Ziel ist es, in kontinuierlichem interdisziplinärem Austausch, in Workshops und Einzelstudien repräsentative raum-zeitliche Praktiken und Theorien des Welt-Aneignens und Welt-Ordnens hinsichtlich der Frage zu untersuchen, wie in ihnen Westlichkeit produziert wird und wie sie in die Welt wirken. Denn diese Praktiken und Theorien prägen seit Jahrhunderten Gesellschaften nicht nur im „Westen“. Angesichts globaler Herausforderungen und Kritiken ist für viele der „Westen“ ein zentrales, wenn nicht imperiales Moment und Bestandteil zahlreicher Meistererzählungen (Modernisierung, Demokratisierung, Orientalismus, Balkanismus etc.). In fast jeder Nachrichtensendung ist in irgendeiner Form vom „Westen“, von „westlicher“ Kultur, von „westlichen“ Lebensformen, Weltbildern oder Werten die Rede und zunehmend von post-westlichen Weltordnungen. Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sprechen nicht wenige von einer Bedrohung des „Westens“ von innen. So prägen die Akteure jenen „Westen“ beziehungsweise jene „Westlichkeit“ immer neu, die sie als selbstverständlich existent voraussetzen. Was aber ist westlich am „Westen“? Wie wörtlich ist die räumliche Angabe in der Bezeichnung zu nehmen, und wie ist der „Westen“ zeitlich zu fassen? Wie wurde „Westlichkeit“ so wirksam? Aufgrund der Forschungsschwerpunkte der Antragsteller konzentrieren sich die Arbeiten in der Pilotphase des Projekts räumlich auf Europa und Amerika und epochal auf die Neuzeit bis in die Gegenwart.
„Das ist ein sehr schöner Drittmittelerfolg“, freut sich Prof. Dr. Holt Meyer. „Das Projekt baut auf unseren bisherigen Forschungen auf, fokussiert sich aber auf die unterschiedlichen Konstruktionen des Westens. Wir wollen erforschen, wie sich verschiedene Akteure und Kulturen ‚Westlichkeit‘ aneignen, sie produzieren und ordnen und wie all dies in die Welt hineinwirkt. Dafür werden Experten miteinander ins Gespräch kommen, die aus ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven auf diese Frage blicken. Und wir möchten auch Nachwuchsforscher ermutigen, sich am interdisziplinären Austausch zu beteiligen und sich so mit anderen Fachgebieten vertraut zu machen.“
Neben Sachmitteln für eine Konferenz, für Workshops und Publikationen sind von der Thüringer Aufbaubank für das Projekt zwei Post-Doc-Stellen und Hilfskraftmittel bewilligt worden. Die Universität Erfurt unterstützt mit einem zusätzlichen Doktorandenstipendium. Während der dreijährigen Pilotphase zur methodischen und inhaltlichen Grundlegung des Forschungsthemas sind auch die Vorbereitung und Einreichung eines Folgeantrags zur Einwerbung einer DFG-Forschergruppe geplant.
Hintergrund ERZ
Das Forschungsprojekt ist im Rahmen der seit 2011 existierenden Erfurter Raum-Zeit-Forschung (ERZ) an der Universität Erfurt entstanden. Diese interdisziplinäre Forschungsgruppe untersucht Räumlichkeit und Zeitlichkeit in ihrer Konstruiertheit und ihren Verschränkungen und kann eine Fülle von zahlreichen Aktivitäten (Workshops, Publikationen, Vorträge, etc.) vorweisen. Im Sommer 2017 hat die Universität Erfurt diese Forschungsgruppe nach einem universitätsweiten Auswahlverfahren als eine von vier universitären Forschungsgruppen und damit als einen der zentralen Forschungsakteure der Universität anerkannt.
Weitere Informationen / Kontakt:
Prof. Dr. Holt Meyer
Tel.: 49(0)361/737-4251
holt.meyer@uni-erfurt.de
www.uni-erfurt.de/philosophische-fakultaet/raumzeit-forschung
(Pressemitteilung 90-2017 vom 04.12.2017)