Prof. Dr. Claudia Ott

CV

Bild Claudia Ott
photo © Blind Photographie

Claudia Ott studierte Orientalistik in Jerusalem, Tübingen und Berlin. Ihre Dissertation an der dortigen Freien Universität behandelt Handschriften arabischer Epik (Metamorphosen des Epos, Leiden 2003). Ott unterrichtete an mehreren Universitäten und ist seit 2013 ehrenamtlich als Dozentin, seit 2022 als Honorarprofessorin am Seminar für Arabistik und Islamwissenschaft der Universität Göttingen angebunden. Claudia Ott lebt als freischaffende literarische Übersetzerin in Niedersachsen. Ihr Hauptwerk ist die Neuübersetzung von Tausendundeine Nacht für den Verlag C.H.Beck (Tausendundeine Nacht, 2004; Das glückliche Ende, 2016, Das Buch der Liebe, 2022) und des Schwesterwerks 1o1 Nacht für den Manesse Verlag. Claudia Ott ist außerdem Musikerin. Sie lernte arabische Musik (nay/Rohrflöte) in Kairo, studierte nebenbei Chorleitung und gründete das IBTAHIDSCH Ensemble Celle. Erzählkonzerte, Lesungen und Vorträge führten sie auf große und auf kleine Bühnen im ganzen deutschen Sprachraum und übers Goethe-Institut auch im Ausland. Daneben ist Claudia Ott Mitglied verschiedener international besetzer Ensembles für arabische Musik und Mitgründerin und Juryvorsitzende des Coburger Rückert-Preises. Claudia Ott ist Mitglied des VdÜ – des Berufsverbands der Literaturübersetzer – sowie der Weltlesebühne e.V. Sie selbst wurde für ihre Arbeit mit verschiedenen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, darunter der Cotta-Literatur-und-Übersetzungspreis, der Kulturpreis der Stadt Erlangen, Stipendien des Deutschen Literaturfonds und des Deutschen Übersetzerfonds, Residenzstipendien der Jakob und Emma Windler-Stiftung Stein am Rhein, eine MERCATOR-Fellowship der LMU München u.v.a.m.

 

Projektbeschreibung

Amru Munir und Claudia Ott mit der Gothaer Handschrift des Hakim-Epos
Amru Munir und Claudia Ott mit der Gothaer Handschrift des Hakim-Epos

Das Hakim-Epos und seine Gothaer Handschrift

im Rahmen des Tandem-Stipendiums der Gerda Henkel Stiftung am Forschungszentrum Gotha

in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Amro Mounir

Die Forschungsbibliothek Gotha ist besonders reich ausgestattet mit Handschriften des arabischen epischen Genres. Über diese Literaturgattung (arabische Gattungsbezeichnung: sīra šaˁbiyya) ist in der Forschung noch wenig bekannt, obwohl es sich um umfangreiche und in der arabischen Rezeption äußerst populäre Bücher handelt. Mammutwerke mit bis zu 70, in einem extre men Einzelfall sogar 81 Bänden pro Exemplar füllten die Bücherschränke von professionellen Geschichtenerzählern, die ihrem Publikum in Fortsetzungen daraus vorlasen. Aber auch zur privaten Lektüre waren solche Werke, in denen die arabische Geschichtsschreibung ihr volkstümliches, episches Pendant voller Spannung und Abenteuer fand, viele Jahrhunderte lang ein beliebter Lesestoff.

Die ältesten Zeugnisse für die Existenz arabischer Epen finden wir im 12. Jahrhundert; die ältesten bis heute erhaltenen Handschriften datieren von ca. 1400. Sie stammen mithin aus der Mamlukenzeit, wurden meist in Kairo ge schrieben, kursierten aber in allen Zentren der arabischen Länder und gehörten damit einer ähnlichen Epoche und Umgebung an wie die frühesten erhaltenen Handschriften von Tausendundeine Nacht. Von der Textsorte sira šaˁbiyya handelt auch meine Dissertation Metamorphosen des Epos (erschienen in Lei den 2003); dort werden Handschriften eines Vertreters der Gattung ausführlich gewürdigt und analysiert, unter anderem solche aus der Forschungsbibliothek Gotha.

Dass die Forschungsbibliothek Gotha so viele Handschriften aus der Welt der arabischen Epik aufbewahrt, hat den Hintergrund, dass der Forschungsreisende Ulrich Jasper Seetzen (1767-1811), aus dessen Ankäufen im Orient der erste Bestand der damaligen herzoglichen Bibliothek aufgebaut wurde, sich für solche Texte besonders interessierte – und zu interessieren hatte: Die arabischen Epen waren ja mit Tausendundeine Nacht nahe verwandt, und Handschriften von Tausendundeine Nacht galten im 18. und 19. Jahrhundert als Sta tussymbole für europäische Bibliotheken.

Die Handschrift MS. Orient A 2599 ist ein Fragment einer solchen epischen Handschrift. Sie gehört zum Hakim-Epos (Sīrat al-Ḥākim bi-Amrillāh), einem der "schlankeren" Werke des Genres mit "nur" 20 Bänden. Das Epos ist ägyptischen Ursprungs und handelt von dem exzentrischen Kalifen al-Ḥākim bi-Amrillāh (985-1021), den fatimidischen Kalifen von Kairo. Mit seiner monumentalen Anlage, der geschichtlich-mythologischen Thematik, den magischen Motiven und blutigen Schlachten erinnert das Hakim-Epos an Werke der mo dernen Fantasy-Literatur wie "Der Herr der Ringe".

Über das Hakim-Epos gibt es bereits einige kleinere Forschungsarbeiten (siehe unten); es fehlt aber sowohl eine Edition als auch eine Übersetzung. Diesem Desiderat möchte ich in Zusammenarbeit mit meinem einschlägig erfahrenen ägyptischen Kollegen Dr. Amru Munir begegnen. Eine deutsche Übertragung des Hakim-Epos auf Grundlage mehrerer Handschriften ist in Arbeit; Dr. Munir arbeitet an einer Gesamtediton auf Grundlage derselben Handschrif ten.

Einschlägige Vorarbeiten:

  • Claudia Ott: "Wo versteckt sich al-Ḥākim? Eine Spurensuche in der Sirat al-Hakim bi-Amrillah und ihrer Berliner Handschrift." In: Differenz und Dynamik im Islam. Festschrift für Heinz Halm zum 70. Geburtstag. Herausgegeben von Hinrich Biesterfeldt und Verena Klemm. Würzburg: Ergon Verlag 2012, 399-410.
  • Claudia Ott: "Finally we know ... why, how, and where caliph al-Ḥākim disappeared! Sīrat al-Ḥākim bi-Amrillāh and its Berlin Manuscript". In: Fictionalizing the Past: Historical Characters in Arabic Popular Epic. Workshop held at the Netherlands-Flemish Institute in Cairo, 28th/29th of November 2007 in Honor of Remke Kruk. Ed. by Sabine Dorpmüller. Orientalia Lovaniensia Analecta 206, Leuven – Paris – Walpole, MA 2011, 63 72.
  • Claudia Ott: Metamorphosen des Epos. Sīrat al-Muǧāhidīn (al-Amīra Ḏāt al-Himma) zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Leiden 2003 (CNWS , Vol. 119; Contributions by the Nederlands / Vlaams Instituut in Cairo, Vol. 6).
  • Antje Lenora: Der gefälschte Kalif - eine Einführung in die Sīrat al-Ḥākim bi-Amrillāh. Hochschulschriften der Universität Halle 2011, opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/7772.

Auswahl an Publikationen und Auszeichnungen

Wichtigste Publikationen:

  • Tausendundeine Nacht. Nach der ältesten arabischen Handschrift in der Ausgabe von Muhsin Mahdi erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott. München: Verlag C.H.Beck 2004
  • Tausendundeine Nacht. Das glückliche Ende. Nach der Handschrift der Rasit-Efendi-Bibliothek Kayseri erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott. München: Verlag C.H.Beck 2016
  • Tausendundeine Nacht. Das Buch der Liebe. Nach den ältesten arabischen Handschriften erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott. München: Verlag C.H.Beck 2022
  • 101 Nacht. Nach der andalusischen Handschrift des Aga Khan Museum erstmals ins Deutsche übertragen und umfassend kommentiert von Claudia Ott. Zürich: Manesse Verlag 2012
  • Gold auf Lapislazuli. Die 100 schönsten Liebesgedichte des Orients. München: Verlag C.H.Beck, 2008
  • Erste arabische Lesestücke. München: dtv 2017
  • (Diss.:) Metamorphosen des Epos. Die Sirat al-Mujahidin (al-Amira Dhat al-Himma) zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Cairo, Leiden: CNWS, 2003

Wichtigste Auszeichnungen:

  • Johann-Friedrich-Cotta-Literatur-und-Übersetzungspreis der Landeshauptstadt Stuttgart, 2011
  • Nominierung für den Leipziger Buchpreis, Kategorie „Übersetzung“, 2013
  • Kulturpreis der Stadt Erlangen, 2019
  • Stipendium der Jakob und Emma Windler-Stiftung Stein am Rhein, 2019
  • MERCATOR Fellowship an der LMU München, 2023
  • (mit Amro Moneer): Gerda-Henkel-Tandemstipendium am Forschungszentrum Gotha, 2024