Zur Person
Luise Poschmann war Doktorandin an der Professur für Zeitgeschichte, im Projekt Protestantismus in den ethischen Debatten der Bundesrepublik Deutschland
Forschungsschwerpunkte
Die Stellung der freien Wohlfahrtspflege in der Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland
Die Diakonie und der Subsidiaritätsgedanke. Evangelisches Ringen um die Sozialgesetzgebung der Bonner Republik
Die spezielle Form der Zusammenarbeit zwischen der freien Wohlfahrtspflege und der staatlichen Daseinsvorsorge in Deutschland wird gemeinhin als Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips verstanden und kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Die ihr zugrunde liegenden rechtlichen Bestimmungen, die u.a. Zuständigkeiten und Finanzierung regeln, waren allerdings nie unumstritten und mündeten in den 1960er Jahren in einen Verfassungsstreit. Die evangelische Diakonie, damals wie heute einer der zentralen Akteure, positionierte sich in diesen Konflikten nicht immer eindeutig. Luise Poschmann untersucht die Einflussnahme evangelischer Persönlichkeiten, analysiert Motive und Interessen und legt ein besonderes Augenmerk auf die Frage, wie die evangelische Seite ihre Zustimmung zu den umstrittenen rechtlichen Regelungen begründete, während sie gleichzeitig das katholisch gelesene Subsidiaritätsprinzip aus verfassungsrechtlichen, ordnungspolitischen und weltanschaulichen Gründen ablehnte.
Religion in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 13
Herausgegeben von Christian Albrecht, Julia Angster, Reiner Anselm, Andreas Busch, Hans Michael Heinig und Christiane Kuller
Die Bedeutung religionskultureller Faktoren für den Aufbau der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft ist groß und wird zunehmend detaillierter erforscht. Die neue Reihe Religion in der Bundesrepublik Deutschland (RBRD) bietet ein Forum für Forschungen, die nach dem Gewicht religionskultureller Dynamiken für die Gesellschafts-, Sozial-, Geistes- und Politikgeschichte der Bundesrepublik fragen oder sich für Rückwirkungen der gesellschaftspolitischen Kontexte auf die Religionssysteme in der Bundesrepublik interessieren.
Abgeschlossenes Forschungsprojekt
Promotionsprojekt: Die Stellung der freien Wohlfahrtspflege in der Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland
Nach ihrer Gründung im Jahr 1949 stand die Bundesrepublik Deutschland vor der Frage, wie sie künftig ihr schnell expandierendes wohlfahrtsstaatliches Handeln organisieren sollte. Zu einem wichtigen Schlagwort in den rechtlichen und ethischen Debatten wurde der Grundsatz der Subsidiarität. Das Subsidiaritätsprinzip ist zentrales Element der katholischen Soziallehre und zielt auf Selbstbestimmung und Eigenleistung des Individuums und seines Umfeldes ab. Vereinfacht gesagt soll der Staat danach nur dort eingreifen, wo eine kleinere gesellschaftliche Einheit (z.B. Gemeinden, Familien) nicht in der Lage sind, anstehende Aufgaben zu bewältigen.
Das Projekt untersucht mehrere Gesetzgebungsverfahren aus der Zeit der „Bonner Republik“, in denen über die Bedeutung des Subsidiaritätsgrundsatzes und das Verhältnis des Sozialstaates zu den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege gerungen wurde. Im Fokus steht dabei die Haltung evangelischer Akteurinnen und Akteure – vor allem aus der Diakonie – zu den umstrittenen rechtlichen Bestimmungen und zum katholisch geprägten Subsidiaritätsprinzip.
Den gedanklichen Ausgangspunkt bilden die Verabschiedung des Bundessozialhilfegesetzes und des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1961, die das Bundesverfassungsgericht 1967 für verfassungskonform erklärte. Die Diskussionen über das Subsidiaritätsprinzip waren damit aber nicht ausgestanden. Auf eine Expansion des Sozialbereichs folgten ab Ende der 1970er Jahre Kostendämpfungsmaßnahmen und erste Überlegungen zur Ökonomisierung sozialer Leistungen. Das Projekt will ergründen, welche Bedeutung evangelischen Akteurinnen und Akteuren in diesem Prozess der Gestaltung des bundesdeutschen Sozialstaats zukam. Auf dem Prüfstand steht auch die (historische) Rezeption des Subsidiaritätsbegriffs selbst.
Protestantismus in den Ethischen Debatten der Bundesrepublik
Wissenschaftliche Mitarbeiterin