Der kürzlich erschienene Human Development Report 2023/2023 beleuchtet die zunehmende Polarisierung in der Gesellschaft, die sich insbesondere in Meinungsverschiedenheiten zu wichtigen Themen wie Klimawandel und Infektionskrankheiten manifestiert. Im Bericht stellen Philipp Sprengholz (Juniorprofessor für Gesundheitspsychologie an der Universität Bamberg), Cornelia Betsch (Direktorin des Institute for Planetary Health Behaviour und Professorin für Gesundheitskommunikation) und ihre Kollegen Robert Böhm und Luca Henkel von den Universitäten Wien und Chicago verschiedene Studien vor, die zeigen, wie starke Identifikation mit Meinungsgruppen zu Vorurteilen und diskriminierendem Verhalten gegenüber Andersdenkenden führen und den Zusammenhalt in der Gesellschaft gefährden kann.
So zeigen ihre Studien zur Coronapandemie, dass sich Geimpfte und Ungeimpfte häufig mit ihrer Impfentscheidung identifizieren und in der Folge Menschen mit einem anderen Impfstatus diskriminieren. Gleichzeitig verzerrt diese Identifikation die Erinnerungen an die Pandemie. Während Geimpfte dazu neigen, Risiken und Ängste aber auch konkretes Verhalten wie das Masketragen rückblickend zu überschätzen, unterschätzen Ungeimpfte ihre Einstellungen und Verhaltensweisen in der Rückschau. “Das erschwert die korrekte Aufarbeitung der letzten Jahre und beeinträchtigt so die Vorbereitung auf zukünftige Pandemien” erklärt Philipp Sprengholz.
Auch in der Klimakrise konnte das Team deutliche Polarisierungen feststellen. Basierend auf ihrer Einstellung zur Klimapolitik umgeben sich hoch identifizierte Menschen eher mit Gleichgesinnten, diskriminieren Menschen mit anderen Meinungen und unterstützen extreme Aktionen von Aktivist:innen, die die eigenen Ziele teilen. Die Ergebnisse zeigen, wie Polarisierung Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen schüren und Kompromisse sowie einen friedlichen gesellschaftlichen Wandel behindern kann.
“Es wird entscheidend sein, diese Polarisierung zu überwinden und kooperative Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen zu finden” meint Cornelia Betsch. Dazu wollen die Forschenden nun genauer in den Blick nehmen, wie Polarisierung genau entsteht und wie sie reduziert werden kann. Ihre zukünftige Arbeit soll dazu beitragen, den Dailog zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Ansichten zu fördern und so eine gemeinsame Grundlage für gesellschaftliche Zukunftsentscheidungen zu schaffen.