Aber von vorn …
Unter dem Motto "Partizipation – Resilienz – Innovation. Wie gelingt Universität im 21. Jahrhundert?" hatte die Universität Erfurt heute ihre Angehörigen zu einem sogenannten „Dies Academicus“ (einem akademischen Tag) eingeladen. Um zu reden. Weniger übereinander, sondern viel mehr miteinander. Über die sich verändernde Hochschule. Über das, was uns als Uni Erfurt ausmacht und das, was uns bewegt und voranbringt. Dabei sollte ebenso auf den Status Quo geschaut werden wie auf Entwicklungen und darauf, was wir als Hochschule aus den Krisen der jüngeren Vergangenheit und für die Strategien zu ihrer Bewältigung mitnehmen können.
Und so startete der Tag mit einem gemeinsamen Frühstück in der Mensa, bevor Prof. Dr. Peer Pasternack von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg seine Keynote zum Thema „Radikalität und Ermattung – Die Pole der Partizipationsdebatte und was dazwischen liegt“ hielt. Wie läuft das mit der Teilhabe, mit dem Mitgestalten, an einer Hochschule, an der unzählige Partikularinteressen zu einem guten Ganzen zusammengeführt werden müssen? Warum gehen gute Ideen, ambitionierte Projekte und Innovationsbemühungen manchmal daneben? Und wie schafft es eine Universität, möglichst viele Menschen mitzunehmen und zum Mitgestalten zu bewegen – gerade angesichts der Determinanten, denen sich der Wissenschaftsbetrieb immer wieder gewahr werden muss? Peer Pasternak lieferte eine gute Basis, das „chaotische“ System Hochschule zu begreifen, und gab Tipps, wie man es fruchtbar macht.
Um Beteiligung ging es auch bei einer Veranstaltung, in der die Gleichstellungsbeauftragte Dr. Theresia Piszcan und der Diversitätsbeauftragte Niklas Radenbach über Engagement in den Hochschulgremien zum Austausch eingeladen hatten. Auch dafür hatte Pasternak ein Beispiel parat: Einige Hochschulen würden inzwischen dazu übergehen, studentisches Engagement in den Gremien mit Leistungspunkten zu honorieren. Eine Idee, für die sich übrigens gerade eben auch an der Senat der Uni Erfurt ausgesprochen hat…
Ein „Renner“ war beim „Dies Academicus“ auch das Speed Dating im KIZ. Dabei gabs die wunderbare Gelegenheit, Menschen auf dem Campus näher kennenzulernen, die man sonst nur im Vorbeieilen sieht oder mit denen man immer schon einmal ein paar Worte wechseln wollte. Spannende, eigens dafür vorbereitete Fragen und ihre Antworten darauf lieferten hier kleine persönlichere Einblicke und manche Erkenntnis, die im Gedächtnis hängen bleibt. Ein Format, das sicher nicht zum letzten Mal an der Uni Erfurt stattgefunden hat.
Weitere Workshops, Vorträge und Aktionen beschäftigten sich mit Themen wie Demokratie, Innovation, Digitalisierung in der Lehre, dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz, Erstakademiker*innen, Gründung und Internationalisierung. Das Gleichstellungsbüro hatte indessen zu einer Kleidertauschbörse eingeladen und wer auf der Suche nach Entspannung und Ruhe war, konnte die Jurte der Stille auf der Campuswiese besuchen.
Auf unerwartet wenig Resonanz stieß dagegen die studentische Vollversammlung, zu der auch der Mittelbau eingeladen war. Die Vertreter*innen beider Gruppen nutzten die Gelegenheit, über die Themen zu berichten, die sie im vergangenen Jahr beschäftigt haben und aktuell beschäftigen – hier kamen noch einmal die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Lehre und Forschung, aber auch die Energiekrise und die daraus folgenden Sparmaßnahmen an der Universität Erfurt zur Sprache. Zur Versammlung eingeladen war auch das Präsidium, das jedoch in seinem Bericht weniger auf die Vergangenheit, sondern viel mehr auf die Zukunft schaute und das, was die Thüringer Hochschulen im Allgemeinen und die Uni Erfurt im Speziellen in den kommenden Monaten (und Jahren) beschäftigen und begleiten wird. Uni-Präsident Prof. Dr. Walter Bauer-Wabnegg berichtete dabei unter anderem von der AG Hochschulentwicklung 2030+, in der sich die Thüringer Hochschulen aktuell gemeinsam auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiteten. „Es gibt ein klares Bekenntnis des Landes zu den zehn Hochschulen in Thüringen insgesamt, aber es gibt auch den Auftrag zur Profilschärfung und damit zur Reduktion unnötiger Doppelungen und mehr Kooperationen in der Hochschullandschaft“, erklärte der Präsident. Auch intern sei die Universität Erfurt augenblicklich in einer „Tiefenschau“. Mit der AG Verwaltung, der AG Struktur, aber auch den Gesprächen mit der Philosophische Fakultät hinsichtlich ihrer Aufstelllung für die Zukunft sei die Universität mitten in einer Zeit des Umbaus, aber auch des Aufbruchs. Ob es um die Wiederbesetzung von Professuren geht, die Neubesetzung des Universitätsrates, Neubesetzungen im Präsidium, eine neue Forschungsprofilstrategie, die Intensivierung der Nachwuchsförderung, die u.a. nach der Reduzierung der sogenannten Globalen Minderausgabe jetzt wieder möglich scheint, oder um Überlegungen zu neuen Lernorten auf dem Campus: Die Universität Erfurt hat noch viel vor in diesem Jahr. Als zwei weitere Meilensteine wurden hier genannt: die Eröffnung des Institute for Planetary Health Behaviour, die am vergangenen Freitag mit zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft gefeiert wurde, und die Eröffnung des Forschungsbaus, die am 18. Oktober gefeiert werden soll.
Umfangreich und vielfältig – das sind nicht nur die Herausforderungen, der sich die Uni Erfurt in Zukunft wird stellen müssen, das gilt auch für das Programm des heutigen "Dies Academicus". Wer Teile davon verpasst hatte, der hatte zum Ausklang noch einmal die Möglichkeit, sich einen Überblick über das zu verschaffen, was heute diskutiert wurde. Wunderbar moderiert von Prof. Dr. Julia Knop, gab es zum Ende des Tages noch ein Podium, auf dem Vertreter*innen der einzelnen Statusgruppen noch einmal gemeinsam auf die Ergebnisse und Impulse des "Dies" blickten und auch das Feedback der Teilnehmer*innen reflektierten.
Kurz: Es gab heute zahlreiche Möglichkeiten, Impulse für ein gelungenes Miteinander auf dem Campus zu sammeln, ins Gespräch zu kommen und darüber zu diskutieren, wie Universität im 21. Jahrhundert gelingen kann. Wer dorthin bislang nicht unterwegs ist – auch das wurde deutlich – ist herzlich eingeladen, sich anzuschließen und mitzutun. "Universität" geht halt nicht alleine...