Im Auftrag des Bundesinnenministeriums (BMI) hatten die Fachleute seit Herbst 2020 konkrete Problemlagen der Muslimfeindlichkeit in wichtigen Bereichen von Bildung, Politik, Medien und Kultur, Justiz, Verwaltung und muslimischem Alltagsleben identifiziert, analysiert und Handlungsempfehlungen formuliert. Ihr 400 Seiten umfassender Bericht wurde in dieser Woche gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser in der Bundespressekonferenz vorgestellt und anschließend im Beisein des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue diskutiert und der Öffentlichkeit präsentiert. Er zeigt ein gesellschaftliches Lagebild zur Muslimfeindlichkeit auf der Grundlage von wissenschaftlichen Studien, der polizeilichen Kriminalstatistik und der Dokumentation von muslimfeindlichen Fällen durch Antidiskriminierungsstellen, Beratungsstellen und NGOs. Dem Bericht schließen sich konkrete 20 Handlungsempfehlungen an, die sich an alle staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen richten. Dazu gehören u.a. die Forderung, Muslimfeindlichkeit und Rassismus stärker zusammenzudenken; die Einrichtung eines Sachverständigenrats und die Ernennung eines Bundesbeauftragten für Muslimfeindlichkeit; eine Strategie der Bundesregierung zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Muslimen; die Sensibilisierung verschiedenster Berufsgruppen durch Weiterbildung zu diesem Thema, der Ausbau evon Beratungs- und Meldestellen mit Expertise für Muslimfeindlichkeit, sowie eine diesbezügliche Überarbeitung von Lehrplänen in den Schulen uvm. Darüber hinaus schlägt der Expertenkreis Maßnahmen zur Bekämfung von struktureller Muslimfeindlichkeit in staatlichen Institutionen und in den Massenmedien vor. Er plädiert dabei u.a. für mehr muslimimsche Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen, mehr Pluralismus im Berichten und Handeln sowie konsequente Weiterbildung gegen Rassismus bei Polizei bzw. Sicherheitsbehörden.
Denn Muslimfeindlichkeit findet sich laut dem nun vorgelegten Abschlussbericht in großen Teilen der Bevölkerung. „Unbewusste Vorverständnisse, Fehlinformationen und pauschale Zuschreibungen, aber auch strukturelle Benachteiligungen wirken stigmatisierend und stellen eine Gefahr für das Zusammenleben in Pluralität dar", heißt es im Bericht. "Es hat sich ein primär negatives Bild über Muslim*innen verbreitet, sodass noch immer die Assoziationen mit Gewalt und Terror dominieren. Die Zugehörigkeit zur Gesellschaft, zu einem gemeinsamen ‚Wir‘ wird Muslim*innen abgesprochen: Sie gelten als ‚die Anderen‘, denen (vermeintlich) unveränderbare negative Eigenschaften zugeschrieben werden.“ Dies treffe neben Musliminnen und Muslimen auch andere marginalisierte Gruppen – wie nicht zuletzt die Berichte zu Antisemitismus (BMI 2017), Antiziganismus (BMI 2021) und Rassismus (Bundesregierung Januar 2023) deutlich aufzeigten.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser dankte dem Expertenkreis für seine Arbeit und erklärte: "Muslimisches Leben gehört selbstverständlich zu Deutschland. Wir wollen, dass alle Menschen in unserer vielfältigen Gesellschaft die gleichen Chancen und Rechte haben. Umso bitterer sind die Befunde dieses ersten umfassenden Berichts zur Muslimfeindlichkeit in Deutschland: Viele der 5,5 Millionen Musliminnen und Muslime in Deutschland erleben Ausgrenzung und Diskriminierung im Alltag – bis hin zu Hass und Gewalt. Es ist sehr wichtig, dies sichtbar zu machen und ein Bewusstsein für noch immer weit verbreitete Ressentiments zu schaffen."
+++ Update (20.03.2024): Der Bericht des Expertenkreises wird derzeit noch einmal überarbeitet und in Kürze von der Deutschen Islamkonferenz veröffentlicht. Den Link finden Sie dann hier auf unserer Website. +++