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LAB_KOLONIALES ERBE im Wintersemester 2023/24

Im Wintersemester 2023/24 bietet die Koordinierungsstelle "Koloniale Erbe Thüringen" wieder spannende Veranstaltungen zu aktuellen Themen der Kolonialgeschichte und Dekolonisierungsarbeit an!

14.11.2023 | 17-19 Uhr HS Anatomie – Teichgraben 7 – Jena

Dr. Sahra Rausch
Koloniales Erbe Thüringen, Uni Jena
„Not about us without us“ – Der Genozid an den OvaHerero und Nama in der deutschen Erinnerungspolitik

Als Auftakt zur Veranstaltungsreihe gibt der Vortrag einen Überblick über die Geschichte des Völkermords an den OvaHerero und Nama (1904–1908) in der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ sowie über die Bestrebungen der OvaHerero und Nama, eine Anerkennung der historischen Verbrechen, Entschädigungen sowie eine offizielle Entschuldigung zu erwirken. Bereits seit den 1990er-Jahren haben die betroffenen Communities wiederholt ihre Forderungen erfolglos gegenüber der deutschen Bundesregierung artikuliert. Ins öffentliche Bewusstsein deutscher Erinnerungspolitik rückte der Völkermord erstmals 2004 mit dem 100-jährigen Gedenken an die „Schlacht am Waterberg“, mit der der Genozid begann. Jedoch wurde erst im Jahr 2015 ein Dialogprozess angestoßen, der 2021 mit der Unterzeichnung eines „Versöhnungsabkommens“ zwischen Namibia und Deutschland abgeschlossen werden sollte. Die „Gemeinsame Erklärung“ wurde allerdings bis heute noch nicht unterzeichnet, nachdem deren Inhalte heftige Protesten unter den Vertreter:innen der OvaHerero und Nama sowie der namibischen Opposition auslöste. Der Vortrag konzentriert sich auf der verkennenden Praktiken deutscher Erinnerungspolitik, die eine gemeinsame Aufarbeitung des Völkermords weiterhin verunmöglichen.    


20.11.2023 | 16-18 Uhr LG 4/D01- Uni Erfurt

Karina Theurer
Juristin, Völkerrechtsexpertin und Autorin
Reproduktion des kolonialen Rassismus und Reparationen. Die Dekolonisierung des Völkerrechts am Beispiel Namibia und Deutschland

Das Völkerrecht wie wir es heute kennen entstand während des europäischen Kolonialismus. Die Unterscheidung zwischen „zivilisierten“ und „unzivilisierten“ Nationen diente als Begründung für den Ausschluss der nicht-europäischen Gemeinwesen aus dem Kreis der Rechtssubjekte innerhalb dieses neuen Völkerrechts. Auf diese Weise konnte die wirtschaftliche Ausbeutung in den Kolonien formell gerechtfertigt werden. Dekoloniale Rechtskritik verweist darauf, wie diese rassistischen Ausschlüsse bis heute im Recht fortwirken. Ein Beispiel dafür ist der gegenwärtige Streit um Reparationen für die im heutigen Namibia begangenen deutschen Kolonialverbrechen: Ausgehend von der rassistischen Unterscheidung zwischen „zivilisierten“ und „unzivilisierten“ Nationen argumentiert die deutsche Bundesregierung, dass keine Rechtsnormen verletzt wurden, als Ovaherero, Nama, Damara und San während des von der deutschen Kolonialarmee begangenen Völkermords im damaligen „Deutsch-Südwestafrika“ (heute Namibia) systematisch getötet wurden. Im Januar 2023 reichte eine Gruppe von Jurist*innen und betroffenen Ovaherero und Nama Klage gegen das zwischenstaatliche deutsch-namibische Abkommen zur Aufarbeitung des Kolonialismus vor dem namibischen High Court ein. Zudem kontaktierten sie die Vereinten Nationen. Karina Theurer wird über die strategische Prozessführung berichten und die rechtlichen Mindeststandards darstellen. Im Anschluss bleibt Zeit für eine gemeinsame Diskussion.


05.12.2023 | 17-19 Uhr | HS Anatomie – Teichgraben 7 – Jena

Dr. Ulrike Lötzsch
Uni Jena – Institut für Anatomie I
Überreste von Menschen aus ehemaligen deutschen
Kolonien – Ergebnisse der Provenienzforschung in der Anatomischen Sammlung und die Frage der Rückführung

Das Institut für Anatomie der Universität Jena setzt sich seit 2020 aktiv mit seinem kolonialen Erbe auseinander. Greifbar wird dieses vor allem in der historischen Anatomischen Sammlung, wo sich bis heute menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten befinden. Identifiziert wurden unter anderem die Gebeine von 13 Menschen, die wahrscheinlich aus den ehemaligen deutschen Kolonien „Deutsch-Südwestafrika“ (heutiges Namibia) und aus „Deutsch-Neuguinea“ (heute Teil von Papua-Neuguinea) stammen. Ihre genauen Herkünfte, Identitäten und Biografien wurden in einem interdisziplinären Forschungsprojekt untersucht, um nach Möglichkeit in Kontakt mit ihren Nachfahr:innen treten zu können. Der Vortrag stellt die Ergebnisse des Projekts vor, wobei sich der Fokus vor allem auf die Individuen aus dem heutigen Namibia  sowie auf die „Sammler“ ihrer Gebeine richtet. Dabei werden auch die Herausforderungen und Chancen von Provenienzforschung und die Komplexität eventueller Rückgabeprozesse thematisiert.

Im Anschluss an den Vortrag ist die Anatomische Sammlung zur Besichtigung geöffnet.

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