Zugrunde liegt dabei der um 1348 in Bologna entstandene Prachtcodex Memb. I 98 der Forschungsbibliothek Gotha mit der allegorischen Ausdeutung von Ovids Metamorphosen. In 103 Miniaturen wurde mit großzügig verwendetem Gold und leuchtenden Farben ein Kosmos der Mythologie dargestellt - fertig ausgemalt wurde die Prachthandschrift allerdings nicht. Ihr Text geht auf den Benediktinermönch Petrus Berchorius (gest. 1362) zurück, der in seinem Ovidius moralizatus die auf die meisten Menschen des 14. Jahrhunderts sperrig und fremd wirkende Gedankenwelt Ovids mit der Erfahrungswelt seiner Gegenwart verband. Diese Verbindung begründete wahrscheinlich auch den großen Erfolg des Werks, das heute noch in über 80 Handschriften erhalten ist.
Im Vordergrund von Berchorius‘ Ausdeutung der mythologischen Geschichten stehen ein moralisches Verständnis sowie eine ethische und gesellschaftliche Interpretation. Konzipiert hatte er den Ovidius moralizatus als Werk, das den Klerikern leicht zugängliches Anschauungsmaterial für ihre Predigten zur Verfügung stellen sollte. Berchorius favorisierte mit seiner Arbeit die Ausdeutung der Mythen in Analogie zur Exegese der Bibel – eine Aufwertung des Mythos und der Poesie, die manchen Theologen suspekt war und 1559 zur Indizierung des Werks auf dem Trienter Konzil führte. Für einen neuen und aktualisierten Zugang zu den antiken Geschichten war sein Schaffen jedoch geradezu bahnbrechend. Der Jahrzehnte währende Aufenthalt des Berchorius am Hof des Papstes in Avignon und seine Kontakte zur dichterischen Elite, darunter Francesco Petrarca, dürften diese Leistung maßgeblich geprägt haben.
Prof. Dr. Christel Meier-Staubach ist Senior-Professorin am Seminar für Lateinische Philologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Von 1995 bis 2010 war sie Direktorin an diesem Seminar. In dieser Zeit war sie u.a. Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mittellatein Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. 2005 erhielt sie den Forschungspreis der Universität Münster. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte liegt in der Mittellateinischen Literatur in komparatistischer Perspektive.
Prof. Dr. Dieter Blume war von 1994 bis 2018 Professor für Kunstgeschichte des Mittelalters an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Während dieser Zeit leitete er u.a. das Forschungsprojekt „Bild und Wissenschaft – Geschichte der Sternbilderdarstellungen von 800 bis 1500“. Gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Werner war er ferner von 2005 bis 2007 Leiter der Forschergruppe zu Vorbereitung der Dritten Thüringer Landesausstellung „Elisabeth von Thüringen – Eine europäische Heilige“ auf der Wartburg. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Malerei und Skulptur des Mittelalters und der Renaissance.
Es moderiert PD Dr. Monika Müller. Sie ist Leiterin der Abteilung „Sammlungen und Bestandserhaltung“ der Forschungsbibliothek Gotha.
Die Veranstaltung ist über den folgenden Link zu erreichen: https://uni-erfurt.webex.com/meet/veranstaltungen.fb. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.