Datum: 13. bis 15. November 2024
Leitung: Melanie Sehgal (Wuppertal) und Martin Mulsow (Erfurt/Gotha)
In Kooperation mit dem IGP der Bergischen Universität Wuppertal und mit Förderung durch DFG, DGPhil sowie FABU. Veranstaltungsort ist Wuppertal.
Welche Konsequenzen hat die Klimakrise für die Geisteswissenschaften, insbesondere für die Philosophie(-) und die Ideengeschichte? Lässt sich die ohnehin schon problematische Geschichte der Aufklärung noch als Erfolgsgeschichte erzählen, wenn man weiß, dass zugleich die Grundlagen des Zeitalters der Verbrennung fossiler Energien gelegt wurden, das in naher Zukunft den Planeten Erde an die Grenzen seiner Bewohnbarkeit kommen lassen wird? Wie konnte es dazu kommen, dass die Philosophie der Moderne Ideen wie Fortschritt und Freiheit gänzlich unabhängig von den materiellen Gegebenheiten und Rahmen, in denen diese Ideen wirksam werden sollten, konzipiert hat? Dipesh Chakrabarty hat gezeigt, dass die hermeneutischen Grundlagen der Geisteswissenschaften tangiert sind, wenn wir uns selbst den Zukunftshorizont abschneiden. Pierre Charbonnier hält eine ökologisch sensibilisierte Neuerzählung der Ideengeschichte für nötig, bei der offengelegt wird, inwieweit die „Freiheit“ des Liberalismus auf dem durch fossile Energien erzeugten „Überfluss“ beruht. Isabelle Stengers spricht vom „Eindringen Gaias“, das die politischen wie philosophischen Horizonte der Moderne grundsätzlich verschiebt. Daran anschließend braucht es Bruno Latour zufolge sogar eine neue Kosmologie, um sich auf der durch ein neues Klimaregime geprägten Erde neu zu orientieren.
Im Lichte dieser Fragen und Positionen fragt die Konferenz nach den systematischen und methodischen Herausforderungen einer Neujustierung der Philosophie und Ideengeschichte angesichts der gegenwärtigen multiplen planetarischen Krisen. Ziel der Konferenz ist einerseits eine historisch saturierte Reflexion der eigenen philosophischen und ideengeschichtlichen Praxis sowie andererseits eine Auslotung möglicher Aufgaben und Konturen für geisteswissenschaftliches Arbeiten im neuen Klimaregime. So geht es einerseits darum, die impliziten Voraussetzungen bezüglich der materiellen und umweltlichen Bedingungen menschlichen Lebens herauszuarbeiten, die das Denken der Moderne ausgebildet hat und den Beitrag zu konturieren, den philosophische Ideen wie Natur, Gesellschaft oder Fortschritt in der Entstehung der gegenwärtigen Krise gespielt haben. Dabei gilt es andererseits mit zu reflektieren, welche dieser Voraussetzungen bis heute in unseren eigenen Methoden wirksam geblieben sind. In anderen Worten: Was ist das Klima der Philosophie?
Hinweis: Dipesh Chakrabartys Vortrag am 13.11. wird online via Zoom zu sehen sein.
Datum: 14. – 15. November 2024
Leitung: Hendrikje Carius (Gotha) und Olaf Simons (Halle/Gotha)
In Verbindung mit NFDI4Memory und in Kooperation mit der FBG.
Die Veranstaltung findet im Vortragssaal des FZG statt.
Alles zum Programm findet sich auf dem Blog der Forschungsbibliothek Gotha.
Datum: 4. bis 6. Dezember 2024
Ort: Forschungszentrum Gotha | Schloßberg 2, 99867 Gotha | Vortragssaal
Veranstalterin: Hannah Boeddeker (Universität Hamburg) im Rahmen des DFG-Projekts: “The Gotha” – A study of the most important genealogical reference work in modern Europe" in Kooperation mit der Forschungsbibliothek Gotha und dem Forschungszentrum Gotha
Der „Gothaische Hofkalender“/“Almanach de Gotha“ erschien als deutsch-französische Parallel-Ausgabe von 1764 bis 1944. Zum „Nutzen und Vergnügen eingerichtet“ war der „Gotha“ ein typisches Kalenderunternehmen der Aufklärung. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts erfuhr der „Gotha“ tiefgreifende Wandlungen. An seine Seite traten die genealogischen Taschenbücher, in denen sich die komplexe soziale Stratigraphie und Rangordnung des Adels abbildete. Der „Gotha“ stieg so zum wichtigsten genealogischen Verzeichnis des europäischen Adels auf. Zugleich entwickelte er sich zu einem diplomatisch-statistischen Jahrbuch der Staatswelt des 19. und 20. Jahrhunderts weiter. Diese inhaltliche, mediale und funktionale Neuformierung des Gotha erfolgte in Interdependenz mit der Verwissenschaftlichung und Professionalisierung von Statistik und Genealogie, im Fall der Genealogie auch deren breiten Popularisierung in allen Gesellschaftsschichten. Motor dieser Entwicklung war nicht zuletzt der Verlag selbst, der europaweit agierende Kartenverlag Justus Perthes Gotha, durch den Genealogie, Statistik und Kartografie enge disziplingeschichtlich wie ökonomisch getriebene Verflechtungen eingingen.
Überraschenderweise hat der „Gotha“ als eines der Standardwerke der Moderne bisher kaum Beachtung in den historisch arbeitenden Geisteswissenschaften gefunden. Das DFG-Projekt „Der Gotha – Studien zum wichtigsten genealogischen Kompendium der Moderne“ wird den „Gotha“ erstmals in den Fokus der Forschung stellen. Im Rahmen der Tagung in Gotha, soll der Blick auf das Entstehungsumfeld und die Funktionskontexte von Verlag und Publikation gerichtet werden.
Flyer zum „Gothaischen Hofkalender“/“Almanach de Gotha“ (PDF)
Es wird bis zum 22. November um Anmeldung gebeten unter veranstaltungen.fb@uni-erfurt.de.
Organisation und Kontakt
Dr. Petra Weigel, Forschungsbibliothek Gotha, Abteilungsleitung Sammlung Perthes
Kontakt: petra.weigel@uni-erfurt.de
Hannah Boeddeker, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Universität Hamburg
Kontakt: hannah.boeddeker@uni-hamburg.de
Online-Studientage
Daten: 13. Dezember 2024, 17. Januar 2025, 7. Februar 2025, 20. Februar 2025
Organisation und Leitung: Prof. Dr. Kirsten von Hagen (Gießen), Dr. Corinna Dziudzia (Gotha)
Speisen wecken nicht selten Gelüste, Erinnerungen oder Glückserlebnisse: So wie die in Lindenblütentee getauchte Madeleine, der Marcel Proust (1871-1922) in seinem monumentalen Romanwerk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Proust betört seine Leser nicht nur mit Beschreibungen der feinen Salons der Belle Epoque, sondern auch mit Darstellungen gepflegter Tafelkultur und erlesener kulinarischer Genüsse. Sein Romanwerk ist eine Verführung zum Lesen, genauso wie zum Essen und Genießen. Die geplanten Online-Studientage wollen der europäischen Kunst des Genießens – auch im Vergleich mit außereuropäischen Traditionen – und ihrer Inszenierung in anderen Künsten, wie der Literatur, dem Film oder der bildenden Kunst nachspüren. Von der Kultur des Gastmahls, über Schriftsteller, die zur Tafel laden, bis zur Korrespondenz der Sinne eines Marcel Prousts. Es geht um Texte genauso wie um andere künstlerische Medien, in denen Essen im Zeichen von Liebe, Verführung und Erinnerung steht. So erlaubt die Fokussierung der Essenssemantik nicht nur Rückschlüsse auf die Inszenierung der Erinnerung, sondern auch auf die Konstituierung von Identität, auf den Wandel von Intimbeziehungen und unterschiedliche literarische, visuelle oder filmische Ästhetiken überhaupt. Nicht von ungefähr hat die ästhetische und moralische Kategorie des Geschmacks ihren Ursprung in der Erfahrung des Schmeckens. Bereits in der europäischen Frühen Neuzeit erfährt eine Vielzahl neuer Geschmäcker, die heute alltäglich sind, Verbreitung, just Genussmittel entfernter Weltgegenden darunter, wie Kaffee, Kakao, Tee oder Tabak. Veränderte Lebenswelten werden nicht zuletzt in den Töpfen und auf den Tellern ersichtlich – und in der Kunst dokumentiert.
Anmeldungen bitte an: Corinna.Dziudzia (at) uni.erfurt.de