Stefan Einsiedel ist Biologe und Wirtschaftswissenschaftler und leitet an der Hochschule für Philosophie München die Forschungsprojekte zur sozial-ökologischen Transformation. Als größte Transformationsprozesse unserer Zeit identifizierte er in seinem Vortrag die „Megatrends der Urbanisierung und der Digitalisierung“. Diese Entwicklungen wirken sich auch auf unser soziales und ethisches Verhalten aus. Anstatt einer von „kausale Verantwortung“ geprägten Ethik haben wir es, laut Einsiedel, inzwischen mit einer „Ethik der vollen Welt“ zu tun, in der wir versuchen müssen, „gemeinsam Verantwortung nach vorne zu übernehmen“. Diese Art der Verantwortung spiele vor allem bezüglich der Klimakrise eine große Rolle, da es bei den Auswirkungen der Erderwärmung keine Gewinner gebe.
Warum dies so sei, erläuterte der Biologe und Wirtschaftswissenschaftler sehr deutlich am Beispiel der Bodennutzung in der Landwirtschaft. So sei Boden bereits jetzt ein knappes Gemeingut. Diese Lage werde sich durch die Erderwärmung aber noch um ein Vielfaches verschärfen. Hierbei werden unterschiedliche Prioritäten und Interessen zu häufig gegeneinander ausgespielt, anstatt auf Mehrgewinnstrategien zu setzen, mit denen man mehrere Probleme gleichzeitig lösen könne. Wie aber könnte man etwas an dieser Situation ändern? Bei der Beantwortung dieser Frage spielen, laut Einsiedel, vor allem vier Faktoren eine entscheidende Rolle: Eine bessere Förderpolitik, das Aufbrechen ungleicher Machtverhältnisse, die Verbesserung politischer Prozesse und der Kommunikation mit den Bürger*innen und eine gemeinsame positive Zukunftsvision. Hierbei könne auch die Kirche eine Rolle spielen als „Anwältin des Gemeinwohls“ oder Ort des Dialogs.
In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass es sich beim Thema des Klimawandels als nicht ganz einfach gestaltet, die Hoffnung nicht aufzugeben. Umso schöner war es zu hören, dass Stefan Einsiedel selbst seinen Optimismus nicht verloren hat. Einiges wäre zwar schon verloren, aber es lohne sich bezüglich der Erderwärmung trotzdem, um jedes Grad zu kämpfen, weil es noch so vieles gebe, das es sich zu retten lohnt. Es gebe außerdem nicht den einen richtigen Weg, sondern eine Vielzahl von möglichen Handlungsperspektiven, um gemeinsam Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen.
Herzlich einladen möchten wir zu den weiteren beiden Terminen der diesjährigen Kreuzganggespräche:
- 12. Jun 2024, 19:30 Uhr: Journalismus in Zeiten von Fake News und Künstlicher Intelligenz
- 19. Jun 2024, 19:30 Uhr: Menschen in Zeiten von Selbstoptimierung und Verbesserungszwang
Weitere Informationen zu beiden Veranstaltungen finden Sie unter den Links oben rechts.