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Meister Eckhart Forschungsprojekt zu seinen christlichen antiken Quellen erfolgreich abgeschlossen

„Lehren und Predigen mit Patristischen auctoritates, Meister Eckhart, Brückenbildner zwischen Frankreich und Deutschland, Vergangenheit und Gegenwart“ ist ein Forschungsprojekt überschrieben, in dem - unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der französischen Agence National de Recherche - seit 2018 ein deutsch-französisches Team unter Leitung von Prof. Dr. Marie-Anne Vannier und Prof. Dr. Markus Vinzent (Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt) gearbeitet hat. Nun ist es abgeschlossen - Zeit für eine kleine Bilanz...

Die Kuratorin Prof. DDr. Jutta Vinzent stellt die Arbeit „Thron der Weisen“ der Künstlerin Petra Lange vor.
„Thron der Weisen“ der Künstlerin Petra Lange

Ziel des Projekts war es, systematisch Meister Eckharts christliche antike Quellen zu entdecken, die bislang in Ermangelung eines Indexes nur teilweise über die vereinzelten Angaben in der kritischen Ausgabe (Kohlhammer) seiner lateinischen und deutschen Werke zu erschließen waren. Dabei hat sich die bereits zuvor geübte französisch-deutsche Kooperation bewährt. Es ging darum, aufbauend auf den zehn Bänden der kritischen Ausgabe, möglichst alle patristischen Quellen zu erschließen, deren Verwendung zu präzisieren und inhaltliche Schwerpunkte herauszufinden. Dabei haben die beteiligten Wissenschaftler*innen unerwartete Entdeckungen gemacht:

Die Erschließung der christlichen antiken Quellen in Eckharts Werk erlaubt es nun erstmals, eine Tiefensicht auf die Rezeptionsvorgänge dieser Quellen bei einem der wichtigsten theologisch-philosophisch spekulativen Denker und zugleich volksnahen Prediger vorzunehmen. Über die rein quantitative Zugriffsmöglichkeit eröffnet sich jetzt auch ein Feld der vergleichenden Forschung, bei der zwischen Rezeptionsvorgängen in lateinisch-scholastischer Lehrliteratur und Homiletik gegenüber denen, die wir in mittelhochdeutschen Predigt- und Traktatliteratur besitzen, unterschieden werden kann. Dass Meister Eckhart sich dabei gerade und deutlich stärker als die meisten seiner Zeitgenossen nicht nur aus Augustinus und der lateinisch-westlichen Tradition speiste, sondern intensiv auch die griechisch-östliche patristische Literatur zur Kenntnis nahm, ist eines der wichtigen und gewiss überraschenden Ergebnisse des nun abgeschlossenen Forschungsprojektes.

Ein weiteres, vielleicht noch bedeutenderes Ergebnis ist, dass das Forschungsteam im Lauf der Studien der Werke Meister Eckharts auf 79 bisher unerschlossene mittelhochdeutsche Predigten von ihm gestoßen ist, die jedoch nur in einem ersten Anlauf für die Suche nach den patristischen Quellen gesichtet werden konnten. Für den erarbeiteten Index, der demnächst bei Peeters in Leuven erscheinen wird, wurden auch diese noch nicht publizierten Eckharttexte berücksichtigt, wodurch der bei Kohlhammer in den Jahren 2021 bis 2022 erschienene Anfang des Autorenindexes von Eckharts Werken ergänzt wird.

Perspektiven für weitere Forschungen im internationalen Kontext

Vor allem die erwähnten 79 noch nicht kritisch edierten und zu übersetzenden Eckhart-Predigten gilt es, der Öffentlichkeit auch international bekanntzumachen, sie zu erschließen und auch digital zur Verfügung zu stellen. Dies soll Teil eines größeren Langfrist-Forschungsprojektes werden, das an den drei Standorten Freiburg, Augsburg und Erfurt angesiedelt und innerhalb dessen das gesamte mittelhochdeutsche Predigtwerk Eckharts und seines näheren Umfelds auf einer digitalen Arbeitsoberfläche angeboten werden soll. Dies wird die vertiefte künftige Erforschung dieser Texte in einer zeitgemäßen Form ermöglichen.

Im Rahmen des Projekts ist nicht nur eine Reihe wichtiger wissenschaftlicher Publikationen entstanden, die Ergebnisse des Projekts wurden auch der breiten Öffentlichkeit präsentiert und bleiben auch künftig für sie zugänglich. Ein wichtiger Bestandteil des Wissenstransfers in die Öffentlichkeit, waren Veranstaltungsformate, die mittels zeitgenössischer Kunst der Vermittlung und der Beschäftigung mit Meister Eckhart im "Heute", insbesondere in einer Prä- und Post-Covidzeit, dienten. So fand beispielsweise 2019 in Behringen ein Künstlersymposium und -Wettbewerb statt, bei dem zehn Plastiken zu Eckharts Thema „Wirken und Lassen“ entstanden sind. Einige davon sind inzwischen gemeinsam mit der Tourismusbehörde des Freistaats Thüringen an einem Meister-Eckhart-Fahrradweg installiert worden, der sowohl Eckharts Heimat ziert als auch eine künstlerische und zeitgemäße Auseinandersetzung mit seiner Botschaft ermöglicht. Ziel ist es dabei unter anderem, die Eckhart-Forschung aus einem akademischen Kreis herauszuholen und, ganz im Sinne von Eckhart, den Menschen "auf der Straße" anzubieten und sie für sie zu übersetzen. 

Darüber hinaus sind Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt in verschienden Online-Formaten sichtbar, darunter

Markus Vinzent, Leiter der Meister-Eckhart-Forschungsstelle am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt resümiert: „Wir sind stolz, dass wir dieses Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht haben und freuen uns auf die neuen Herausforderungen, die daraus für die weitere Forschung entstanden sind. Vor allem sind wir den Förderern - der DFG, der ANR und der Universität Erfurt mit ihrer hervorragenden Infrastruktur, z.B. mit der 'Bibliotheca Amploniana' - und unseren französischen Kolleginnen und Kollegen für Zusammenarbeit und Unterstützung dankbar.“

Im Rahmen des Projekts sind eine Reihe wichtiger wissenschaftlicher Publikationen entstanden:
  • Loris Sturlese/Markus Vinzent, Meister Eckhart. The German Works. II 56 Homilies for the Liturgical Year. 2. De sanctis, Eckhart: Texts and Studies (Leuven: Peeters, 2020), pp. 778.
  • Loris Sturlese/Markus Vinzent, Meister Eckhart. The German Works. I 64 Homilies for the Liturgical Year. 1. De tempore, Eckhart: Texts and Studies (Leuven: Peeters, 2019), pp. 872.
  • ‘The Self-location of Meister Eckhart’, in Nadia Bray, Diana Di Segni, Fiorella Retucci, Elisa Rubino (eds.), Centres and Peripheries in the History of Philosophical Thought. Essays in Honour of Loris Sturlese, Rencontres des Philosophie Médiévale, 24 (Turnhout, 2021), 293-301.
  • ‘Jean Damascène, ou l’apport des pères grecs pour l’interprétation eckhartienne de l’évangile de Jean’, in Marie-Anne Vannier (ed.), Maître Eckhart, lecteur des pères grecs, Mystiques Chrétiens d’Orient et d’Occident (Paris: Beauchesne, 2020), 145-159. ‘Johannes Damascenus, Eckharts Brücke zur Johannesinterpretation der östlichen Väter’, in Marie-Anne Vannier (ed.), Maître Eckhart, lecteur des pères grecs, Mystiques Chrétiens d’Orient et d’Occident 6 (Paris: Beauchesne, 2020), 160-176.
  • ‘Eckharts Lektüre von Augustins „Bekenntnissen“’, in Marie-Anne Vannier (ed.), Maître Eckhart, lecteur des Pères Latins, Mystiques Chrétiens d’Orient et d’Occident 5 (Paris: Beauchesne, 2020), 49-62.
  • ‘Monism and dividualism in Meister Eckhart’, in Martin Fuchs a.o. (eds.), Religious Individualisation. Historical Dimensions and Comparative Perspectives, 2 vols. (Berlin and Boston, 2019), I 363-82.
  • Die deutschen und lateinischen Werke, Die lateinischen Werke: Index Eckhardianus [Meister Eckhart und seine Quellen]; 6, [Teilbd. 3]: [Autoren I - II], herausgegeben von Loris Sturlese, Stuttgart 2021-2022.

Weitere Informationen / Kontakt:

Fellow und Leiter der Meister-Eckhart-Forschungsstelle
(Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien)
Weltbeziehungen / C19.03.35
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