Die alte Frage, was der Mensch sei, wurde von Humanismus, Reformation, Renaissance und Scholastik auf vielerlei Weise neu gestellt, obgleich die historischen Bezüge zu Antike und Mittelalter prägend blieben. In der Schulphilosophie wurde der Mensch in seiner Ganzheit aus Körper und Seele in den Blick genommen. Dies verstärkte einerseits die physiologische Betrachtung und ließ andererseits die Frage nach dem Zusammenhang beider dringlich werden. In der Theologie wurde der Mensch zum Kristallisationspunkt der konfessionellen Debatten zwischen Katholiken, Protestanten und Dissidenten. Wie der Mensch im Verhältnis zu Gott stehe, d.h. unter welchen anthropologischen Bedingungen sich das Heilsgeschehen realisiere, wurde zur bestimmenden und die Konfessionen voneinander trennenden Frage. Die Medizin der Renaissance wiederum, die einerseits die griechischen Autoritäten neu rezipierte, andererseits die Empirie zum Prinzip erhob, stellte die Anatomie des Menschen an den Anfang ihrer Tätigkeit. In der Jurisprudenz schließlich, aber auch in der Theologie wurde mit der Kolonialisierung der Welt die Frage nach dem rechtlichen Status aller Menschen, auch in den kolonialisierten Gebieten, immer drängender. Die Folge von all diesen Entwicklungen war eine im Vergleich zum Mittelalter starke Ausdifferenzierung des Menschenbildes.
Um der Vielfalt dieser Anthropologien gerecht zu werden, bieten die zehn Beiträge des Sammelbands inter- bzw. transdisziplinären Zugänge aus der Philosophie, Theologie, Medizin, Jurisprudenz, Wissenschaftsgeschichte und Literatur. Der Band ist das Ergebnis der gleichnamigen Tagung, die vom 16. bis 18. März 2016 an der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt stattfand. Er konnte dank der großzügigen finanziellen Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung realisiert werden.