Martin Luthers Bibelübersetzung ist bis heute ein wesentliches Zeugnis der Reformation. Nachdem sich der Wittenberger Reformator auf dem Reichstag zu Worms im April 1521 geweigert hatte, seine Lehren vor Kaiser Karl V. zu widerrufen, begann für ihn eine politisch schwierige, aber theologisch ungemein fruchtbare Zeit. Um ihn aus dem Fokus der politischen Großwetterlage zu nehmen, ließ ihn der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise in der Nacht zum 5. Mai 1521 auf der Rückreise nach Wittenberg von bewaffneten Männern festnehmen und auf die Wartburg bei Eisenach bringen. Im Herbst begann Martin Luther auf der Burg, das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen. Als Vorlage diente ihm ein Exemplar der griechischen Bibel des Erasmus von Rotterdam sowie seine eigene lateinische Übersetzung und die Vulgata. Diese Veranstaltung ist der Ausgangspunkt der thematischen Führung durch die historischen Räume der Forschungsbibliothek Gotha, in der die Bedeutung der Heiligen Schrift für den Protestantismus anhand ausgewählter Handschriften und historischer Drucke, insbesondere von Werken der Bibel, dargestellt wird. Die Führung wird von Dr. Hendrikje Carius, Historikerin und stellvertretende Leiterin der Bibliothek, geleitet.
Die Forschungsbibliothek Gotha bewahrt eine herausragende Sammlung von Handschriften, Nachlässen und Autographen zu den geistesgeschichtlichen Grundlagen und der Entstehungsphase der Reformation sowie zu ihrer Wirkungsgeschichte und dem Leben des Protestantismus bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Allein die sogenannten Reformationshandschriften aus dem 16. Jahrhundert umfassen 260 Bände mit fast 16.000 Einzeldokumenten.