Publikationen
Hier finden Sie die aktuellen Publikationen der Mitarbeiter*innen der Professur für Neuere und Zeitgeschichte und Geschichtsdidaktik.
Der Entstehungsprozess des Motion Comics "Ghost Train"
Neue Publikationen von Dr. Grit Bühler
Themenheft Zeithistorische Forschungen: Ausweisen – Rückführen – Abschieben (1/2023)
Gemeinsam mit Jannis Panagiotidis hat Florian Wagner ein Themenheft zur Geschichte von Ausweisungen und Abschiebungen in Deutschland herausgegeben. Im Zentrum steht die Geschichte von Migration(sverhinderung) und geht weit darüber hinaus. So gibt es Beiträge zur Weimarer Republik, zu Flughäfen und Pushbacks, zu PoC und dem Entstehen der deutschen Abschiebegesetze in der frühen Bundesrepublik, zu Abschieblagern und der europäischen "Demigrationspolitik" in Nordafrika und zum Bleiberecht.
In seinem eigenen Beitrag untersucht Florian Wagner die historische "Entstehung eines bundesdeutschen »Abschieberegimes«" in der BRD zwischen 1949 und 1989:
Weiterhin gibt es zwei weitere Blog- und Zeitungsbeitrag von und mit Florian Wagner aus tagesaktuellem Anlass zum Begriff der "Remigration":
Die DDR nach der DDR. Ostdeutsche Lebenserzählungen
Agnès Arp, Élisa Goudin-Steinmann: Die DDR nach der DDR. Ostdeutsche Lebenserzählungen, Gießen 2022.
Die französischen Historikerinnen Agnès Arp und Élisa Goudin-Steinmann gehen der Frage nach, wie die DDR als Gesellschaft im Leben der Ostdeutschen bis heute nachwirkt. Die von ihnen mit ehemaligen DDR-Bürger*innen geführten lebensgeschichtlichen Interviews lassen Nähe und Unmittelbarkeit, Zwischentöne und Differenzierungen zu – jenseits der einseitigen öffentlichen Wahrnehmung unter dem Stichwort »Leben in der Diktatur«.
Nachdem die Schilderungen von Entwertung, Wiederaneignung und Aufwertung ostdeutscher Lebenswege bereits in Frankreich auf positive Resonanz stießen, eröffnet sich nun auch einer west- wie ostdeutschen Leserschaft eine vielfältige Sicht auf wichtige Themen wie Bildungschancen, Geschlechterverhältnisse, Umgang mit Kunst und Kultur oder Möglichkeiten politischer Teilhabe und deren Deutung im vereinigten Deutschland.
Aus dem Französischen von Claudia Steinitz
Eigenmächtig, frauenbewegt, ausgebremst. Der Demokratische Frauenbund Deutschlands und seine Gründerinnen (1945–1949)
Grit Bühler: Eigenmächtig, frauenbewegt, ausgebremst. Der Demokratische Frauenbund Deutschlands und seine Gründerinnen (1945–1949), Frankfurt/ New York 2022.
Anhand von neu erschlossenen Quellen und Binnenperspektiven rekonstruiert Grit Bühler die ebenso energiegeladene wie konfliktreiche Gründerinnenzeit des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) in Berlin und der SBZ. Meist schon vor 1933 frauenpolitisch engagiert, erhoben die Protagonistinnen nach 1945 den Anspruch, als überparteiliche »neue demokratische Frauenbewegung« in allen Bereichen der Gesellschaft Fraueninteressen zu vertreten. Einige selbstbewusste, international erfahrene Vertreterinnen des DFD gerieten schon bald zwischen die Fronten von Parteiegoismen, SED-Dominanz, eigenen Ambivalenzen und Kaltem Krieg. Sie bereiteten den Weg für die Gleichberechtigung in der DDR, die keineswegs, entsprechend gängigem Narrativ, rein utilitaristisch begründet oder ein Selbstläufer war, und die bis heute nachwirkt.
Informationen auf der Hompages des Campus Verlags
Rezension von Dr. Heike Amos auf Sehepunkte
Rezension von Prof. Dr. Theresa Wobbe im Open Gender Journal, Bd. 7 (2023)
H-Soz-Kult Rezension von Dr. Jessica Bock (Digitales Deutsches Frauenarchiv, Berlin)
Kindersegen. Der Geburtenrückgang als soziokulturelle Herausforderung für Gesellschaft und Protestantismus (1949–1989)
Marius Heidrich: Kindersegen. Der Geburtenrückgang als soziokulturelle Herausforderung für Gesellschaft und Protestantismus (1949–1989) (= Religion in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 14), Tübingen 2022.
Krisenszenarien der Bevölkerungsentwicklung reichen bis in das 19. Jahrhundert zurück. Dennoch stellte der »massive« Geburtenrückgang der 1960er Jahren eine wichtige Zäsur für die Bundesrepublik Deutschland dar. Die Funktionsfähigkeit des Sozialstaats genauso wie die Stringenz schöpfungs- sowie sozialethischer Anschauungen des Protestantismus hingen unmittelbar auch von stabilen demografischen Verhältnissen ab. Bereits der »Pillenknick« der 1960er Jahre stellte die sozialstaatlichen ebenso wie die gesellschaftlichen Ordnungen auf die Probe. In den anschließenden Debatten thematisierten unterschiedliche Gruppen die Bevölkerungsentwicklung und die mit ihr einhergehenden Wandlungen von Geschlechterrollen, nationalen Identitäten und individuellen Entwürfen der Familienplanung. Marius Heidrich stellt fest, dass für das gesellschaftliche und protestantische Selbstverständnis letztlich zwei Fragen zentral waren: Welche Bedeutung haben Kinder für und in unserer Gesellschaft? Und: Besteht Vertrauen in die Zukunft?
Informationen auf der Hompage des Verlages Mohr Siebeck
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe
Religion in der Bundesrepublik Deutschland
Herausgegeben von Christian Albrecht, Julia Angster, Reiner Anselm, Andreas Busch, Hans Michael Heinig und Christiane Kuller
Die Bedeutung religionskultureller Faktoren für den Aufbau der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft ist groß und wird zunehmend detaillierter erforscht. Die neue Reihe Religion in der Bundesrepublik Deutschland (RBRD) bietet ein Forum für Forschungen, die nach dem Gewicht religionskultureller Dynamiken für die Gesellschafts-, Sozial-, Geistes- und Politikgeschichte der Bundesrepublik fragen oder sich für Rückwirkungen der gesellschaftspolitischen Kontexte auf die Religionssysteme in der Bundesrepublik interessieren.
Die Diakonie und der Subsidiaritätsgedanke Evangelisches Ringen um die Sozialgesetzgebung der Bonner Republik
Luise Poschmann: Die Diakonie und der Subsidiaritätsgedanke. Evangelisches Ringen um die Sozialgesetzgebung der Bonner Republik (= Religion in der Bundesrepublik, Bd. 13), Tübingen 2022.
Die spezielle Form der Zusammenarbeit zwischen der freien Wohlfahrtspflege und der staatlichen Daseinsvorsorge in Deutschland wird gemeinhin als Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips verstanden und kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Die ihr zugrunde liegenden rechtlichen Bestimmungen, die u.a. Zuständigkeiten und Finanzierung regeln, waren allerdings nie unumstritten und mündeten in den 1960er Jahren in einen Verfassungsstreit. Die evangelische Diakonie, damals wie heute einer der zentralen Akteure, positionierte sich in diesen Konflikten nicht immer eindeutig. Luise Poschmann untersucht die Einflussnahme evangelischer Persönlichkeiten, analysiert Motive und Interessen und legt ein besonderes Augenmerk auf die Frage, wie die evangelische Seite ihre Zustimmung zu den umstrittenen rechtlichen Regelungen begründete, während sie gleichzeitig das katholisch gelesene Subsidiaritätsprinzip aus verfassungsrechtlichen, ordnungspolitischen und weltanschaulichen Gründen ablehnte.
Informationen auf der Homepage des Verlages Mohr Siebeck
Religion in der Bundesrepublik Deutschland
Herausgegeben von Christian Albrecht, Julia Angster, Reiner Anselm, Andreas Busch, Hans Michael Heinig und Christiane Kuller
Die Bedeutung religionskultureller Faktoren für den Aufbau der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft ist groß und wird zunehmend detaillierter erforscht. Die neue Reihe Religion in der Bundesrepublik Deutschland (RBRD) bietet ein Forum für Forschungen, die nach dem Gewicht religionskultureller Dynamiken für die Gesellschafts-, Sozial-, Geistes- und Politikgeschichte der Bundesrepublik fragen oder sich für Rückwirkungen der gesellschaftspolitischen Kontexte auf die Religionssysteme in der Bundesrepublik interessieren.
Colonial Internationalism and the Governmentality of Empire, 1893-1982
Was waren die Folgen transimperialer Kooperation zwischen Kolonialmächten und inwiefern prägte ihre Zusammenarbeit noch heute neokolonialen Strukturen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Florian Wagner, Akademischer Rat für Europäische Geschichte in Globaler Perspektive an der Universität Erfurt, in seinem neuen Buch "Colonial Internationalism and the Governmentality of Empire, 1893–1982", das nun bei Cambridge University Press erschienen ist.
Im Jahr 1893 ließen Kolonialbeamte aus 13 verschiedenen Ländern ihre imperiale Rivalität hinter sich. Sie gründeten das Internationale Kolonialinstitut (ICI), das zur weltweit wichtigsten kolonialen Denkfabrik des 20. Jahrhunderts wurde. Am Beispiel des ICI zeigt Florian Wagner in seinem neuen Buch, dass die internationale Zusammenarbeit im ICI den Kolonialismus von einem nationalistischen zu einem transnationalen Unterfangen machte. Weil westliche Nationen als Imperien kooperierten, entstand ein transimperiales und gouvernementales Projekt, das koloniale Strukturen bis heute kennzeichnet. Die Publikation bietet eine detaillierte Studie zur Entstehung des ICI seit 1893, der transkolonialen Aktivitäten seiner prominenten Mitglieder und seines Einflusses auf die Entstehung von Kolonialrecht, kolonialer Landwirtschaft, Tropenhygiene, etc. Das Buch analysiert dann die des ICI Zusammenarbeit mit dem Völkerbund und faschistischen Regierungen sowie seine Rolle bei der Schaffung der Grundlagen für die strukturelle und diskursive Abhängigkeit des Globalen Südens nach 1945. Dabei wird klar, dass die Strategie des ICI, indigene Institutionen und Rechstraditionen zu nutzen, um die „Entwicklung“ der Kolonien zu fördern, lediglich dazu diente, die koloniale Herrschaft auch nach dem offiziellen Ende der Imperien in den 1960er-Jahren aufrechtzuerhalten. Angesichts der Dekolonisierungsbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die selektive Mitgliedschaft von Loyalisten unter den Kolonisierten im ICI zugelassen, während gleichzeitig radikalere Forderungen nach Unabhängigkeit delegitimiert wurden. Florian Wagner transnationale und koloniale Geschichte, um erstmals die Geschichte des Internationalen Kolonialinstituts zu erforschen. Er zeigt die lange Kontinuität des Kolonialismus auf, indem er den Internationalismus der 1890er Jahre mit der internationalen Entwicklungspolitik der Zeit nach 1945 verbindet und ermöglicht einen Einblick in den strukturellen Rassismus und Kolonialismus, der die meisten westlichen Aktivitäten im globalen Süden prägte.
Link Buchflyer und Ermäßigungscode Cambridge University Press
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„Feindliche Ausländer“ im Deutschen Reich während des Ersten Weltkrieges
Ringo Müller: „Feindliche Ausländer“ im Deutschen Reich während des Ersten Weltkrieges, Göttingen 2021.
Der Erste Weltkrieg unterbrach am Ende des europäischen 19. Jahrhunderts abrupt alltäglich gewordene Grenzüberschreitungen. Infolgedessen hielten sich in den kriegführenden Staaten hunderttausende Bürgerinnen und Bürger der militärischen Gegner auf. Ringo Müller untersucht den kontroversen Umgang mit diesen „feindlichen Ausländern und Ausländerinnen" und zeigt, wie der militärische Konflikt Vorstellungen über fremde Staatsangehörige veränderte, wie er Handlungsspielräume ihnen gegenüber eröffnete und gesellschaftliche Grenzziehungen ermöglichte.
Informationen auf der Homepage des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht
Die westdeutsche Frauenbewegung im intergenerationellen Gespräch. Der Nachlass von Hilde Radusch (1903-1994)
Sina Speit: Die westdeutsche Frauenbewegung im intergenerationellen Gespräch. Der Nachlass von Hilde Radusch (1903-1994), in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 69, 2021 (2), S. 151-162.
Im Mittelpunkt des Beitrags stehen die Korrespondenzen der 1903 geborenen Hilde Radusch mit einer Reihe jüngerer Feministinnen, überwiegend Publizistinnen und Historikerinnen, über einen Zeitraum von rund fünfzehn Jahren. Hilde Radusch war als Kommunistin im Nationalsozialismus verfolgt worden und erst ab Mitte der 1970er Jahre in der neuen Frauenbewegung wieder politisch aktiv. Als lesbische Aktivistin und Publizistin war sie ein Vorbild für die jüngeren Feministinnen. Darüber hinaus gab sie vielfach Auskunft über ihre Verfolgungserfahrungen im Nationalsozialismus. Die intergenerationelle Zusammenarbeit in der neuen Frauenbewegung ist bisher wenig beachtet worden. An Hilde Raduschs Wirken wird aufgezeigt, dass die Auseinandersetzung, Identifikation und Zusammenarbeit mit älteren Frauen ein wichtiger Teil der Selbstvergewisserung der feministischen Bewegung war.
Zwischen diakonischer Selbstbehauptung und nationalsozialistischer Wohlfahrtspolitik. Der interne Diskurs dreier Diakonissen-Mutterhäuser der Provinz Sachsen zwischen 1933 und 1945.
Elena Marie Elisabeth Kiesel: Zwischen diakonischer Selbstbehauptung und nationalsozialistischer Wohlfahrtspolitik. Der interne Diskurs dreier Diakonissen-Mutterhäuser der Provinz Sachsen zwischen 1933 und 1945, in: Markwardt, Hagen; Müller, Fruzsina; Westfeld, Bettina: Konfession und Wohlfahrt im Nationalsozialismus. Beispiele aus Mittel- und Ostdeutschland, Berlin 2021, S. 267-287.
Der skizzierte Beitrag fragt erstmals systematisch danach, wie die Vorsteher und Oberinnen der Zentren weiblicher Diakonie der Provinz Sachsen – des Diakoniewerks Halle/Saale, der Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg und des Diakonissen-Mutterhauses Cecilienstift Halberstadt – den Balanceakt zwischen diakonischer Selbstbehauptung und nationalsozialistischer „Volkskörperpflege“ gegenüber der jeweiligen Schwesternschaft kommunizierten. Ziel ist es, jene internen Kommunikationen dieser Einrichtungen offenzulegen und kritisch zu analysieren, in denen die Interaktion mit dem NS-Regime und dessen Behörden sowie die Positionierung der diakonischen Führungspersönlichkeiten zum Staat begründet und mithilfe (normativ-) theologischer, aber auch politisch-ideologischer Argumente legitimiert wurde.
Kooperationen in den digitalen Geisteswissenschaften gestalten. Herausforderungen, Erfahrungen und Perspektiven
Hendrikje Carius (Hg.), Martin Prell (Hg.), René Smolarski (Hg.): Kooperationen in den digitalen Geisteswissenschaften gestalten, Göttingen 2020.
Der erste Band der Schriftenreihe des Netzwerks für digitale Geisteswissenschaften und Citizen Science widmet sich der Frage nach der praktischen Ausgestaltung kooperativer Forschungsprozesse in den Digital Humanities und Citizen Science im Zusammenspiel von Geisteswissenschaft, Digital Humanities, Informatik und weiteren Akteuren. Ausgehend von einer konkreten Projekt- und/oder institutionellen Perspektive heraus richtet sich der Blick auf den Aspekt der Kooperation als inhaltliche, organisatorische und forschungspraktische Klammer der beteiligten Wissenschaftskulturen. Ziel ist es zu zeigen, wie Kooperationen in einem per se interdisziplinären Umfeld mit verschiedenen Herangehens- und Arbeitsweisen, Fragestellungen, Erwartungen und Zielvorgaben funktionieren können und welche Erfahrungen damit im jeweiligen Projekt gesammelt wurden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den Erfolgsfaktoren für eine Projektarbeit, in der es gelingt, sich auf die unterschiedlichen (fach-)spezifischen und methodischen Ansätze, Arbeits- und Denkweisen des Kooperationspartners einzulassen und in andere Sichtweisen auf das gleiche Projekt einzudenken.
Umkämpftes Asyl. Vom Nachkriegsdeutschland bis in die Gegenwart
Patrice G. Poutrus: Umkämpftes Asyl. Vom Nachkriegsdeutschland bis in die Gegenwart, Berlin 2019.
Beide deutsche Staaten nahmen das Recht politisch Verfolgter auf Asyl 1949 in ihre Verfassungen auf. Doch was bedeutete das konkret?
Patrice Poutrus untersucht die Entwicklung des Asylrechts in Deutschland von der Nachkriegszeit über die Grundgesetzänderung von 1993 bis in die Gegenwart. Welche Konsequenzen ergaben sich aus dem sogenannten Asylkompromiss für das Anerkennungsverfahren, die Aufnahme von Geflüchteten und die europäische Migrationspolitik? Poutrus zeigt, dass es in der Asylrechtdebatte stets um grundlegende Fragen der politisch-moralischen Orientierung der deutschen Gesellschaft geht. Das Buch ist eine unentbehrliche Lektüre für all jene, die die Konflikte um Asyl und Flucht in den historischen Zusammenhängen verstehen möchten.
Presseberichte:
ARD Titel Thesen Temperamente
Biographische Skizze zu Heinz Galinski
Karen Bähr: Heinz Galinski, in: Thomas Rahe und Jens-Christian Wagner (Hg.), Menschen in Bergen-Belsen. Biographische Skizzen zu Häftlingen des Konzentrationslagers, Göttingen 2019, S. 103-116.
Das KZ Bergen-Belsen ist vor allem durch die kurz nach der Befreiung entstandenen Bilder britischer Militärfotografen zu einem Synonym für die nationalsozialistischen Massenverbrechen geworden. Doch trotz langjähriger Forschung ist bis heute nur weniger als die Hälfte der Häftlinge dieses Konzentrationslagers namentlich bekannt. Umso bedeutsamer erscheint es deshalb, zumindest einige von ihnen durch biografische Skizzen erstmals oder erneut vorzustellen - Prominente und Unbekannte, Todesopfer ebenso wie Überlebende. Das Spektrum der Biografien umfasst Persönlichkeiten unterschiedlichster sozialer und nationaler Zugehörigkeit, deren Lebenswege und Leistungen auch durch zahlreiche Bilddokumente veranschaulicht werden.
Tagungsbericht: Netzwerke und NS-Belastung zentraler deutscher Behörden
Jan Schleusener: Tagungsbericht: Netzwerke und NS-Belastung zentraler deutscher Behörden
16.11.2018 – 17.11.2018 Tübingen, in: H-Soz-Kult, 08.03.2019, www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-8154.
Nachdem das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen im Januar 2018 zu einer Auftakttagung zum Start seines Forschungsprojekts zur Geschichte des Bundesvertriebenenministeriums eingeladen hatte, folgte nun ein Workshop, der über aktuelle Forschungsfragen der Behördenaufarbeitung rund um den „Netzwerk“-Begriff und die „NS-Belastung“ diskutierte. Die Tübinger Forschergruppe ist Teil des Forschungsprogramms der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit zentraler deutscher Behörden, das neben Projekten zum Bundeskanzleramt und zu Reichs- und Bundesministerien auch Projekte mit länderspezifischem Fokus fördert, die sich etwa mit den Landesjustizbehörden oder den Landesämtern für Denkmalpflege beschäftigen, oder den Blick auf andere europäische Länder weiten.
Die Enteignung Fritz Thyssens
Jan Schleusener: Die Enteignung Fritz Thyssens. Vermögensentzug und Rückerstattung, Paderborn 2018.
Der Großindustrielle Fritz Thyssen setzte sich früh für Hitler ein, brach aber 1939 mit dem NS-Regime, das ihn daraufhin enteignete. Nach 1945 rang er um die Rückerstattung.
Das Buch erörtert die Erwartungen, Fehlwahrnehmungen und Brüche im Verhältnis Fritz Thyssens zum Nationalsozialismus. Mit seiner Flucht aus Deutschland riskierte er die Enteignung seines Vermögens – das NS-Regime ordnete sie im Dezember 1939 an. Der Autor zeigt, wie der komplexe Prozess der Beschlagnahme und Verwertung des privaten und industriellen Vermögens verlief. Ebenso untersucht er das Entnazifizierungsverfahren, das 1948 mit der Frage konfrontiert war, inwieweit Thyssens Bruch mit dem Regime die frühere Förderung Hitlers aufwiegen könne. Die Einstufung als »Minderbelasteter« ermöglichte es, die Rückerstattung der Vermögenswerte zu beantragen. Die hier erstmals aus den Quellen erhellte Restitution war mit wirtschaftspolitischen Fragen verknüpft, die aus dem Fall Thyssen einen Sonderfall der »Wiedergutmachung« machten.
Zwischen Nächstenliebe und Professionalisierung
Christiane Kuller: Zwischen Nächstenliebe und Professionalisierung. Ein historischer Rückblick auf die Rolle der Diakonie im deutschen Sozialstaat, in: Christian Albrecht (Hrsg.): Was leistet die Diakonie fürs Gemeinwohl? Diakonie als gesellschaftliche Praxis des Öffentlichen Protestantismus, Tübingen 2018, S. 33-58.
Die polarisierenden politischen Ereignisse der jüngeren Vergangenheit haben Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhaltes neu aufgeworfen. Welche gemeinsam geteilten Vorstellungen des Guten sollen gelten, und in welchen Praxisformen realisieren sie sich? Die Diakonie hat einen respektablen Anteil daran, dass in den letzten eineinhalb Jahrhunderten christliche Überzeugungen leitend geworden sind für die Praxis eines befriedeten
gesellschaftlichen Zusammenlebens. Die Überzeugung, dass Menschen als Geschöpfe Gottes und damit als gleichberechtigte Mitbürger anzuerkennen sind, hat in tätiger Nächstenliebe ebenso wie in der sozialen Anwaltschaft für die Schwachen Gestalt gewonnen. Welche neuen Herausforderungen stellen sich der Diakonie angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen Aufweichungen solcher Überzeugungen und der politischen Umbrüche? Die Beiträge des Bandes diskutieren aus gesellschaftsanalytischen, historisch-sozialwissenschaftlichen und theologischen Perspektiven die Leistungen und Aufgaben der Diakonie als gesellschaftlicher Praxis eines Öffentlichen Protestantismus.
Spoliation financière et confiscation du patrimoine des Juifs allemands après 1933
Christiane Kuller:
Spoliation financière et confiscation du patrimoine des Juifs allemands après 1933, in: Revue d'Histoire de la Shoah nr. 209 Oktobre 2018, S. 59-80.
Lernaufgaben mit mobilen Endgeräten im Fach Geschichte bearbeiten
Jochen Kirchhoff: Lernaufgaben mit mobilen Endgeräten im Fach Geschichte bearbeiten. Zur Digitalisierung der Aufgabenkultur und ihrer geschichtsdidaktischen Erforschung, in: Das elektronische Schulbuch 2017. Fachdidaktische Anforderungen und Ideen treffen auf Lösungsvorschläge der Informatik, hrsg. v. Michael Schuhen, Manuel Froitzheim u. Katrin Schuhen, (= Didaktik 18), Berlin: LIT 2018, S. 159-174.
Die Frage, inwieweit digitale Medien den Bildungsalltag für Lernende und Lehrende deutlich verbessern und vielleicht das vielfach geforderte nachhaltige Lernen beflügeln können, beschäftigt aktuell nicht nur die Medien und die Politik, sondern auch die Forschung. Digitalen Bildungsmedien werden insbesondere in den öffentlichen Debatten vielfach Potentiale zugeschrieben, die analoge Medien, wie beispielsweise das Schulbuch, nicht einlösen können.
Im Tagungsband werden Perspektiven und Konzepte Elektronischer Schulbücher und Forschungsergebnisse vorgestellt: Wie wirken Elektronische Schulbücher? Welches Potential bieten Elektronische Schulbücher für die Förderung der Reflexionsfähigkeit? Wie können reale und interaktive digitale Repräsentationen integriert werden?