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Vergessene Bauhaus-Frauen. Lebensschicksale in den 1930er- und 1940er-Jahren

Unter dem Titel "Vergessene Bauhaus-Frauen. Lebensschicksale in den 1930er- und 1940er-Jahren" zeigen die Universität Erfurt und die Klassik Stiftung Weimar vom 2. Oktober 2021 bis zum 4. Januar 2022 eine gemeinsame Ausstellung im Bauhaus-Museum Weimar.

Das Jubiläumsjahr 2019 verhalf den Frauen des Bauhauses zu neuer Aufmerksamkeit. Doch vieles liegt noch im Dunkeln: Von einem Drittel der rund 460 verzeichneten Studentinnen am Bauhaus sind nicht einmal die Lebensdaten bekannt. Die Ausstellung „Vergessene Bauhaus-Frauen. Lebensschicksale in den 1930er und 1940er Jahren“ im Bauhaus-Museum Weimar macht rund 30 Künstlerinnen und ihre Werke wieder sichtbar. Vom 2. Oktober 2021 bis 4. Januar 2022 stellt das gemeinsame Projekt der Universität Erfurt und der Klassik Stiftung Weimar die oftmals gebrochenen Biografien anhand von Dokumenten und künstlerischen Arbeiten der Bauhaus-Frauen vor.

T. Lux Feininger, 1928, Karla Grosch (Weimar 1904 – Tel Aviv 1933) und Else Rawitzer (Berlin 1908 – Auschwitz 1942) vor dem Bauhaus-Gebäude, Stiftung Bauhaus Dessau.

Vergessen wurden sie aus unterschiedlichen Gründen. Für manche führten traditionelle Rollenvorstellungen, Heirat oder die schwierigen Lebensverhältnisse alleinstehender Frauen dazu, dass sie ihr künstlerisches Talent nicht frei entfalten konnten, ihr Werk nicht erhalten ist oder ihre Lebenswege kaum Spuren in den Archiven hinterlassen haben. Besonders aber wirkte sich die nationalsozialistische Machtübernahme 1933 auf weibliche Bauhaus-Angehörige aus. Verfolgt durch das NS-Regime wurden einige in Konzentrationslagern ermordet. Andere starben im Exil als Opfer der stalinistischen Säuberungsaktionen, verloren ihr Leben durch Krankheit oder in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs. Biografische Dokumente und künstlerische Werke machen das breite Spektrum sichtbar, in dem sich die Bauhaus-Frauen gestaltend engagierten. Sie waren in allen Werkstätten des Bauhauses vertreten, arbeiteten in den Bereichen von Architektur, Fotografie und Reklame bis zur Buchbinderei und Weberei. Zu sehen sind unter anderem Keramikarbeiten, Malerei, Grafik, Skulptur und Textil-Objekte. Neben einer kraftvollen Holzskulptur von Harriet von Rathlef-Keilmann, Anny Wottitz‘ traditionssprengenden Bucheinbänden – beispielsweise aus Gepardenfell – und den fotografischen Experimenten von Hilde Horn zeigt die Ausstellung auch Kinderzeichnungen, die im Konzentrationslager Theresienstadt entstanden sind. 1942 deportiert, gab die Bauhaus-Künstlerin Friedl Dicker dort Zeichenunterricht für Kinder, mehrere Tausend Blätter haben sich erhalten. In der Ausstellung sind zwei davon neben einem von Dickers eigenen Werken zu sehen. 1944 wurde Friedl Dicker in Auschwitz ermordet.

„Die Erinnerung an die früh verschiedenen Bauhäuslerinnen trägt zur differenzierten Aufarbeitung der Bauhaus-Geschichte in Nationalsozialismus und Exil bei und verknüpft damit den Gender- und den zeithistorischen Diskurs“, erläutert Prof. Patrick Rössler von der Universität Erfurt. Nicht alle Frauen wurden verfolgt, einige gingen sogar konform mit der neuen Ideologie und traten in die NSDAP ein: „Diese Lebenswege sind in ihrer Verschiedenheit aufzuzeigen, um dem falschen Eindruck vorzubeugen, es habe das eine, typische Frauenschicksal in den 1930er Jahren gegeben“, sagt Dr. Anke Blümm (Universität Erfurt / Klassik Stiftung Weimar). „Die Ausstellungsthematik passt hervorragend in das Bestreben der Klassik Stiftung Weimar, sich schwerpunktmäßig dem ambivalenten Verhältnis von Moderne und Nationalsozialismus zu widmen“, unterstreicht Prof. Wolfgang Holler, Generaldirektor der Museen der Stiftung. Zur Schau erscheint ein umfangreicher Katalog. Am 8. Oktober ist die US-amerikanische Bauhaus-Expertin Elizabeth Otto (Buffalo, State University of New York) mit dem Vortrag „New Perspectives on Bauhaus Research. Comments on Forgotten Bauhaus Women“ zu Gast im Bauhaus-Museum Weimar.

Ausstellungsdaten
Vergessene Bauhaus-Frauen. Lebensschicksale in den 1930er- und 1940er-Jahren
2. Oktober 2021 bis 4. Januar 2022 | Mo–So 9.30–18 Uhr | Bauhaus-Museum Weimar
Sonderausstellungsfläche (3. OG) Stéphane-Hessel-Platz 1 | 99423 Weimar
Die Ausstellung ist im Eintritt für das Bauhaus-Museum inbegriffen.

Katalog
Anke Blümm u. Patrick Rössler, (Hg.)
Vergessene Bauhaus-Frauen. Lebensschicksale in den 1930er- und 1940er-Jahren, mit Beiträgen von Anke Blümm, Patrick Rössler, Mor Presiado, Julius Redzinski, Elizabeth Otto u.a.
Weimar 2021
108 Seiten, 106 Abbildungen
ISBN 978-3-7443-0405-4

Weitere Informationen / Kontakt:

Inhaber der Professur für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Empirische Kommunikationsforschung / Methoden
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