (Holger Zaborowski, Erfurt), über die sozialethischen Aspekten der Umweltenzyklika "Laudato Sí" (Ursula Nothelle-Wildfeuer) und über die umweltpolitischen Voraussetzungen von Transformationsprozessen (Kora Kristof, Dessau-Rosslau), über Ausführungen zu einem planetarischen Denken (Petra Döll, Frankfurt am Main) und zu den kosmologischen Grundannahmen von Ökonomie (Oliver Schlaudt, Koblenz) bis hin zu Überlegungen über einen grünem Islam (Ursula Kowanda-Yassin, Wien) und zur Arbeit der regionalen NGO Gents Milieu Front (Iris Verschaeve, Gent).
Besondere künstlerische Highlights waren zwei Benefiz-Konzerte der Ukrainischen Organistin Dariia Lytvishko für Hilfsprojekte der Caritas Belgien und ein Gesprächsabend mit dem internatioal bekanntem Schweizer Regisseur und Aktivisten Milo Rau zu seinem Film „Das Neue Evangelium“. Organisiert wurde die diesjährige Sommerakademie von Dr. Dominik Lootens und Martin Ramb vom Bistum Limburg sowie Prof. Dr. Dr. Holger Zaborowski von der Universität Erfurt in Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie Hamburg und dem Katholischen Forum des Bistums Erfurt.
Teilnehmerinnnen und Teilnehmer der diesjährigen Sommerakademie berichten:
„Ich habe viel gelernt über für mich fachfremde Bereiche wie Ökonomie und Hydrologie. Und auch in den für mich bekannten Bereichen Philosophie und Ethik konnte ich viel mitnehmen. Besonders der Vortrag über den grünen Islam hat mich sehr inspiriert, da ich große Chancen sehe, über das Thema Ökologie und Schöpfung einen fruchtbaren Dialog zwischen Christentum und Islam zu führen. Neben der großen inhaltlichen Bandbreite der Tagung hat das "Äußere", die Stadt Gent und die Tagungsgruppe, sehr zum Gelingen beigetragen. Gerade die vielen Gespräche neben den Vorträgen und die vielen Begegnungen und Freundschaften, auch über das eigene Fachgebiet hinaus, werden mir in schöner Erinnerung bleiben.“ – Jakob Schnorr, Frankfurt am Main.
„Die Sommerakademie war für mich eine tolle Möglichkeit, über Themen zu sprechen, die im Alltag leider oft zu kurz kommen. Alle Dozierenden haben einen neuen und unterschiedlichen Blickwinkel auf das Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie eröffnet. Es freut mich sehr, dass ich so viele neue Anstöße mit nach Hause nehmen konnte.“ – Anna Hausdorf, Frankfurt am Main.
„Ein Highlight war für mich der aus der Gruppe heraus initiierte "Science-Slam“ am Abschlussabend. Er lässt, denke ich, unterstreichen, wie viel Inspiration wir aus den vielfältigen wissenschaftlichen Ansätzen gezogen haben und dass sich Theorie und Ernsthaftigkeit in gemeinschaftlichem Austausch auch sehr kreativ gestalten lassen. Und statt „ich weiß, dass ich nichts weiß" antworte ich in Zukunft besser mit „ich weiß nicht, aber vielleicht…“ – Das ist ein Ansatz, den ich von der Sommerakademie mitnehme. Meine unvoreingenommenen Erwartungen an diese sind mit so vielen interessanten Vorträgen ausgestaltet worden, dass ich das Thema Perspektivenwechsel und Lösungsorientiertheit, auf diese Weise auch in meinem Poetry-Slam-Beitrag thematisiert habe.“ – Emilia Seidensticker, Frankfurt am Main.
„In diesem Zeitalter des Fortschritts ist die Sommerakademie für mich ein Ort der Ruhe, der Reflexion, ein Ort, an dem theologisch-philosophische Impulse gesetzt werden, die auf den ersten Blick nichts mit meiner Berufung als Geschichtslehrerin zu tun haben. Auf den zweiten Blick jedoch eröffnet mir die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit eben diesen Fachbereichen neue Perspektiven, ein reflektiertes Verständnis vom Mensch-Sein, ein Bewusstsein für die Wichtigkeit von interdisziplinärem Arbeiten. Erst wenn ich mich interdisziplinär mit der Welt, mit der Schöpfung, mit Mitmenschen auseinandersetze, kann ich als Lehrerin in der Schule zu einer Beschäftigung mit dem Spannungsfeld Ökonomie und Ökologie anregen und dazu beitragen, unsere Leistungsgesellschaft und unser ökonomisches System zu hinterfragen, neue Denkwege anstoßen.“ – Julia Ernst, Koblenz