Auch 200 Jahre nach seiner Geburt liefert Karl Marx‘ moderne Diagnose noch immer und wie keine zweite die Blaupause für eine aktuelle kritische Theorie der Gesellschaft. Analytisch messerscharf erzählt er die Geschichte der Moderne als eine Beschleunigungsgeschichte, in der die Kapitalbewegung und damit die Steigerungstrias aus Wachstum, Beschleunigung und stetiger Innovierung zum eigentlichen Subjekt der Entwicklung wird. Ebenso hellsichtig diagnostiziert er eine umfassende Entfremdung des Menschen von sich selbst, von seiner Arbeit, von seinen Mitmenschen und von der Natur – kurz: eine verkehrte Weise des „In-der-Welt-Seins“. Für Rosa gehört zu ihr die hartnäckige Fortexistenz empörend ungerechter Ausbeutungsverhältnisse. Darin würden sich sogar die Umrisse einer möglichen Therapie abzeichnen, deren Kern in einer Veränderung des „In-Beziehung-Tretens“ zur Welt und zu den Menschen liegt. Die Vorlesung versucht, Karl Marx nicht so sehr als einen Theoretiker des politökonomischen Klassenkampfes, sondern vielmehr als einen revolutionären Weltbeziehungstheoretiker zu lesen und daraus Impulse für eine kritische Gegenwartsdiagnose zu gewinnen.
Prof. Dr. Hartmut Rosa beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit zeitsoziologischen und modernen theoretischen Untersuchungen zum Thema soziale Beschleunigung und Resonanz. Für sein Werk „Resonanz. Soziologie einer Weltbeziehung“ erhielt er mehrere Preise.
In der nächsten Veranstaltung am 29. Mai geht es dann um „Die Erforschung des historischen Kapitalismus – mit und gegen Karl Marx“. Referentin ist die Politik- und Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Heide Gerstenberger.
Weitere Informationen zur Ringvorlesung unter: www.uni-erfurt.de/ringvorlesungen.