Wissenschaftliche Partnerschaft mit Äthiopien
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Seit 2014 kooperiert die Professur für Globalgeschichte eng mit dem Department of History and Heritage Management der Mekelle University sowie mit anderen ausgewählten äthiopischen Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen vor Ort. Diese Kooperation wird inzwischen von Vielen getragen und umfasst Forschung und Lehre: Anfänglich waren es vorrangig an die Gothaer Sammlungen anknüpfende Studien zur Geschichte des 19. Jahrhunderts, inzwischen hat sich die gemeinsame Arbeit aber auch auf den Bereich der Zeitgeschichte hin ausgeweitet.
Für großzügige finanzielle Unterstützung danken wir dem Internationalen Büro der Universität Erfurt, der Fritz Thyssen Stiftung sowie der Ernst Abbe Stiftung – schließlich verbindet sich die Initiative eng mit dem Engagement ehemaliger Stipendiat*innen des Herzog-Ernst-Stipendienprogramms, das wir nun, seit 2021, auch was die enge Kooperation mit äthiopischen Wissenschaftler*innen anbelangt, am neu gegründeten Forschungskolleg Transkulturelle Studien / Sammlung Perthes weiterführen. Überdies danken wir der Gerda Henkel Stiftung, die es uns seit Herbst 2021 mit ihrer großzügigen Förderung ermöglicht hat, unsere enge Kooperation und unsere gemeinsame Forschung auch in Zeiten des Krieges und in der schwierigen, nach wie vor prekären und teilweise gewalthaften Nachkriegszeit unter veränderten Vorzeichen fortzusetzen.
Bild: Statue auf dem Adi-Haqi Campus der Mekelle University © Peter Nadig
2024
Auch im Jahr 2024 ist die Lage in Äthiopien noch immer von Unruhe sowie von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen geprägt. Die Nachwirkungen des Krieges in Tigray sind unübersehbar, vor allem die prekäre wirtschaftliche Situation, die gravierende humanitäre Folgen hat – von der schwierigen Situation an der Universität Mekelle einmal ganz zu schweigen. Gewalthafte Übergriffe haben zudem in weiteren Teilen des Landes um sich gegriffen, die Sicherheitslage ist in manchen Regionen sehr fragil. Umso mehr danken wir der Gerda Henkel Stiftung für die fortlaufende Unterstützung auch im Jahr 2024, die es den äthiopischen Fellows erlaubt, die Arbeit an ihren Promotionsvorhaben fortzusetzen.
Ende März 2024 konnten wir mit dem Mediävisten Yohannes Gebreselassie Shane am Forschungskolleg Transkulturelle Studien einen Neuzugang verzeichnen: Als Gerda Henkel Fellow arbeitet Yohannes an seiner Dissertation zu „Kaleb, King of Aksum (6th Century AD): Construction of his Image in Ethiopian Written and Oral Traditions“, die von Prof. Dr. Sabine Schmolinsky betreut wird. Im April durften wir ebenso Admasu Abebe Haile erneut am Forschungskolleg begrüßen. Er kam im Rahmen des Herzog Ernst Stipendienprogramms für vier Monate nach Gotha, um hier weiter an sein Postdoc-Projekt „Beyond Cartography: Revisiting Antoine d'Abbadie's Studies in Making ‘Enset’ Culture (1840s–1890s)“ zu arbeiten.
Anstelle einer Jahrestagung fanden in diesem Jahr mehrere dezentrale, erneut von der Gerda Henkel Stiftung geförderte Workshops statt. Das erste dieser Treffen, organisiert von Wolbert Smidt, war in Hendaye (Frankreich). Im Zentrum standen die Arbeiten von Antoine d'Abbadie (1810–1897). Der besondere Ort, das Château d'Abbadia, der spätere Wohnort d’Abbadies, inspirierte die Diskussionen der Teilnehmenden, die in ihren Beiträgen der Frage nachgingen, wie die reiche Überlieferung Abbadies für eine neue Historiographie Äthiopiens genutzt werden kann.
Ein zweiter Workshop folgte im Mai am Forschungskolleg Transkulturelle Studien. Unter dem Titel “Mapping the Red Sea” diskutierte eine international zusammengesetzte Gruppe die historischen Kartographien des Roten Meeres sowie die dazugehörigen historischen, sozialen und kulturellen Verknüpfungen des Meeres als Verbindungsraum im langen 19. Jahrhundert. Im Mittelpunkt stand hierbei auch der historische Wandel im Zuge der ausgreifenden kolonialen Ambitionen der Europäer, die das Meer alsbald zu einem der wohl wichtigsten „Highways of Empire“ avancieren ließen.
In die Arbeit am Forschungskolleg sind die äthiopischen Fellows auch weiterhin eng eingebunden: So publizierten Samuel Kidane Haile und Zegeye Woldemariam Ambo jeweils eigene Beiträge im Forschungsblog „Karafas – Mapping Africa and Asia“. Überdies präsentierten Zegeye Woldemariam Ambo und Admasu Abebe Haile ihre Studien zu politischen Grenzen im Forschungsseminar „Karten – Wissen – Grenzen“, das im Sommersemester am Forschungskolleg stattfand. Last but not least hat eine Arbeitsgruppe zum Thema “Selbstzeugnisse zwischen Nordostafrika und Europa” ihre Arbeit aufgenommen, um gemeinsam zu schreibende Tandemsaufsätze vorzubereiten
Im September 2024 hat Samuel Kidane Haile als erster Fellow der Deutsch-äthiopischen Stipendieninitiative erfolgreich seine Dissertation mit dem Titel „Historical Sources, Oral Traditions, and Interpretations on the Period of Ras Sihul Mikael (1692–1780)“ abgeschlossen.
Ferner beteiligten sich Zegeye Woldemariam Ambo, Fesseha Berhe Gebergegergis und Samuel Kidane Haile Ende September 2024 mit eigenen Beiträgen an der 22. wissenschaftlichen Konferenz „Orbis Aethiopicus“, die in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Forschungskolleg Transkulturelle Studien stattfand. Die Konferenz, organisiert von Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate und Dr. Klaus Bettin, wurde anlässlich des 400. Geburtstags von Hiob Ludolf in diesem Jahr in Gotha abgehalten.
Im Oktober ist mit Aychegerew Hadera Hailu (Bahir Dar University) ein Zeithistoriker zu uns nach Gotha und an das Historische Seminar der Universität Erfurt gekommen. Aychegerew ist einer unser engsten Kooperationspartner der vergangenen Jahre, war er doch gemeinsam mit Christian Methfessel, Mitveranstalter der Konferenzreihe „Africa and the Global Cold War.“ Im kommenden Jahr wird Aychegerew als Gerda Henkel Fellow zu den diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepulik Deutschland und Äthiopien (1954–1974) forschen.
Bilder: Workshop in Hendaye, v.l.n.: Fesseha Berhe Gebregergis, Samuel Kidane Haile, Prof. Dr. Iris Schröder, Dr. Admasu Abebe Haile, Adj. Prof. Wolbert Smidt, Zegeye Woldemariam Ambo, Mearg Abay, Yohannes Gebreselassie Shane, Mitiku Gabrehiwot Tesfaye © privat | Impressionen des Workshops “Mapping the Red Sea” © Bereket Hasen Beddecha
2023
Ungeachtet des Friedensvertrags, unterzeichnet in Pretoria im November 2022, setzte die Gewalt vor Ort nicht aus. Nachrichten von nicht nachlassenden politischen Spannungen, unkalkulierbaren gewaltvollen Übergriffen sowie einer sich immens verschärfenden Hungerkrise bestimmten die Nachrichten, trotz der großen Hoffnung auf Frieden vor Ort. Auch 2023 waren wir daher dankbar dafür, dass Samuel Kidane Haile, Zegeye Woldemariam Ambo, Fesseha Berhe Gebregergis und Bereket Hasen Beddecha weiterhin im Rahmen der Deutsch-äthiopischen Stipendieninitiative der Gerda-Henkel-Stiftung ihre Promotionen am Forschungskolleg fortsetzen konnten. Zudem durften wir Dr. Teferi Mekonnen Bekele (Addis Ababa University) als Herzog-Ernst-Stipendiat in Gotha begrüßen, der hier zu seinem Postdoc-Projekt „A Geo-history of the Source Region of the Abbay (Blue Nile) River in the Nineteenth and Twentieth Centuries“ forschte.
Bild: Gruppenbild des Forschungskollegs Transkulturelle Studien im Sommer 2023 © privat.
Die inzwischen langjährige Kooperation mit dem Department of History and Heritage Management der Universität Mekelle und dem Forschungskolleg diente dem Forschungsblog „WortMelder“ der Universität Erfurt zum Anlass einmal genauer nachzufragen. Sie wollten wissen, wie die äthiopischen Kollegen forschen, und zwar auch mit den Beständen der Sammlung Perthes:
- Interview mit Zegeye Woldemariam Ambo
- Interview mit Fesseha Berhe Gebregergis
- Interview mit Samuel Kidane Haile
Am 21. März 2023 hatte der Zeithistoriker Prof. Dr. Michael Wildt die äthiopischen Stipendiaten zu einem Studientag an die Humboldt-Universität nach Berlin eingeladen. Unter dem Titel „Contested Histories“ wurden mit Beispielen aus Deutschland und Äthiopien Erinnerungspolitik und Erinnerungsdiskurse beider Länder diskutiert. Im Anschluss besuchten die Wissenschaftler:innen gemeinsam das Denkmal für ermordete Juden Europas und den Erinnerungsort Topographie des Terrors. Wenige Wochen später erwiderte Michael Wildt den Besuch und stellte in Gotha seine neue Monographie „Zerborstene Zeit“ vor.
Im Mai 2023 fand zum zweiten Mal die Jahrestagung der Deutsch-äthiopischen Stipendieninitiative am Forschungskolleg Transkulturelle Studien in Gotha statt. Elf der derzeit in Europa forschenden äthiopischen Henkel Fellows kamen anlässlich dessen zusammen, um ihre laufenden Forschungen zu diskutieren. Ein Besuch in der Forschungsbibliothek Gotha stieß auf große Resonanz, insbesondere die von Dr. Feras Krimsti präsentierten äthiopischen Manuskripte der Orientalia-Sammlung fanden größte Aufmerksamkeit. Doch auch die gegenwärtige Situation in Tigray sowie die Möglichkeiten, den Krieg und die Gewalt vor Ort zu beenden, stand auf der Agenda – ein Thema das alle bewegte. Ausgerichtet zugleich als Teil der Vortragsreihe „Frieden schaffen?“ des Historischen Seminars, diskutierten in einer öffentlichen Abendveranstaltung die ehemalige Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in Äthiopien, Brita Wagener, der Erfurter Völkerrechtler Michael Riegner, der Architekt und Anthropologe Dr. Alula Tesfay sowie der Künstler Michael Hailu in der gut besuchten Gothaer Schlosskirche über die unterschiedlichen Erfahrungen des Krieges, die Friedenshoffnungen und -erwartungen vor Ort sowie die vielfach schwierigen Wege und Umwege des nun begonnenen Prozesses des Peacekeeping.
Bilder: Impressionen von der zweiten Jahrestagung der Deutsch-äthiopischen Stipendieninitiative.
Im Oktober startete am Forschungskolleg Transkulturelle Studien ein neues durch die Gerda-Henkel-Stiftung gefördertes Forschungsprojekt zum Thema „Geographie und Politik zwischen Nordostafrika und Europa. Selbstzeugnisse als Zugang zu einer relationalen Wissensgeschichte“, das eng an die bestehende Partnerschaft mit Äthiopien und die Deutsch-äthiopische Stipendieninitiative geknüpft ist. Mit diesem Projekt sollen insbesondere die Briefe deutscher Reisender aus Nordostafrika, die sich in der Sammlung Perthes befinden, näher erforscht werden. Dafür wird auch eine Arbeitsgruppe aus deutschen und äthiopischen Wissenschaftler:innen eingerichtet.
Das Jahr schloss mit einem Besuch des Dean of Bonga College of Education (Kafa), Antenneh Ayele, am Forschungskolleg im Dezember 2023. Die Einladung war auf Vermittlung des Gothaer Henkel Stipendiaten Zegeye Woldemariam erfolgt. Antenneh Ayele besuchte die Sammlung Perthes und konsultierte dort einschlägige Karten Kafas, um sich mit den Verbindungen zwischen Gotha und Kafa vertraut zu machen. Darüber hinaus galt sein Besuch dem Erfahrungsaustausch für den Aufbau eines Masterstudiengangs in Bonga. Anlässlich eines Treffens am Campus Erfurt wurden weitere Kooperationsmöglichkeiten und gemeinsame Forschungsthemen sondiert.
2014 - 2022
2022
Das Jahr 2022 war für unsere Kooperation ein ereignisreiches Jahr, wobei uns die andauernden gewalthaften Auseinandersetzungen im ganzen Land sowie die Hungerkrise in Tigray nach wie vor sehr bewegen. Verlässliche Nachrichten erhalten wir nur spärlich. Dennoch sorgen wir uns sehr um unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Freundinnen und Freunde sowie um ihre Familien.
Im Februar konnten wir zwei Herzog-Ernst-Stipendiaten am Forschungskolleg begrüßen: In seinem Dissertationsprojekt zum Dawuro Kingdom vor 1889 hat sich Admasu Abebe Haile (Madda Walabu University) anhand der Gothaer kartographischen Überlieferung mit den historischen Grenzbefestigungen, den „Great Dawuro Walls (kati Halala Kella)“ befasst; außerdem forschte Alula Yohannes Tadesse (Addis Abeba University) über mittelalterliche gelehrte äthiopische Chroniken als potentielle Quellen für die Kartographien Äthiopiens im 19. Jahrhundert.
Bild: Äthiopische Kaffeezeremonie beim Sommerfest 2022 des Gothaer Vereins GothAdua e.V. © Otto Eismann
Dank der großzügigen Förderung der Deutsch-Äthiopischen Stipendieninitiative (ResScholarGE) durch die Gerda Henkel Stiftung arbeiten außerdem vier äthiopische Promovierende am Forschungskolleg Transkulturelle Studien: Samuel Kidane Haile (Mekelle University) forscht hier zu seinem Dissertationsprojekt „Historical Sources, Oral Traditions and Interpretations on the Period of Ras Sihul Mikael 1692-1780“, während Zegeye Woldemariam Ambo (Mekelle University/ Bonga Teacher’s College) die Arbeit an seiner Dissertation zum Thema „The Kingdom of Kafa: An Ecological and Political Ethnohistory from the late 14th to the early 20th centuries“ fortsetzt. Im Herbst 2022 kehrte außerdem Fesseha Berge Gebregergis (Mekelle University) nach Gotha zurück, um seine ethnohistorische Dissertation zu den „Dobᶜa of Ethiopia“ abzuschließen. Alle drei sind ehemalige Stipendiaten des Gothaer Herzog-Ernst-Stipendienprogramms. Mit Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung ist ferner Bereket Hasen Beddecha (Mekelle University) als Gastwissenschaftler am Forschungskolleg assoziiert. Seine Dissertation zum Thema „Political Communication Strategy and Diplomacy: The Ethiopian war and the country's communication and diplomatic crisis“ ist an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt im Bereich Medien- und Kommunikationswissenschaft verankert.
Ende August erreichte uns die traurige Nachricht vom plötzlichen Tod unseres Kollegen Alexander Thumfahrt. Alexander war von Anfang an für unsere Kooperation ein wichtiger Begleiter, der das Herzog Ernst Stipendienprogramm aktiv mitgestaltete und an dem wissenschaftlichen Austausch regen Anteil nahm. Auch bei unserer Konferenz- und Studienreise 2019, die uns über Addis Abeba, nach Mekelle und nach Bahir Dar führte, war er dabei: als Wissenschaftler, als neugieriger, stets kritischer Begleiter und als Freund. In diesem Sinne werden wir die Erinnerung an die gemeinsamen Zeiten mit ihm für immer bewahren.
Bild: Danakil Desert © Manfred Weber
Im Herbst 2022 standen bei uns zwei Tagungen auf dem Programm: Zum einen fand Ende September die Tagung „Africa and the Global Cold War III" in Erfurt statt, zum anderen richtete das Forschungskolleg Transkulturelle Studien Ende Oktober die erste Jahrestagung der Deutsch-äthiopischen Stipendieninitiative aus, zu der wir die anderen bereits in Europa studierenden und forschenden Fellows, die u.a. in Frankfurt, Hamburg, Mainz, München, Paris und Würzburg arbeiten, nach Gotha zu einem Vernetzungstreffen eingeladen haben. Die Deutsch-äthiopische Stipendieninitative geht auf den ehemaligen Herzog-Ernst-Stipendiaten Wolbert Smidt (Friedrich-Schiller-Universität Jena/ Mekelle University) zurück: Dabei zielt das Programm auf die Förderung junger Nachwuchswissenschaftler*innen und Forschungsassistent*innen, die sich mit ihren Arbeiten in bereits bestehende deutsch-äthiopische Kooperationsvorhaben einschreiben. Dank der großzügigen Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung werden derzeit dreizehn Nachwuchswissenschaftler*innen der Universität Mekelle mit einem Stipendium gefördert, um ihre laufenden wissenschaftlichen Arbeiten an europäischen Universitäten fortzusetzen. Bei der durch das Forschungskolleg Transkulturelle Studien organisierten Jahrestagung, gaben die Stipendiaten einen umfassenden Einblick in ihre historischen, anthropologischen, geographischen und künstlerischen Arbeiten.
Bilder: Empfang am Forschungskolleg; Gruppenbild Jahrestagung der Deutsch-äthiopischen Stipendieninitiative © Dr. Alula Tesfay
2021
Die Sorge um die kriegerischen Auseinandersetzungen in Äthiopien begleitete leider auch zu Beginn des Jahres 2021 die Kooperationsaktivitäten mit unseren äthiopischen Partnern. In dieser Zeit war es eine Ermutigung für uns, dass trotz der widrigen Umstände mit Samuel Kidane Haile ein Doktorand der Mekelle University im Juni einen Forschungsaufenthalt als Herzog-Ernst-Fellow am neu gegründeten Forschungskolleg Transkulturelle Studien antreten konnte. Dort forscht er mit Beständen der Sammlung Perthes zu seinem Projekt „Bambilo Milash, Alawha Milash and Marab Milash in the Setting of Ethiopian History: A Geohistory of Northern Ethiopia in the 18th and 19th Centuries“ als Teil eines größer angelegten Promotionsvorhabens. Zur gleichen Zeit traf auch Aychegrew Hadera Hailu in Gotha ein, der als Herzog-Ernst Fellow zum Thema „A History of the Qemant“ arbeitet. Aychegrew Hadera Hailu war bis 2019 Assistant Professor an der Mekelle University und hat dort entscheidend an unseren Kooperationsaktivitäten mitgewirkt. Inzwischen ist er an der Bahir Dar University tätig, sodass sein Besuch auch zum Ausbau unserer jüngst initiierten Kooperation mit dieser Universität beiträgt.
Bilder: Begrüßung der Herzog-Ernst-Stipendiat*innen 2021 © Claudia Berger
In Anbetracht der andauernd schwierigen Lage sind wir darüber hinaus dankbar für die im November 2021 erfolgte Zusage der Gerda Henkel Stiftung, unsere Zusammenarbeit mit der Mekelle University im Rahmen ihres Schwerpunkts Patrimonies zu fördern. Mithilfe dieser Unterstützung können wir unser Stipendienprogramm erweitern und so unsere gemeinsamen Forschungsaktivitäten zu den Beständen der Sammlung Perthes weiter fortsetzen. Das wiederum schafft neue Chancen für unsere wissenschaftlichen Partner, die unter den schweren Beschädigungen der wissenschaftlichen Infrastruktur und den Einschränkungen des akademischen Lebens in der Krisenregion im vergangenen Jahr stark gelitten haben.
2020
Das Jahr 2020 war für unsere Kooperation ein schwieriges Jahr. Wir hatten die Ankunft zweier Stipendiaten aus Mekelle und Bahir Dar erwartet. Beide sollten im Frühjahr mit einem Herzog-Stipendium nach Gotha reisen, um in der Sammlung Perthes zu forschen; beide konnten jedoch aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht kommen. Im Mai erreichte uns dann über den Verein GothAdua die Nachricht über eine wachsende Nahrungsmittelknappheit im Norden Äthiopiens; ab Ende September eskalierte sodann der politische Streit zwischen der Landesregierung von Tigray und der Bundesregierung in Addis. Seit Anfang November wird im Norden Äthiopiens ein Krieg geführt, dessen Ende derzeit nicht abzusehen ist.
Anfang Dezember lud das Historische Seminar der Universität Erfurt zu einer Diskussionsveranstaltung über den Konflikt ein. Auf dem virtuellen Podium erörterten Jalale Getachew Birru (Erfurt), Habtom Kahsay Gedey (München) und Wolbert Smidt (Jena/ Mekelle) die überaus schwer zu fassende Lage. Dabei thematisierten und problematisierten sie die gewählten Begriffe und Narrative sowie die widerstreitenden Legitimationsstrategien, die den Einsatz von Gewalt rechtfertigen sollen. Ferner standen die oft hochgradig emotionalisierte und unzureichende Medienberichterstattung auf der Agenda sowie die große Sorge um Angehörige und Freunde. Alles in allem, dies unterstrichen alle, sei die Situation unklar aufgrund der umfassenden kommunikativen Abriegelung des Bundeslands Tigray. Einen nachhaltigen Frieden in der Region und auch im ganzen Land wiederherzustellen, sei ein langer Weg: Der weitere Aufbau eines föderativen Äthiopien, das die breite ethnische Diversität anders anerkennt als bisher geschehen – so wurde es auch in der anschließenden Diskussion mit dem zahlreich erschienenen Publikum deutlich –, sei gleichwohl nur ein Baustein. Um das Land umfassend zu befrieden, müsse dies mit weitreichenden Demokratisierungs- und Bildungsbestrebungen einhergehen.
Weitere Informationen:
- WortMelder
- Stellungnahme der Vereinigung für Afrikawissenschaften in Deutschland (VAD)
- Appell an die Europäische Union
Bild: Nordtigray © Manfred Weber
2019
Im März 2019 fand in Mekelle die Nachfolgekonferenz „Africa and the Global Cold War II“ statt. Neben dem Department of History and Heritage Management konnte erstmals auch das Department of Political Science and Strategic Studies der Mekelle University für die Programmgestaltung gewonnen werden. Verbunden mit dem Ziel neue Perspektiven für die interdisziplinäre Forschung zum Kalten Krieg in Afrika zu eröffnen, lag der thematische Schwerpunkt dieser Tagung auf den Veränderungen und Kontinuitäten der afrikanischen Beziehungen zu externen Akteuren. Im Anschluss an die Konferenz wurden zukünftige Kooperationsaktivitäten mit Mitgliedern der Mekelle University diskutiert. Darüber hinaus ergab sich im Rahmen einer Studienreise die Möglichkeit, Kontakte zur Universität Bahir Dar zu knüpfen.
Bilder: Iris Schröder auf dem Adi-Haqi Campus der Mekelle University © Ned Richardson-Little / Vortrag Solomon Abraha zum Thema „Reckoning with the Post-Cold War, the End of Liberal Internationalism, the Era of Strongman and the Horn of Africa: Changes, Continuities and Context“, Theater Hall, Adi-Haqi Campus © Paul Sprute / Adi-Haqi Campus, Mekelle University © Franziska Rantzsch / Aychegrew Hadera spricht auf der Konferenz zum Thema „Development Interventions in the Kobo-Alamata Valley: 1960s-2017“, Theater Hall, Adi-Haqi Campus © Franziska Rantzsch / Teilnehmende der Konferenz „Africa and the Global Cold War II“ vor der Theater Hall, Adi-Haqi Campus © Paul Skäbe / Main Campus der Bahir Dar University © Ned Richardson-Little
Im Rahmen des Herzog-Ernst-Stipendienprogramms konnte in diesem Jahr von März bis Juli Zegeye Woldemariam Ambo, Doktorand an der Mekelle University, für sein Projekt „The Kingdom of Kafa: An Ecological and Political Ethnohistory from the late 14th to the early 20th centuries“ mit den Beständen der Sammlung Perthes arbeiten.
Darüber hinaus konnten wir unsere ehemaligen Stipendiaten Fesseha Berhe Gebregergis und Wolbert Smidt erneut in Gotha begrüßen. Beide wirkten auf dem 4. Alumnitreffen des Herzog-Ernst-Stipendienprogramms, zugleich internationale Tagung zum Thema „Ulrich Jasper Seetzens Reise nach Vorderasien. Neue Ansätze der Reiseforschung“ als Vortragende aktiv mit.
Im Sommer 2019 wurde in Addis Abeba die von Gothaer Sammlungs- und Forschungseinrichtungen gestaltete internationale Ausstellung „Das Äthiopien der Kartenmacher“ gezeigt und stieß dabei auf großes Interesse. Die Ausstellung wurde vom Forschungsprojekt ETHIOMAP, das am Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt, der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) in Paris sowie der Mekelle University in Äthiopien angesiedelt ist, mit Unterstützung der Forschungsbibliothek Gotha organisiert. Die nächsten Stationen der Ausstellung stehen schon fest: Nach Addis Abeba soll sie in der Alliance éthio-française in der äthiopischen Stadt Dire Dawa gezeigt werden und im Anschluss an mehreren äthiopischen Universitäten.
Bilder: Kartenausstellung in Addis Abeba © Wolbert Smidt
Im November/Dezember 2019 hielt sich Felix Schürmann auf Einladung des Department of History and Heritage Management als Gastdozent an der Universität Bahir Dar auf. Neben der Anleitung eines Methodenworkshops für Promovierende trug er dort über die Bedeutung von Naturpolitik für die Geschichte der Dekolonisation in Afrika vor. Zudem besuchte Felix Schürmann das Martyrs Memorial Monument Museum Bahir Dar und hat seine Eindrücke in einer Rezension für uns festgehalten.
Bilder: Bahir Dar © Felix Schürmann
2018
Im März 2018 reiste Christian Methfessel auf Einladung des Department of History and Heritage Management nach Mekelle, um eine Gastdozentur wahrzunehmen. Sein öffentlicher Vortrag zum Thema „Depictions of the Battle of Adwa in the English and German Press“ stieß dort auf große Resonanz – nicht zuletzt wegen des in Äthiopien alljährlich festlich begangenen Gedenktags an die Schlacht von Adua am 2. März 1896.
Im April kehrte Fesseha Berhe Gebregergis für sechs Monate als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Forschungscampus Gotha zurück, um im Rahmen des Projekts ETHIOMAP zu arbeiten und seine Forschungen zu den Dobᶜa auch mit den Gothaer Materialien weiterzuführen. Seiner Unterstützung verdanken wir viel, in Mekelle wird er nach seiner Rückkehr gemeinsam mit Aychegrew Hadera Hailu als Ansprechpartner für die weitere Kooperation fungieren.
Bild: Christian Methfessel im Gespräch mit Haile Muluken Akalu in Mekelle © Peter Nadig
Im Juli bildete die Tagung „Africa and the Global Cold War“ den offiziellen Auftakt für eine engere Kooperation in der Forschung zur internationalen Geschichte des Horns von Afrika. Aychegrew Hadera Hailu, Assistant Professor am Department of History and Heritage Management, vertrat hier die Mekelle University in der Konferenzleitung. Der Workshop diente erneut dazu, offene Forschungsdesiderate zu identifizieren und weiterführende Fragen zu entwickeln. In den anschließenden Arbeitsgesprächen verständigten sich die Beteiligten der beiden Partneruniversitäten Eckpunkte für die zukünftige Kooperation in diesem Themenfeld.
Die Vereinbarungen betreffen auch das im Oktober 2018 beginnende, von der Fritz Thyssen Stiftung geförderte Forschungsprojekt „Annexionen und Sezessionen im Zeitalter des globalen Kalten Kriegs“ von Christian Methfessel. Schon die Konzeption des Projekts profitierte von dem Austausch mit den äthiopischen Kollegen, entsprechend ist künftig eine enge Verschränkung mit den gemeinsamen Aktivitäten zur Erforschung des Kalten Kriegs in Afrika geplant.
Bilder: Vortrag Aychegrew Hadera Hailu / Vortrag Iris Schröder / Abschlusskommentar Achim von Oppen © Philipp Metzler
Die Universität Mekelle war in diesem Jahr Anfang Oktober Gastgeber der 20. International Conference of Ethiopian Studies. Auf einem von Wolbert Smidt und Eloi Fiquet organisierten Panel zu „Cartographies and Itineraries“ hat Iris Schröder Forschungen zur Gothaer Kartographie präsentiert. Im Anschluss an die Konferenz fand in Wukro der diesjährige Jahresworkshop des Projekts Ethiomap statt.
Bilder: 20. International Conference of Ethiopian Studies in Mekelle / Landschaft um Wukro / Wukro / Fesseha Berhe Gebregergis und Wolbert Smidt / Blick aus dem Axum Hotel in Mekelle / Iris Schröder mit Mitarbeitern der Mekelle University © Iris Schröder
2017
Im April 2017 kam Haile Muluken Akalu, Assistant Professor am Department of History and Heritage Management der Mekelle University, als Herzog-Ernst-Stipendiat nach Gotha. Für sein Postdoc Projekt „Pre-colonial, Colonial and Postcolonial Cartographic Trajectories Underpinning Ethiopia’s Boundary Conflicts with Somalia and the Sudan“ beschäftigt er sich mit der Dynamik von Grenzstreitigkeiten am Horn von Afrika, wofür er die Bestände der Forschungsbibliothek umfänglich nutzte.
Der von Haile Muluken Akalu maßgeblich geförderte Besuch einer Delegation der Mekelle University an der Universität Erfurt im Juni 2017 bot die Gelegenheit, sich intensiv über weitere gemeinsame Forschungsinteressen auszutauschen. Den Abschluss des Besuches der äthiopischen Kollegen bildete der von Haile Muluken Akalu und Christian Methfessel organisierte Workshop „Peace and Conflict in the Horn of Africa: National, Regional and Global Factors“. Dabei kristallisierte sich in den Gesprächen die internationale Geschichte Afrikas und insbesondere der Kalte Krieg am Horn von Afrika als vielversprechendes Feld für gemeinsame Aktivitäten und Projekte heraus. Zudem wurden weitere zeithistorische Forschungsfelder identifiziert, etwa zu Diktaturen, die sich in Mekelle mit der historischen Auseinandersetzung mit dem DERG-Regime sowie in Erfurt mit Arbeiten zu den beiden deutschen Diktaturen verbinden lassen. In Anbetracht der deutsch-äthiopischen Beziehungen sowie später zwischen dem sozialistischen Äthiopien und der DDR vereinbarten die Beteiligten ihre gemeinsamen Forschungen auch in diesem Bereich zu intensivieren.
Bild: Delegationsbesuch der Mekelle University © Universität Erfurt
Im Herbst 2017 widmeten sich die 8. Gothaer Kartenwochen den erstaunlich vielfältigen Spuren Äthiopiens in den Gothaer Sammlungen. Der einzigartige Gothaer Fundus zur Äthiopienkartographie stand im Mittelpunkt einer von Wolbert Smidt kuratierten Kabinettausstellung, hinzu kam ein breites Veranstaltungsprogramm, innerhalb dessen die Tagung „Ethiopia and Its Neighbours on Maps. Local Knowledge, Territorial Constructions and International Map Making“ erste Ergebnisse des Projekts ETHIOMAP mit einem internationalen Fachpublikum diskutierte.
2016
Als Herzog-Ernst-Stipendiat kam 2016 Fesseha Berhe Gebregergis, Assistant Professor am Department of History and Heritage Management, nach Gotha. Seinen Aufenthalt nutzte er, um für sein Projekt „Research on Historical Maps to Examine the Developments of the Lowland-Highland Territorial Concepts in Northern Ethiopia with the Example of the Dobᶜa“ intensiv mit den Beständen der Sammlung Perthes zu arbeiten; darüber hinaus unterstützte er die gemeinsame Lehrveranstaltung von Wolbert Smidt und Iris Schröder zum „Heiligen Land in Afrika“, die ihren Schwerpunkt auf die Äthiopienkarten der Sammlung Perthes legte.
Überdies startete im gleichen Jahr das von Wolbert Smidt und Eloi Fiquet am Forschungscampus Gotha verankerte Kooperationsprojekt „Kartographische Quellen und Territoriale Transformationen Äthiopiens seit dem späten 18. Jahrhundert“ (ETHIOMAP), das Forschende der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS/Paris), der Mekelle University und der Universität Erfurt zusammenführte. Gefördert wurde das Vorhaben durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Agence Nationale de la Recherche (ANR).
Anknüpfend an diesen gemeinsamen Forschungszusammenhang nahm Iris Schröder von Dezember 2016 bis Januar 2017 eine Gastprofessur für das PhD-Programm des Department of History and Heritage Management in Mekelle an.
Bild: Abessinien, Ausschnitt aus: Hermann Berghaus, Chart of the World, 6. Auflage, Gotha: Justus Perthes 1871 © Forschungsbibliothek Gotha
2015
Im Frühjahr 2015 reiste Iris Schröder nach Mekelle zur Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding. Diese offizielle Kooperationsvereinbarung, die zwischen der Mekelle University und der Universität Erfurt geschlossen wurde, sollte einen Rahmen für weitere Aktivitäten bieten. So verständigten sich die Beteiligten über die gemeinsamen Forschungsaktivitäten zur Kartographiegeschichte hinaus auch über einen Austausch von Lehrenden.
2014
Am Anfang standen die außergewöhnlichen Bestände zur Äthiopienkartographie – ein bis dato weitgehend unbekannter Teil der Sammlung Perthes –, die Wolbert Smidt, Associate Professor in Mekelle, im Jahr 2014 als Herzog-Ernst-Stipendiat nach Gotha führten. In Zusammenarbeit mit Wolbert Smidt wurde das außergewöhnliche Potenzial der Gothaer Sammlungen rasch deutlich, bietet die Sammlung Perthes doch eine Fülle bislang kaum bekannter Quellen für die Erforschung der Geschichte des Horns von Afrika. Entsprechend zeichnete sich bald die Idee einer breiter angelegten Forschungskooperation ab.