Das Archiv versammelt Informationen zu vergangenen Veranstaltungen und bietet eine Übersicht zu abgeschlossenen Forschungsprojekten und Promotionsvorhaben, die in Verbindung mit der Professur für Wissenschaftsgeschichte stehen.
Teilprojekt der DFG-Forschungsgruppe 1614 “Was wäre wenn? Zur Bedeutung, Epistemologie und wissenschaftlichen Relevanz von kontrafaktischen Aussagen und Gedankenexperimenten”
Projektzeitraum: 2012-2016 | Beteiligte: Bernhard Kleeberg
Das Projekt untersucht die Rolle von Gedankenexperimenten in Prozessen methodischer und epistemologischer Selbstvergewisserung in Geschichtswissenschaft und Wissenschaftsphilosophie zwischen 1880 und 1930. Ausgehend von der Beobachtung, dass Gedankenexperimente sowohl in prognostischer wie retrospektiver Hinsicht just in diesem Zeitraum zusehends als legitimes Werkzeug zur Bestimmung von Signifikanz in kausalen Erklärungszusammenhängen angesehen wurden, werden ihre praktische Anwendung und Verhandlungen ihres epistemischen Status analysiert. Dieser Status, so die These, verband sich mit der Frage nach einer wissenschaftlich angemessenen Abstraktion von einer als unübersichtlich empfundenen Fülle an Daten, mit der Frage nach Möglichkeiten der Selektion kausal signifikanter Bedingungen historischer Prozesse und naturwissenschaftlicher Experimente. Gedankenexperimente boten sich an, konnte oder wollte man weder strikt deduktiv-nomologisch verfahren, noch induktiv über statistische Normalverteilung argumentieren; wollte man sich nicht rein idiographisch auf einzelne Ereignisse und die verstehende Deutung teleologischer Handlungen beschränken, sondern konkrete Ereignisse in generalisierenden Aussagen reflektieren: Sie konnten in heuristischer Hinsicht störungsfreie Idealsituationen bereitstellen, um Aufbau und Ablauf realer Experimente zu simulieren oder die Deutung (historischer) Handlungszusammenhänge idealtypisch zu orientieren; in kritischer Absicht konnten sie dazu dienen, die veranschlagte Bedeutung von Handlungen/Ereignissen zu überprüfen, somit Handlungs- und Ereignisketten logisch zu rekonstruieren und mögliche Perspektivwechsel einzuleiten. Diese neuartige Rolle kontrafaktischer Gedankenexperimente untersucht das Teilprojekt ausgehend von zwei paradigmatischen Positionen: Max Weber und Ernst Mach.
Individuelles Forschungsprojekt/ Buchprojekt
Projektzeitraum: 2010-2012 | Beteiligte: Bernhard Kleeberg
Die Geschichte „schlechter Angewohnheiten“ zwischen zweiter Natur des Menschen und individueller Selbstkontrolle ist eine der Produktion intra- und transkultureller Normen kultureller Integration zwischen Fremd- und Selbstbeobachtung. Schlechte Angewohnheiten stellen einen zentralen Referenzpunkt sozialer Integration und Desintegration dar, denn sie dienen der Markierung von Grenzen – der Willensfreiheit, der Klasse, der Wissenschaft, der Zivilisation oder gar des Menschseins. Deutungen schlechter Angewohnheiten verweisen beispielsweise auf eine riskante menschliche Triebnatur, Neurosen, unvorteilhafte Umweltbedingungen, Rasse und Geschlecht, Willensschwäche, negative Charaktereigenschaften, unkontrollierten Appetit oder mangelnde Selbstkontrolle. Ihre Legitimation erfahren sie je nach relevantem Wissensfeld über verschiedene Wahrheitsinstanzen – von wissenschaftlichen Disziplinen über politische Institutionen bis zu literarischen Entwürfen. Historisch vermischen sich dabei verschiedene praktische und theoretische Räume des Wissens, die sich auf Instinkte und Emotionen, Zivilisationsstand und soziokulturelle Normen, moralische Ökonomien der Wissenschaften, wie auch auf die in diesen Kontexten relevanten Praktiken der Selbstkontrolle und Sozialdisziplinierung beziehen. Mit einem historischen Schwerpunkt auf dem späten 18. bis frühen 20. Jahrhundert soll so zur Konturierung einer einflussreichen Erklärungsfigur beigetragen werden, die bisher nicht Gegenstand wissenschafts- historischer Untersuchungen war.
In Planung befindet sich ein Band zum 20. Jahrhundert, erschienen ist eine kommentierte Anthologie zum 18. bis frühen 20. Jahrhundert, mit einer ausführlichen Einleitung zur Kultur- und Wissenschaftsgeschichte des Konzepts der Gewohnheit. Mit Texten von Montesquieu, David Hume, Carl Friedrich Pockels, Philipp Peter Guden, Adolph Freiherr v. Knigge, Christian Gotthilf Salzmann, Joseph Priestley, James Philipps Kay, Jonathan Harrington Green, Alfred Austin, Hermann Oppenheim, Josef Clemens Kreibig, Reinhold Gerling, Cesare Lombroso, Enrico Ferri, Fernando Ortiz und David Paul von Hansemann, kommentiert von Dorothee Birke, Jacques Bos, Franz X. Eder, Christiane Frey, Valeska Huber, Bernhard Kleeberg, Ingrid Kleeberg†, Riccardo Nicolosi, Barbara Orland, Albert Schirrmeister, Ingo Stöckmann, Marcel Vejmelka und Gwendolyn Whittaker.
Promotionsprojekt im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms «Erfahrung und Erwartung. Historische Grundlagen ökonomischen Handelns»
Förderzeitraum: 2016-2020 | Projektabschluss: 2023 | Beteiligte: Ricardo Neuner
Das Dissertations-Projekt untersucht für den Zeitraum von 1940 bis 1990 den Einfluss der amerikanischen Konsumpsychologie auf das ökonomische Denken. In dieser Zeit entstand in der Konsumverhaltensforschung ein kognitives Modell ökonomischer Kaufentscheidungen, das die rationalistische Sichtweise ökonomischen Handelns herausforderte. Eine Folge dieser Herausforderung war der Aufstieg der Verhaltensökonomie, die mit psychologischen Experimenten versuchte, den empirisch irrational agierenden Akteur der ökonomischen «Standardtheorie» erkenntnistheoretisch neu zu fassen. Mein Projekt folgt dabei der Entwicklung der Konsumverhaltensforschung von den kommerziellen Anfängen in Werbung und Marketing hin zu einer eigenständigen, akademischen Subdisziplin. Meine Dissertation verfolgt die These, dass kognitive Modelle der Konsumforschung, die ökonomisches Handeln auf der Ebene individueller Denkprozesse analysierten, Lösungsansätze für die empirischen Schwächen der «Mikro-Fundierung» ökonomischer Theorien anbieten konnten. Anomalien und Probleme ökonomischen Handelns, wurden psychologische Probleme, die mit kognitiven Marketing-Techniken behoben werden sollten.
Promotionsprojekt
Projektzeitraum: 2020-2023 | Beteiligte: Carola Oßmer
Entwicklungsnormen, mit denen wir bestimmen, ob ein Kind sich ‚normal‘ entwickelt, standen seit ihrer Entstehung unter Kritik. Für die einen nicht standardisiert und exakt genug, waren sie für andere Inbegriff von normativer Regulation und Normalisierung. Dennoch dienen sie bis heute als Maßstab für Eltern, Lehrer, Ärzte und Psychologen für die Beurteilung der Entwicklung von Babys und Kleinkindern. Entwicklungsnormen prägen eine weitverbreitete Vorstellung davon, was ein normales Kind, ja, was überhaupt ein ‚normal‘ ist. Doch wie und warum entstand dieses umstrittene Wissen über normale Entwicklung? Wer erfand das normale Kind? Meine Dissertation verfolgt die Entstehung der Entwicklungsnormen und der damit verbundenen Entwicklung von Normalität durch ein wissenschaftliches Forschungsprogramm, das ironischerweise mit Kritik an genau diesem Konzept vom Normalen begann.
Nach dem Ersten Weltkrieg entwarf eine Gruppe von Kinderentwicklungsforscherinnen und Filmemachern um den Yale Psychologen, Pädiater und Pädagogen Arnold Gesell fotografische und filmische Techniken, um visuelle Daten zur mentalen Entwicklung von Babys zu sammeln. Obwohl die Forscher mit ihren Bildtechnologien standardisierte Messungen des Normalen anzufechten versuchten, erschufen sie damit ein Set aus Normen. Diese Normen – auch bekannt als Meilensteine der Entwicklung – wurden zu einem weltweiten Standard in der Bestimmung kindlicher Normalität und formten ein universelles Verständnis davon, was ein normales Kind war. Letztlich trug Gesells weitreichende Theorie der normalen Entwicklung genau zu der Konzeption des Normalen bei, die er selbst kritisiert hatte.
Anhand von Archivquellen aus dem fotografischen Forschungsprogramm an der Yale University führt mich meine Forschung zurück zu der Entstehung eines selbstverständlich scheinenden Wissens über normale Entwicklung. Ich untersuche die Mechanismen hinter Gesells Entwicklungsnormen und ihrer Produktion und zeige damit, dass durch den Einsatz von Film und Fotografie eine neue Idee vom Normalen entstehen und sich als allgemeingültige Norm einer normalen Entwicklung verbreiten konnte. Im Fokus stehen die materiellen Aspekte der visuellen Technologie und der Medienproduktion, was eine neue Perspektive auf die Geschichte der Entwicklungspsychologie eröffnet, in der sich die Verbindung zwischen wissenschaftlichem Labor, privaten Haushalten und dem öffentlichen Leben zeigt. Meine Arbeit beleuchtet dadurch nicht nur das Verhältnis zwischen der Genese einer wissenschaftlichen Theorie und höchst populärem Wissen, sondern zeigt, dass das normale Kind aufgrund seiner visuellen Konstitution naturgegeben und selbstverständlich zu sein schien. Die Dissertation trägt damit auch zum historischen Verständnis der Idee von Normalität im 20. Jahrhundert bei und hilft, Wissen über die Natur des Menschen zu dekonstruieren.
Promotionsprojekt (Zweitbetreuung)
Projektzeitraum 2016-2019 | Beteiligte: Nora Binder
Die Erforschung der sozialpsychologischen Grundlagen von Integration ist wissenschaftshistorisch engstens mit dem jüdisch-deutschen Psychologen Kurt Lewin verbunden. Gemeinsam mit seinen Schülern führte Lewin seit den 1920er Jahren Experimente zum Verhältnis von Subjekt(ivität) und sozialer Situation, Gruppenverhalten und politischer Einstellung durch. In diesen ging es immer mehr darum, Erkenntnisse über Möglichkeiten der Modifikation subjektiver Werte und Wissensbestände zu gewinnen, die dazu dienen konnten, eine funktionierende demokratische Gesellschaft herzustellen und aufrechtzuerhalten.
Ausgehend von Lewins Versuchsanordnungen zeichnet das Projekt nach, wie die soziale Figuration der Gruppe – als eine der wichtigsten kleinen Formen sozialer Integration – zugleich wissenschaftlicher Gegenstand und Interventionsfeld wurde und so ins Zentrum der entstehenden Sozialpsychologie und ihrer potentiellen Anwendungsbereiche rückte. Gefragt wird zunächst nach der Rückkehr des Subjekts in die moderne Experimentalpsychologie und seiner gleichzeitigen Bestimmung als soziales Subjekt, wie sie in Lewins Arbeiten vor der Emigration (ca. 1920–1933) nachzuvollziehen ist.
Anhand seiner bislang kaum untersuchten, in den USA der 1930er und 40er Jahre durchgeführten Gruppenexperimente wird sodann die sozialpsychologische Erforschung der Einstellung des Subjekts innerhalb ‚demokratischer’ Gruppenprozesse und die damit einhergehende Herausbildung von (politischem) Steuerungswissen analysiert. Besonders Augenmerk gilt hierbei der von Lewin begründeten dezidiert demokratischen Form des Change Managements, die im Zusammenhang mit den berühmten Experimenten zum demokratischen und autokratischen Führungsstil erstmals erprobt wurde. Mittels partizipativer Selbst- und Fremdführungstechniken, so Lewins Hoffnung, sollten so unterschiedliche Bevölkerungsgruppen wie z.B. Pfadfinder, Hausfrauen, Stadtbewohner, Alkoholiker oder Soldaten gleichermaßen zu einer Änderung und Anpassung ihres Verhaltens bewegt werden können. Solche als Umerziehungs- bzw. Veränderungsexperimente bezeichneten Versuche und ihre demokratischen Wahrheitspolitiken stehen im Zentrum des Dissertationsvorhabens.
Promotionsprojekt
Projektabschluss: 2018 | Beteiligte: Friedrich Cain
Gegenstand des Projekts sind Praktiken der Wissensbildung an polnischen sogenannten „Untergrunduniversitäten“ (Krakau, Lemberg, Warschau, Wilna u.a.) während der NS-Okkupationszeit. Auf Basis von Memoiren, wissenschaftlichen Publikationen, in erster Linie aber unveröffentlichtem Archivmaterial, werden die Organisation des prekären Forschungsalltags sowie Techniken und Taktiken der Geheimhaltung und Desinformation rekonstruiert und auf das epistemische Selbstverständnis der beteiligten Wissenschaftler rückbezogen. Gefragt wird, wie sich die wissenschaftliche Praxis im Untergrund praktisch und institutionell (trans)formierte, ob und wie sich epistemische Ideale (Intersubjektivität, Objektivität, Unabhängigkeit, etc.) unter Ausnahmebedingungen konstituieren, und welche Rolle den Untergrunduniversitäten im Selbstverständnis der polnischen Wissenschaftler jener Zeit zukommt.
Gedruckte Programme und anderes Bildmaterial zu Veranstaltungen vor 2020 sind infolge der Umsiedelung der Professur für Wissenschaftsgeschichte vom Max-Weber-Kolleg an das Historische Seminar im Oktober 2020 leider weitestgehend verloren gegangen. Diese Veranstaltungen können deshalb nur mit Datum und Titel archiviert werden.
Eine Übersicht über alle Vorträge an der Professur für Wissenschaftsgeschichte finden Sie hier.
23.10.2024-25.10.2024 | Universität Erfurt | Forschungsstelle Politiken der Wahrheit
Since 2014, we have been able to observe Russia portraying itself increasingly not just as the only remaining power of the morally good and historically true. In relation to countries of the Global South, Russia has also especially presented itself as an anti-colonial protecting power. This framing is anchored within two broader narratives: First, under the slogan of “historical truth”, Putin is pushing a specific historical policy, the central reference point of which is the victory of the Soviet Union over Nazi Germany in the so-called Great Patriotic War. This newly structured and enhanced past is turned into an ever-present prism – through iterative references by the state media, but especially events that allow a large portion of the population to directly participate in the commemoration of this past – by which the present can also be seen and interpreted (McGlynn 2023). At high-profile media events such as the Russia-Africa Summit, the Soviet Union’s support of anti-colonial liberation movements has increasingly become part of these historical memory and updating practices, through which the claim of being on the „right side of history“ is made.
This workshop aims at analysing how Russia stages itself as an anti-colonial protecting power. With the help of which terms and concepts, but also media and political techniques, is the Putin regime working to restructure the Russian and global past and present? How are new alliances and imagined communities created, especially with countries of the Global South? As an analytical lens we propose methodological approaches such as political epistemology and praxeology.
06.06.2024-08.06.2024 | National Hellenic Research Foundation Athen | Forschungsstelle PECEE
The Institute of Historical Research of the National Hellenic Research Foundation (Athens, Greece), the Faculty of Philosophy of the University of Erfurt (Germany), the Leibniz Institute for the History and Culture in Eastern Europe (Leipzig, Germany), the Faculty Center for Transdisciplinary Historical and Cultural Studies at the University of Vienna (Austria) and the Masaryk Institute and Archives of the Czech Academy of Sciences (Prague, Czech Republic) organize an international conference on the intersections of sciences, ideologies, and religions in the 20th century in Central, Eastern and Southeastern Europe. The aim of the conference is twofold. First, it aims to study historical cases, in which sciences, ideologies and religions seem to intersect, or in which boundaries were explicitly set. Secondly, from an epistemological perspective, we will investigate the practices and effects of delineation, the “boundary making” (Gieryn). How do making and doing “science”, “ideology”, and “religion” influence one another, how do they change during contact?
18.03.2024.-19.03.2024 | Universität Erfurt | Professur für Wissenschaftsgeschichte & Forum “Geschichte der Humanwissenschaften”
Zum siebten Mal veranstaltet das Forum Geschichte der Humanwissenschaften zusammen mit seinen Kooperationspartner:innen eine Schreibwerkstatt für laufende Projekte zur Geschichte und Theorie der Psychologie und angrenzender Wissensbereiche (Psychotherapie, Psychiatrie, Anthropologie etc.). Ziel ist die konstruktive Arbeit an Aufsätzen und Kapitelentwürfen zu Buchprojekten, Dissertationen oder Abschlussarbeiten, die gemeinsam mit erfahrenen Wissenschaftler:innen diskutiert werden.
22.02.2024-23.02.2024 | Universität Erfurt | Professur für Wissenschaftsgeschichte & Forschungsstelle PECEE
The triumph of intelligence in the late 19th and early 20th century made it one of the most popular research subjects in the history of science. Artificial and swarm intelligence, the sociological critique of the ‘I.Q. ideology,’ the racism of intelligence research, and the role of the discourse on intelligence in popular culture have been the central issues in recent scholarship. Our workshop aims to change the focus of these debates. We intend to discuss not intelligence research itself but the social and political conditions that allowed intelligence to advance to its leading position in the scientific agenda, as well as the constellation of developments in both sciences and humanities that prepared its career. Our idea is to explore this phenomenon in relation to central ‘sociological’ categories such as social grouping, morality, stability, and normality. We will also examine how the scientific authority of intelligence influenced not only conservative, meritocratic, and racist discourses, but also socialist, anarchist and other social theories orientated towards social inclusion. Thus, the questions of social and political grouping rather than the traditional perspective of differential psychology will come to the fore in our discussion.
13.07.2023–14.072023 | Universität Erfurt | Professur für Wissenschaftsgeschichte, in Kooperation mit dem Historischen Seminar der Universität Erfurt und dem StuRa
Wie kann ich meine Rolle und Arbeit im Prozess des Geschichte Schreibens und Vermittelns reflektieren, transparent machen und zur Diskussion stellen? Diese Frage gewinnt für das kritische historische Arbeiten sowohl in der Forschung als auch in der historischen Vermittlungsarbeit an Bedeutung; andere Disziplinen haben sich dieser Herausforderung schon seit Längerem angenommen. Doch wie grundlegend ist eine kritische Reflexion des eigenen Standpunktes in Studium, Forschung und Praxis der Geschichtswissenschaften eigentlich strukturell verankert? Stellt sich diese Frage auf besondere Weise für die Public History – im Sinne eines Nachdenkens über Geschichte in, mit und für die Öffentlichkeit? Kann sie als Reflexionsinstanz fungieren? In unserem nächsten Workshop wollen wir – ausgehend von der Public History – die Chancen und Grenzen einer (selbst-)reflexiven wissenschaftlichen Praxis disziplinenübergreifend ausloten.
Wir laden alle Interessierten herzlich dazu ein, über diese und weitere Fragen mit uns ins Gespräch zu kommen und die Diskussion durch möglichst viele verschiedene Perspektiven zu bereichern. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sich online zuzuschalten und per Chat an der Diskussion teilzunehmen. Die Veranstaltung wird durch ein Graphic Recording begleitet. Außerdem werden Schriftdolmetscher:innen die Lautsprache in Schriftprache übersetzen für gehörlose Teilnehmende. Fragen zur Barrierefreiheit der einzelnen Veranstaltungsorte können gerne an die Organisatorinnen gerichtet werden.
ganzjährig | Online | Forschungsstelle PECEE, in Kooperation mit der Universitätsgesellschaft Erfurt e.V.
In cooperation with the Ukraine Initiative of the University of Erfurt and the Universitätsgesellschaft Erfurt e.V., we are launching the lecture series Ukrainian Research online to provide visibility for our Ukrainian colleagues and their work.
03.11.2022-04.11.2022 | Online | Professur für Wissenschaftsgeschichte & Forum “Geschichte der Humanwissenschaften”
In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin, und dem Erfurter Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte veranstaltet das Deutsche Forum für die Geschichte der Humanwissenschaften zum fünften Mal einen Workshop für laufende Projekte zur Geschichte der Psychologie und anderer Disziplinen, die den menschlichen Geist erforschen (Anthropologie, Psychoanalyse, Psychiatrie, Phrenologie etc.). Wir sind offen für alle Beiträge zu diesem Thema, unabhängig von ihrem epochalen oder regionalen Schwerpunkt. Ziel des Workshops ist es, Entwürfe für Zeitschriftenartikel, Kapitel für Masterarbeiten, Dissertationen oder Buchprojekte zu diskutieren. Wir laden Experten der Geschichte der Humanwissenschaften ein, diese Entwürfe mit uns zu diskutieren.
Veranstaltet von Laurens Schlicht, Verena Lehmbrock und Carola Oßmer.
13.10.2022-15.10.2022 | Czech Academy of Sciences, Prag/ Liblice | GWMT e.V. & Forschungstelle PECEE
To deepen the question of how gender and epistemologies are related, a praxeological approach can be useful. Hence, combining the perspectives on “doing gender” and “doing truth” could allow to inquire how claims of truth are linked to gender and gender politics. In such a praxeological perspective we can ask about roles and figures that perform truth and gender in arenas of contested knowledge, enabling us to discern and analyse situations where gender is inextricably assigned to aspects of truth speaking. We seek for examples, where gender is relied upon to invoke the truth, like in the politicisations of experiential and embodied knowledge in current debates on the so-called cancel culture. And we would like to study cases where gender perceived characteristics or values are attributed to concepts of un-/credibility and un-/truthfulness as e.g. in conceptions of heroism and honour, innocence and virginity or deceitfulness and fraudulence.
Thus, the conference "Gendering Epistemologies" wants to discuss how gender-shaped (especially scientific) knowledge and truth claims are tied to gender (politics) in Central and Eastern Europe in the 20th and 21st centuries. We would like to particularly focus on this region in order to strengthen its presence and representations in the debate on gender, science and politics. Furthermore, the region has faced repeated political upheavals in the 20th and 21st centuries, providing the context for numerous epistemological distortions and transformations. Comparative and contrasting examples from other regions of the world are nevertheless equally welcome.
21.09.2022-23.09.2022 | Universität Erfurt | GWMT e.V. & Professur für Wissenschaftsgeschichte
Unter dem Titel „…Humanities“, widmet sich die Jahrestagung der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (GWMT) 2022 vornehmlich der Geschichte der Geisteswissenschaften. Damit soll sowohl einem immer noch relativ jungen Forschungsfeld der Wissenschaftsgeschichte Rechnung getragen, vor allem aber auch die Selbstreflexion der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte als Geisteswissenschaften zum Gegenstand gemacht werden. Dass es keineswegs selbstverständlich ist, dass sich die Vertreter*innen dieser Richtungen als Geisteswissenschaftler*innen begreifen, sondern sich vielleicht eher als Wissenschaftsforscher*innen, Kulturwissenschaftler*innen oder Sozialwissenschaftler*innen verstehen, verweist bereits auf die grundlegende Problematik selbst.
14.07.2022-15.07.2022 | Universität Erfurt | Forschungsstelle Politiken der Wahrheit
Im Juli 2022 richtete die Forschungsgruppe „Praxeologien der Wahrheit“ den Workshop „Embodiments of Truth?“ aus, in dem nach der grundlegenden körperlichen Performativität von Wahrheit gefragt wurde. Als sozialer Operator ist Wahrheit in Szenarien beobachtbar, in denen die Beziehungen und kommunikativen Praktiken ihrer Akteure über deren Körper verhandelt werden. Der Workshop untersuchte die konkreten Rollen untersuchen, die menschlichen Körpern in Wahrheitsszenarien zugeschrieben und von ihnen ausagiert werden. Wie nehmen Körper an Wahrheitsszenarien teil? Kann jede Person mit jeglichem Körper als Wahrheitsfigur (Richter*in, Zeug*in, Priester*in, Übersetzer*in, etc.) auftreten, oder werden diskursive Zuschreibungen an ihre Körper hier zum Hindernis?
30.06.2022-02.07.2022 | Nordbahnhof Erfurt & Kleine Synagoge Erfurt | SFB249 Teilprojekt A03
Am Donnerstag, den 30.06. ab 14 Uhr findet im Nordbahnhof Erfurt das erste Forum für Asphaltnomad:innen statt. Geladen sind all diejenigen, die selbst ein fahrendes oder reisendes Leben führen oder daran Interesse haben, sich darüber auszutauschen. Auch wird mittels der farbenfrohen Siebdruck-Plakat-Ausstellung „Vaga-Wanderkoffer“ von Beat Gipp ein Blick auf Motive des Straßenlebens und Bildwelten von Vagabund:innen geworfen.
Die Konferenz widmet sich dann am 1. und 2. Juli der Theorie rund um die Entwicklung des Begriffs Nomadismus seit dem 18. Jahrhundert und untersucht den Zusammenhang zwischen nomadischen Strukturen und Eigentum. Sie findet im Veranstaltungshaus Kleine Synagoge in der Innenstadt statt und bringt dann in den nächsten zwei Tagen Wissenschaftler:innen aus Deutschland, Polen, Großbritannien, China und Russland zusammen, die sich aus vielfältigen Perspektiven mit dem Verhältnis von Nomadismus und Eigentum befassen. Weitere Informationen
02.06.2022-03.06.2022 | Universität Erfurt | Professur für Wissenschaftsgeschichte
Formen der angewandten Psychologie haben im 20. Jahrhundert stetig an Bedeutung gewonnen. Einen neuen Höhepunkt erreichte die Psychologisierung in der zweiten Jahrhunderthälfte, als sich vormals therapeutische Praktiken auch in nicht-klinischen Bereichen verbreiteten, beispielsweise in Selbsterfahrungsgruppen oder im Managementtraining. Auffällig ist, dass jener Psychoboom bislang fast ausschließlich als westliches Phänomen diskutiert wird. Eine weitreichende These der Forschung lautet, dass psychologische Interventionen in westlichen Gesellschaften gar zum Bestandteil liberalen Regierens avancierten – indem sie als Technologien des Selbst dazu beitragen, dass Individuen ihr Verhalten verstärkt selbst regulieren und optimieren.
Der Workshop fragt: Sind psychologische Selbsttechniken auf den Kontext liberaler Demokratien festgelegt? Mittels einer Reihe konkreter Fallbeispiele aus den sozialistischen Ländern sollen Bedeutungen und Funktionen herausgearbeitet werden, die psychologischer Expertise im Staatssozialismus zukam.
08.04.2022 | Forschungszentrum Gotha | SFB249 Teilprojekt A03 & Forschungsnetzwerk „Natural Law 1625–1850“
Eigentum nimmt in der politischen Anthropologie des 17., 18. und 19. Jahrhunderts eine vielfältige und sich ständig wandelnde, aber immer zentrale Position ein. Spielt schon zu Beginn bei Grotius der Kontext der präkolonialen europäischen Expansion über die Weltmeere eine Rolle, so gilt dies um so mehr für die Verschränkung von Naturechts- und Zivilisationstheorien der Aufklärungszeit, und vollends für die Anfänge der Rechtsanthropologie und der Völkerpsychologie im 19. Jahrhundert, als der Kolonialismus seinen Höhepunkt erreichte. Zu fragen ist nach den Funktionen der jeweiligen Eigentums-Konzeptionen, nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten der Thematisierung und nach ideologischen Belastungen kolonialer Denkweisen.
17.03.2022-18.03.2022 | Online | Professur für Wissenschaftsgeschichte & Forum “Geschichte der Humanwissenschaften”
In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin, und dem Erfurter Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte veranstaltet das Deutsche Forum für die Geschichte der Humanwissenschaften zum fünften Mal einen Workshop für laufende Projekte zur Geschichte der Psychologie und anderer Disziplinen, die den menschlichen Geist erforschen (Anthropologie, Psychoanalyse, Psychiatrie, Phrenologie etc.). Wir sind offen für alle Beiträge zu diesem Thema, unabhängig von ihrem epochalen oder regionalen Schwerpunkt. Ziel des Workshops ist es, Entwürfe für Zeitschriftenartikel, Kapitel für Masterarbeiten, Dissertationen oder Buchprojekte zu diskutieren. Wir laden Experten der Geschichte der Humanwissenschaften ein, diese Entwürfe mit uns zu diskutieren.
14.07.2021-16.07.2021 | Online | Forschungsstelle PECEE
Today, we almost intuitively associate dissidents with Soviet intellectual nonconformists, and those from other countries of the Eastern Bloc, with towering figures like Václav Havel, Jacek Kuroń or Andriej Sacharow. At our conference, we want to look more closely at how the figure of the “dissident” became constructed and solidified across the Iron Curtain and after the fall of the Soviet Union. We will focus on practices, techniques, and media settings which (co)produce the dissident as a (mostly male) “truth figure” (Kleeberg 2019), which includes practices of staging oneself, and ways of embodying the (epistemic) values and virtues associated with this figure. As truth figures are historically heterogeneous, so is “the dissident,” varying from person to person, group to group, from country to country, and changing over time which itself is a matter of our inquiry. Yet, as a truth figure, it became an important point of reference, used as self-designation by a variety of people from different poles of the political spectrum, not only across Soviet and Post-Soviet space. Central Europe, for instance, in the 1990s witnessed a mushrooming of dissidents, who had not been identifiable as such before. Obviously, a specific relation to truth is crucial for the figure of the dissident not only as it is understood today: from ancient parrhesiastes to today's dissidents, speaking the truth to power, being “true to oneself,” “living the truth,” has been essential.
11.12.2020-12.12.2020 | Online | Forschungsstelle PECEE
The online seminar is a fifth event organized by the Erfurt/Leipzig/Moscow working group on Political Epistemologies of (Eastern) Europe and focusses on academic authority and the scholar as the central figure of knowledge production. Observing a basic diversity and continuous transformation of epistemologies along with the emergence as well as destabilization or decline of epistemic authorities, the seminar discusses the history of epistemological shifts in Central and Eastern Europe over the past fifty years. While directing its gaze at a recently contested expert of knowledge production – the scholar, it aims to investigate historical challenges of (academic) scholarship’s role as the paramount producer of scientific truth.