Vergessene Bauhaus-Frauen.

Lebensschicksale in den 1930er und 1940er Jahren

Foto: T. Lux Feininger, 1928, Karla Grosch (Weimar 1904 – Tel Aviv 1933) und Else Rawitzer (Berlin 1908 – Auschwitz 1942) vor dem Bauhaus-Gebäude, Stiftung Bauhaus Dessau.
Foto: T. Lux Feininger, 1928, Karla Grosch (Weimar 1904 – Tel Aviv 1933) und Else Rawitzer (Berlin 1908 – KZ Auschwitz 1942) vor dem Bauhaus-Gebäude, Stiftung Bauhaus Dessau.

Das Jubiläumsjahr 2019 verhalf den Frauen des Bauhauses zu neuer Aufmerksamkeit. Doch vieles liegt noch im Dunkeln: Von den rund 460 verzeichneten Studentinnen am Bauhaus sind beispielsweise nur von zwei Dritteln die Lebensdaten bekannt. Traditionelle Rollenvorstellungen, Heirat und Namenswechsel oder die vielfach schwierigen Lebensverhältnisse alleinstehender Frauen führten dazu, dass sie ihr künstlerisches Talent nicht immer frei entfalten konnten, ihr Werk nicht erhalten ist und ihre Lebenswege kaum Spuren in den Archiven hinterlassen haben. Insbesondere die nationalsozialistische Machtübernahme 1933 wirkte sich auf weibliche Bauhaus-Angehörige aus. Verfolgt durch das NS-Regime fanden einige den frühen Tod. Sie wurden im Exil Opfer stalinistischer Säuberung, starben aufgrund von Krankheit oder in den Bombennächten des 2. Weltkriegs.

Das Ausstellungsprojekt „Vergessene Bauhaus-Frauen“ der Universität Erfurt und der Klassik Stiftung Weimar widmet sich nun der Erforschung dieser Schicksale, von denen mehr als dreißig ab dem Oktober 2021 im Bauhaus-Museum Weimar vorgestellt werden. „Die Erinnerung an die früh verschiedenen Bauhäuslerinnen trägt zur differenzierten Aufarbeitung der Bauhaus-Geschichte im Nationalsozialismus und Exil bei und verknüpft damit den Gender- und den zeithistorischen Diskurs“, erläutert Prof. Patrick Rössler von der Universität Erfurt. Doch nicht alle Frauen wurden verfolgt, einige gingen sogar konform mit der neuen Ideologie und traten in die NSDAP ein: „Diese Lebenswege sind in ihrer Verschiedenheit aufzuzeigen, um dem falschen Eindruck vorzubeugen, es habe das eine, typische Frauenschicksal in den 1930er Jahren gegeben“, so Dr. Anke Blümm (Uni Erfurt/Klassik Stiftung Weimar).

Unterstützt durch Fördermittel der Thüringischen Staatskanzlei werden die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse in ein biografisches Ausstellungskonzept überführt, das Archivmaterial und Kunstwerke präsentiert. Diese veranschaulichen die Breite der weiblichen künstlerischen Talente, die sich über fast alle Werkstätten des Bauhauses erstrecken – von der Architektur über Fotografie und Reklame bis hin zur Buchbinderei, Keramikarbeiten, Malerei, Skulptur und der Textil-Gestaltung in der Weberei. „Die Ausstellungsthematik passt hervorragend in das Bestreben der Klassik Stiftung Weimar, sich schwerpunktmäßig dem ambivalenten Verhältnis von Moderne und Nationalsozialismus zu widmen“, unterstreicht Prof. Wolfgang Holler, Generaldirektor der Museen der Stiftung. Informationstafeln in der Innenstadt Weimars sollen im öffentlichen Raum auf ausgewählte Bauhaus-Frauen aufmerksam machen. Zur Schau erscheint ein umfangreicher Katalog.

Veröffentlichungen:

"Die traditionelle Rollenaufteilung... fand sich auch am Bauhaus wieder", in: klassisch modern. Das Magazin der Klassik Stiftung Weimar, 2021, S. 34-37.

Vergessene Bauhaus-Frauen - Lebensschicksale in den 1930er und 1940er Jahren, in: Denken ohne Geländer - Der Blog des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung e.V., Beitrag vom 3.2.2021.

Projektverantwortliche

Inhaber der Professur für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Empirische Kommunikationsforschung / Methoden
(Seminar für Medien- und Kommunikationswissenschaft)
C18.02.24 [ehedem Lehrgebäude 4 / Raum 212]
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Dr. Anke Blümm
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