Michel Pramor, Niklas Steffen, Paulina Emma Möller, Paula Böhnke, Titus Herrmann, Helene Brühl haben dafür eine quantitative Inhaltsanalyse der Berichterstattung im regional-überregionalen Vergleich erstellt. Betreut wurden Sie dabei von Jun.-Prof. Dr. Fabian Prochazka, Projektpartner war das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft.
Seit 2013 hat sich das deutsche Parteienspektrum durch die damals neu gegründete und anfangs lediglich euroskeptische Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) verändert. In den vergangenen zehn Jahren hat die AfD zunehmend Unterstützung in der Bevölkerung erhalten, was sich in den Wahlergebnissen widerspiegelt. Gleichzeitig hat sich die Partei radikalisiert. Der Verfassungsschutz stuft die Gesamtpartei inzwischen als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein und der Landesverband Thüringen wird seit 2021 als erwiesen rechtsextremistisch bewertet. Da Medien eine große Bedeutung in der Beeinflussung von Meinungsbildern und politischer Orientierung zukommt, haben die Studierenden in ihrer Studie den Umgang der Berichterstattung mit der AfD untersucht. Sie überprüften, ob eine mögliche Normalisierung der Partei in der Berichterstattung stattfindet, indem ihren Standpunkten Raum gegeben und ihre Positionen nicht ausreichend eingeordnet werden.
Um die Forschungsfrage „Wird die AfD in der Berichterstattung über den Zeitraum 2013 bis 2023 normalisiert?“ zu beantworten, hat das Projektteam zunächst ein Konzept der medialen Normalisierung erarbeitet und anschließend eine quantitative Inhaltsanalyse durchgeführt. Insgesamt wurden im Untersuchungszeitraum 661 Online-Artikel der Thüringer Allgemeinen und 908 Online-Artikel der Süddeutschen Zeitung analysiert. Verglichen wurde eine regionale und eine überregionale Zeitung, da die AfD in Thüringen in der Bevölkerung mehr an Zustimmung erfährt und seit mehreren Jahren durch den radikalen Kurs von Björn Höcke geprägt wird. Dies, so die Vermutung der Studierenden, könnte zu Unterschieden in der Berichterstattung führen. So wurde der Umgang der Berichterstattung über die AfD in den Dimensionen „Aufmerksamkeit”, „Anpassung“ und „Akzeptanz” analysiert, hinsichtlich einer medialen Normalisierung überprüft und zwischen den beiden Medien verglichen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die AfD im Zeitverlauf mehr Aufmerksamkeit erlangt hat und sich die Frequenz der Artikel erhöht in beiden Medien. Auffällig ist, dass die AfD seit 2015 zunehmend als politisch effektiv dargestellt wird. Im Jahr 2023 war das sogar jeder zweite Artikel der Süddeutschen Zeitung und der Thüringer Allgemeinen. Im gleichen Zeitraum wurde die Partei allerdings sowohl in der überregionalen, als auch regionalen Berichterstattung zunehmend unkritischer behandelt, als in ihrer Anfangsphase. Dieser Trend legte sich erst ab dem Jahr 2023. Überdies konstatiert das Projektteam, dass in beiden untersuchten Medien in mehr als der Hälfte aller Artikel keine Einordnung der AfD auf dem demokratischen Spektrum stattfindet. Auch wenn die Partei seit 2023 insgesamt wieder häufiger eingeordnet wird, so fehlt in Artikeln der regionalen Berichterstattung über den gesichert rechtsextremen Landesverband Thüringen mehrheitlich eine generelle Einordnung.
Aber auch die vier anderen Projekte untersuchten wieder spannende Themen, nämlich:
- Tatort: Zwischen Affirmation und Kritik – Die Darstellung der Polizei in der öffentlich-rechtlichen Unterhaltungsproduktion am Beispiel Tatort
- Künstliche Beziehungen: Replicating Relationships – Ein heuristisches Modell zur Beziehungsentwicklung zwischen Mensch und Humanized AI Companion
- Einfach Inklusiv: Inwiefern haben audiovisuelle journalistische Nachrichtenangebote in Einfacher Sprache einen Mehrwert für Menschen mit und ohne Lernschwierigkeiten?
- Who is #thatgirl?: Eine explorative Untersuchung der Einflussnahme des TikTok-Trends auf die Identitätsbildung junger Frauen
Alle Projektbeschreibungen finden Sie in der Broschüre des Projektforums 2024.
Wir gratulieren allen Projektteams und besonders den Gewinner*innen zum Förderpreis 2024!