Kommunikationswissenschaft

Medien und Kommunikation prägen unsere Gesellschaft auf vielfältige Weise. Wie Informationen entstehen, welche Mechanismen die öffentliche Meinung beeinflussen und wie sich Kommunikation in Zeiten des digitalen Wandels verändert – mit diesen und weiteren spannenden Themen beschäftigt sich der Bachelor-Studiengang Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt.
Das Studienfach zeichnet sich aus durch:
- Ein besonderes Zulassungsverfahren – Neben der Abiturnote zählt vor allem die persönliche Motivation der Bewerber*innen.
- Praxis- und Berufsbezug – Wissenschaftliche Grundlagen werden mit praxisnahen Inhalten verknüpft.
- Aktualität und Exkursionen – Studierende können an fachbezogenen Veranstaltungen wie Exkursionen oder der Summer School teilnehmen.

Das Studium gliedert sich in eine Orientierungs- und Qualifizierungsphase sowie – im Hauptfach – eine Projektstudienphase, in denen die wesentlichen Grundlagen des Fachs theoretisch vermittelt und praktisch angewendet werden.
Zentrale Ziele des Studiums:
- Die Auseinandersetzung mit aktuellen Kommunikationsphänomenen
- Die Analyse öffentlicher und interpersonaler Kommunikation sowie neuer Formen digitaler Kommunikation
- Eine fundierte Methodenausbildung
- Die Vermittlung lebens- und berufsrelevanter Problemlösungsansätze
- Der Erwerb von Kommunikations- und Medienkompetenzen
Die Vorbereitung für die Bachelorarbeit, die im Rahmen der Projektstudienphase geschrieben wird, bilden verschiedene Gruppenarbeiten in den Seminaren, bei denen die Studierenden in Austausch kommen, gemeinsame (Forschungs-)Projekte erarbeiten und Erfahrungen in der Gruppe sammeln. Die Seminarplätze werden über ein elektronisches Verfahren fair vergeben. Zudem besteht die Möglichkeit, an englischsprachigen Veranstaltungen (z. B. SPICE) teilzunehmen und ein Auslandssemester an einer unserer internationalen Partneruniversitäten ins Studium zu integrieren.
Fragen und Antworten der Kommunikationswissenschaft
Prof. Dr. Dr. Patrick Rössler erklärt:
Für viele ist das, was früher der Kinobesuch war, heute der Binge-Watching-Abend mit dem Streaming von Serienfolgen. Studien zeigen, dass das Publikum besonders die neue, oft verschachtelte Erzählform schätzt – auch wenn es anstrengender ist, der Handlung zu folgen. Außerdem enthalten moderne Serien gerne eine Vielzahl unterschiedlicher Charaktere, mit denen man sich identifizieren kann. Stirbt deswegen das Kino? Nein, denn die Kunst, eine Geschichte verdichtet und packend zu erzählen, ist nach wie vor gefragt.
Wo kann man nachlesen?
Schleich, M., & Nesselhauf, J. (2016). Fernsehserien: Geschichte, Theorie, Narration. Stuttgart: UTB.
Jun.-Prof. Dr. Fabian Prochazka erklärt:
Wahrscheinlich nicht – zumindest nicht allein! Anders als die öffentliche Diskussion manchmal vermuten lässt, sind der Aufstieg populistischer Parteien, der Verlust von Vertrauen in Politik und Medien oder gesellschaftliche Polarisierung nicht so einfach und nicht ausschließlich auf soziale Medien zurückzuführen. Die meisten Menschen konsumieren über soziale Medien vielfältigere Nachrichten aus mehr Quellen, als sie das ohne soziale Medien tun würden. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung befindet sich in „Echokammern“, in denen vor allem die eigene Meinung bestärkt wird. Auch Des- und Misinformation erreicht nur vergleichsweise wenige Bürgerinnen und Bürger, seriöse Nachrichten dominieren die Newsfeeds. Allerdings machen es soziale Medien einfacher, zu den eigenen Voreinstellungen passende Inhalte zu finden, sich mit anderen zu vernetzen und an der gesellschaftlichen Debatte teilzunehmen – ganz ohne Algorithmen. Das macht gesellschaftliche Extremgruppen sichtbarer, kann sie bestärken und das Gefühl geben, in der Mehrheit zu sein.
Wo kann man nachlesen?
Fletcher, R., & Nielsen, R. K. (2020). Democratic creative destruction? The effect of a changing media landscape on democracy. In J. Tucker & N. Persily (Hrsg.), Social Media and Democracy. The state of the field and prospects for reform. (S. 139–162). Cambridge University Press. https://www.cambridge.org/core/services/aop-cambridge-core/content/view/E79E2BBF03C18C3A56A5CC393698F117/9781108835558AR.pdf/Social_Media_and_Democracy.pdf?event-type=FTLA
Mahrt, M. (2024). Digitale Demokratie – Lenken soziale Medien die Meinungsbildung? https://fundamentals.weizenbaum-institut.de/de/digitale-demokratie/
Stier, S., Mangold, F., Scharkow, M., & Breuer, J. (2022). Post post-broadcast democracy? News exposure in the age of online intermediaries. American Political Science Review, 116(2), 768–774. https://doi.org/10.1017/S0003055421001222
Prof. Dr. Leyla Dogruel erklärt:
Menschen zeigen oft Höflichkeit im Umgang mit generativer KI wie ChatGPT, weil sie dazu neigen, Technologien menschliche Eigenschaften zuzuschreiben. Dieses Phänomen wird als Anthropomorphismus bezeichnet. Ein zentraler Erklärungsansatz hierfür ist das CASA-Paradigma (Computer Are Social Actors). Dieser Ansatz besagt, dass Menschen mit Computern und anderen interaktiven Technologien ähnlich interagieren wie mit anderen Menschen, sobald diese kommunikative oder soziale Verhaltensweisen zeigen. Da viele Tools generativer KI wie Chatbots cues (Hinweise) einer anthropomorphen Gestaltung aufweisen – etwa durch die Nutzung natürlicher Sprache, personalisierter Anrede oder visuelle menschliche Darstellungen - verstärkt sich dieser Effekt.
Wo kann man nachlesen?
Lombard, M., & Xu, K. (2021). Social Responses to Media Technologies in the 21st Century: The Media are Social Actors Paradigm. Human-Machine Communication, 2, 29–55. https://doi.org/10.30658/hmc.2.2
Nass, C., & Moon, Y. (2000). Machines and Mindlessness: Social Responses to Computers. Journal of Social Issues, 56(1), 81-103.
Prof. Dr. Kai Hafez erklärt:
Der weltweite Aufstieg rechtspopulistischer Akteure und Parteien in Demokratien (Trump, AfD, Orban, Modi/Indien usw.) wäre ohne Medien nicht denkbar gewesen. Über digitale Plattformen wie Facebook oder X verbreiten sie Fehlinformationen und wiegeln die Bevölkerungsmehrheit gegen Minderheiten und Migranten auf. Die großen Massenmedien tragen oft unbewusst zu einer Normalisierung dieser in weiten Teilen verfassungs- und demokratiefeindlichen Kräfte bei, indem sie deren Themen, Frames und Akteure prominent platzieren und so einen Rechtsruck öffentlicher Diskurse befördern. Medien katalysieren so trotz aller gleichzeitig erkennbaren Kritik eine anti-liberale Politik, die in paradoxer Weise auch die Meinungs- und Pressefreiheit selbst angreift. Die kommunikationswissenschaftliche Forschung untersucht, inwieweit hierbei eine Tendenz von Medien zu negativen Nachrichtenwerten, Boulevardisierung und Kommerzialisierung eine Rolle spielt und wie Alternativen des "konstruktiven Journalismus" aussehen.
Wo kann man nachlesen?
Hafez, K. (2018). The staging trap: Right-wing politics as a challenge for journalism. Journalism, 20(1), 24-26. https://doi.org/10.1177/1464884918807352