Das Gebäudeensemble am oberen Hauptmarkt
Das Forschungszentrum hat seinen Sitz im sogenannten Historischen Landschaftshaus (Schloßberg 2). Gleich um die Ecke (Hauptmarkt 17a-b) in Richtung Stadt steht ein moderner Anbau, der als Gästehaus und Bürogebäude dient.
Historisches Landschaftshaus Schloßberg 2
Seit Mai 2018 hat das Forschungszentrum seinen Sitz im sogenannten Historischen Landschaftshaus – also dem Sitz der Stände des ehemaligen Herzogtums Sachsen-Gotha – am Schloßberg 2. Das baugeschichtlich bis ins 17. Jahrhundert zurückreichende, von der Stadt Gotha aufwändig sanierte historische Ensemble bildet das Hauptgebäude des FZG, in dem neben Direktion und Geschäftsstelle vor allem die Veranstaltungsräume sowie einige Projektbüros untergebracht sind. Herzstück des Hauses ist der sich über zwei Etagen erstreckende Vortragssaal mit rund 70 Plätzen aus dem 19. Jahrhundert, in dem früher der Landtag des Herzogtums sowie von 1918 bis 1920 das Parlament des Freistaates Sachsen-Gotha tagten.
Zur Geschichte des Gebäudes Schloßberg 2
Das heutige Gebäudeensemble am Schloßberg 2 geht auf zwei benachbarte Wohnhäuser am Oberen Hauptmarkt sowie am unteren Ende des Schlossberges zurück und lässt sich urkundlich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Im Jahr 1643 kaufte die Herzogliche Kammer für 1000 Gulden das Wohnhaus des Herzoglichen Rittmeisters Johann Breithaupt am Oberen Hauptmarkt, das wenige Jahre später von dem 1660 zum Hofrat bestallten Polyhistor und Sprachgelehrten Hiob Ludolf (1624–1704) erworben und wahrscheinlich weitgehend neu erbaut wurde. Nach Ludolfs Weggang aus Gotha im Jahr 1675 stellte die Herzogliche Kammer das Haus dem ersten Oberhofprediger Johann Christian Gotter (1607–1677) als Wohnung zur Verfügung.
Noch während Gotter in dem Gebäude wohnte, wurde dieses an den Hzgl. Kammerdirektor Friedrich Born (seit ca. 1688 Freiherr v. Born) verkauft, der das Haus umbauen und eine einheitliche, stuckierte Fassade herstellen ließ. 1716 gehörte das Haus dem Kommandanten der hzgl. Leibwache, Generalmajor Heinrich von Westernhagen, der dort wahrscheinlich bereits seit 1699 residierte.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erwarben die Landstände des Herzogtums Sachsen-Gotha das Gebäude, mussten dieses aber auf Druck der Hzgl. Kammer verpachten und ihre Sitzungen weiterhin im Rathaus abhalten. Erst 1764 stellte die Kammer, an die das Gebäude inzwischen zurückgefallen war, dieses der „Landschaft“, wie die Landstände auch genannt wurden, dauerhaft zur Nutzung zur Verfügung. Am 2. Oktober 1848 trat hier der erste Landtag mit größerer bürgerlicher Beteiligung zusammen. 1861–64 wurde der zuvor bereits vergrößerte Saal um ein Geschoss erhöht und die Galerie eingebaut, für die 175 ausgediente Baluster aus dem 1860 umgestalteten Hzgl. Hoftheater verwendet wurden; 1888 wurde der Saal nochmals renoviert und ein „Parquetfußboden“ verlegt.
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zogen zudem verschiedene Landesbehörden ein, zunächst Teile des Justizamtes und das Kriegsgericht, um 1900 die Gothaische Landeskreditanstalt, und 1912 erhielt das Oberversicherungsamt Räume im Obergeschoss. Nach dem kurzen Zwischenspiel als Parlaments- und Regierungssitz des Freistaates Sachsen-Gotha (1918–20) (1918–20) ging das Gebäude 1920 in das Eigentum des neugegründeten Freistaates Thüringen über, der hier ebenfalls verschiedene Behörden unterbrachte. Um 1930 erfolgte der Einzug der „Thüringischen Bakteriologischen Untersuchungsanstalt“, 1935 derjenige der Polizeidirektion Gotha. 1943 mietete die Gauleitung Thüringen der NSDAP drei Räume an.
1945 richtete das Land Thüringen im Landschaftshaus ein Hygieneinstitut ein, das bis zum Juli 1952 als Landesbehörde existierte. Mit der Gebietsreform 1952 wurde das Hygieneinstitut dem Bezirk Suhl zugeordnet, der, anders als der Bezirk Erfurt, dem Gotha angegliedert wurde, noch über keine derartige Einrichtung verfügte, und in „Bezirkshygieneinspektion und -institut Suhl/Sitz Gotha“ umbenannt. Um diesem Zweck nachzukommen und mehr Platz für Laboreinbauten zu schaffen, wurde der historische Tagungssaal durch das Einziehen einer Zwischendecke seiner Gestalt vorübergehend beraubt. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten beschloss der wiedergegründete Freistaat Thüringen am 11. Dezember 1990 die Auflösung der Bezirkshygieneinspektionen und -institute der Bezirke Erfurt, Gera und Suhl; die Gothaer Einrichtung wurde 1993 geschlossen.
Nach dem Auszug des Hygieneinstituts stand das Gebäude mehr als 15 Jahre leer. 2008 erwarb die Baugesellschaft Gotha mbH das Gebäude aus den Liegenschaften des Freistaates. Nach dem Abbruch sämtlicher noch stehender Hinter- und Seitengebäude sowie einer aufwändigen Sanierung wurde das Haus im Mai 2018 der Universität Erfurt zu Nutzung durch das Forschungszentrum Gotha übergeben.
Quelle: Das Landschaftshaus Gotha. Hrsg. von der Baugesellschaft Gotha mbH. Gotha 2018.
Abbildungen:
1) Ansicht vom Hauptmarkt um 1678. Lavierte Bleistiftzeichnung von Mathes und Jost Bieler. Landesarchiv Thüringen - Staatsarchiv Gotha, Staatsministerium Abt. Gotha, Departement IV, Sekretarienschrank Loc. 7 Nr. 8, Bl. 19. (Ausschnitt).
2) Landschaftshaus Ostfassade 1857, Federzeichnung von König. Landesarchiv Thüringen - Staatsarchiv Gotha, Sammlung Karten CC 1.2/33 (Ausschnitt).
3) Landschaftsgebäude mit Sitz der Volkssolidarität um 1960. Sammlung Jürgen Hißner, Gotha.
Gästehaus und Bürogebäude Hauptmarkt 17a-b
Darüber hinaus verfügt das FZG im direkt angrenzenden Gebäudekomplex Hauptmarkt 17a-b über zwei moderne Büroetagen sowie über fünf voll ausgestattete Gästewohnungen (vier Einzelappartments und eine 2er-WG), die von der Baugesellschaft Gotha auf Vermittlung des FZG direkt an die in Gotha weilenden Stipendiat:innen und Gastwissenschaftler:innen vermietet werden. Hier haben neben einem Teil der FZG-Mitarbeiter:innen auch die Stipendiat:innen des Herzog-Ernst-Stipendienprogramms sowie die Promovierenden und Post-Docs des Nachwuchskollegs „Wissensgeschichte der Neuzeit“ mehrheitlich ihre Arbeitsplätze.
Zudem steht den am FZG angesiedelten Forscher:innen dort eine rund 10.000 Bände umfassende Handbibliothek mit einem Schwerpunkt auf der Universitäts- und Gelehrtengeschichte sowie der Geschichte der Aufklärung zur Verfügung, die im Kern auf den Nachlass des Leipziger Historikers Detlef Döring zurückgeht.