| Seminar für Medien- und Kommunikationswissenschaft

33 historische Geistesblitze – neu gelesen

Eine Ausstellung mit Originaldrucken der antifaschistischen Fotomontagen von John Heartfield – kuratiert von Patrick Rössler und Michael Tallai – regte Vertreterinnen und Vertreter der Thüringer Zivilgesellschaft zu aktuellen Kommentaren an.

Ausstellungsplakat

Das Wahljahr 2024 droht für Thüringen tiefgreifende Veränderungen mit sich zu bringen. Noch niemals seit der Wende 1989/90 war die Gefahr so groß, dass rechtsextreme und rechtsradikale Parteien auf allen politischen Ebenen Mehrheiten erringen können. Die bereits bestehende Spaltung der Gesellschaft würde sich in diesem Fall vertiefen, Rassismus und Ausländerhass weiter zunehmen. Patrick Rössler, Professor an der Universität Erfurt, und Michael Tallai, im Hauptberuf Geschäftsführer der FUNKE Mediengruppe in Thüringen, weisen nun mit einem Ausstellungsprojekt auf historische Parallelen zu dieser aktuellen Entwicklung hin: Ab dem 8. März 2024 werden in der Erfurter Kunsthalle Fotomontagen von John Heartfield gezeigt. Der einstige Dadaist kämpfte seit 1930 mit seinen Montagen zur Zeitgeschichte gegen den Aufstieg des Faschismus in Deutschland an - ab 1933 aus dem Exil, und letztlich vergeblich.

Dennoch markieren die über 200 künstlerisch herausragenden Blätter, die er ganzseitig in der Wochenzeitschrift AIZ (einer Gründung des gebürtigen Erfurters Willi Münzenberg) veröffentlichte, einen wichtigen Kristallisationspunkt des Widerstands gegen den menschenverachtenden Ungeist seiner Epoche. „Ein Stimmenanteil von 33,1 Prozent reichte der NSDAP bei den Wahlen im November 1932, um das Deutsche Reich unregierbar zu machen; die Konsequenzen der Machtübergabe 1933 und zwölf Jahren Hitlerregime, Millionen Kriegstote und Opfer des Holocaust sind hinlänglich bekannt. Aus Geschichte lernen heißt auch, sie sich aus gegebenem Anlass wieder vor Augen zu führen und neu zu bewerten“, so die beiden Initiatoren der Ausstellung.

Heartfields berühmte Fotomontagen regen auch heutige Betrachter:innen zum Nachdenken an (Foto: Emma Stuflesser)

Die Ausstellung in der Kunsthalle Erfurt zeigt die gedruckten Originalwerke, begleitet von aktuellen Kommentaren und Einordnungen durch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Thüringen. Neben anderen teilen der Ministerpräsident des Freistaats, Bodo Ramelow, und der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, ihre aktuellen Gedanken angesichts von Heartfields Montagen mit, ebenso wie hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen, öffentlichen Einrichtungen, Verbänden und Institutionen. Der Bogen spannt sich von einer 103jährigen Erfurterin, die selbst noch den Naziterror miterleben musste, bis hin zu einer Studentin aus jener heutigen Generation, deren Zukunft bei einem politischen Rechtsruck besonders bedroht sein könnte. Zusätzlich soll eine Podiumsdiskussion mit einer Auswahl der Kommentatorinnen und Kommentatoren einen öffentlichen Diskurs anstoßen, um die Gefahren einer faschistisch orientierten Politik gerade angesichts der bevorstehenden Wahlen in Thüringen (und anderswo) in Erinnerung zu rufen.

Zur Eröffnung der Ausstellung am 7. März 2024 um 18 Uhr in der Kunsthalle Erfurt ist die Öffentlichkeit herzlich eingeladen. Neben den Initiatoren werden Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, Landesbischof Friedrich Kramer und Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein zu den Besucherinnen und Besuchern sprechen.

Kontakt:

Inhaber der Professur für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Empirische Kommunikationsforschung / Methoden
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