Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Koordinierungsstelle "Koloniales Erbe Thüringen" (Philosophische Fakultät)
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während der Vorlesungszeit in Präsenz Mittwoch, 10:00-11:30 Uhr
Bitte melden Sie sich vorher per e-Mail an: elena.kiesel@uni-erfurt.de
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Elena M.E. Kiesel ist Historikerin an der Universität Erfurt im Bereich der neueren und Zeitgeschichte und Projektmitarbeiterin der wissenschaftlichen Koordinierungsstelle „Koloniales Erbe Thüringen“. Seit 2020 arbeitet sie an ihrem Promotionsprojekt über freiwilliges Mitmachen in der DDR mit einem Schwerpunkt auf die sogenannte Neuererbewegung. Dabei kooperiert sie eng mit der Oral-History-Forschungsstelle der Universität Erfurt und dem Forschungsverbund „Diktaturerfahrung und Transformation“. Im November 2020 kam sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der DFG-Forschungsgruppe „Freiwilligkeit“, Teilprojekt „Freiwilligkeit in Diktaturen“, nach Erfurt. Bereits während ihres Studiums der Kulturwissenschaften und Europäischen Kulturgeschichte an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg hatte sie wissenschaftliche Projekte unterstützt und Erfahrungen in der Provenienzforschung gesammelt. Nach ihrem Abschluss war sie an der Vorbereitung eines Provenienzforschungsprojekts des Landesverbandes Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband e.V. beteiligt. Von 2018 bis 2020 recherchierte sie dank der freundlichen Förderung der Stiftung Kulturgutverluste nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Bänden in sachsen-anhaltischen Bibliotheken. Bisher hat sie hauptsächlich zu Ergebnissen der Provenienzforschung, Diakonie im Nationalsozialismus und Freiwilligkeit in Diktaturen publiziert. Sie engagiert sich zudem zivilgesellschaftlich im Verein „Blinde Flecken Erfurt“ zur Aufarbeitung rechter Gewalt, Stärkung von Betroffenenperspektiven und kritischen Auseinandersetzung mit der deutschen Erinnerungskultur.
Forschungsschwerpunkte (research interests)
- Alltagsgeschichte des 20. Jahrhunderts, v.a. Betriebsalltag in der DDR (everyday history in the 20th century, especially everyday business in the GDR)
- Protestantismus im Nationalsozialismus (protestantism under national socialism)
- Wohlfahrts- und Medizingeschichte (welfare and medical history)
- Provenienzforschung (provenance research)
- Oral-History
Vita und Publikationsverzeichnis
Elena M.E. Kiesel is a historian at the University of Erfurt in the field of modern and contemporary history and is part of the academic coordination office "Koloniales Erbe Thüringen". Since 2020, she has been working on her doctoral project on voluntary participation in the GDR with a focus on the so-called Neuererbewegung. She is working closely with the Oral History Research Center at the University of Erfurt and the research network "Diktaturerfahrung und Transformation". In November 2020, she came to Erfurt as a research associate in the DFG research group "Voluntariness", sub-project "Voluntariness in Dictatorships". She had already supported academic projects and gained experience in provenance research during her studies of Cultural Studies and European Cultural History at Otto von Guericke University Magdeburg. After graduating, she was involved in preparing a provenance research project for the Landesverband Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband e.V. From 2018 to 2020, thanks to the kind support of the Stiftung Kulturgutverluste, she researched nazi-looted volumes in libraries in Saxony-Anhalt. So far, she has mainly published on the results of her provenance research, diaconia under National Socialism and voluntariness in dictatorships. She is also involved in the civil association "Blinde Flecken Erfurt", which aims to come to terms with right-wing violence, strengthen marginalized perspectives and critically examine the German culture of remembrance.
Promotionsprojekt: „Freiwilliges“ Mitmachen in der DDR. „Freiwilligkeit“ als Norm, Ressource und Diskursstrategie in der Neuererbewegung (AT)
In diktatorischen Regimen spitzen sich die Antinomien der Freiwilligkeit zu; die Motivationen für individuelles Mitmachen erstrecken sich über ein breites Spektrum, in dem auch Gewalt und Zwang wichtige Rollen spielen. Einem subjektbezogenen Analyseansatz folgend, fokussiert die Untersuchung das freiwillige Mitmachen von „Neuerern“ - also Mitgliedern des betrieblichen Erfinder- und Vorschlagswesens der DDR, der sogenannten Neuerer- und Rationalisatorenbewegung. Im Mittelpunkt der Analyse stehen dabei individuelle Sinndeutungen des eigenen Handelns ebenso wie das Verhältnis zwischen Selbstregulierung und Fremdführung bei der Mitwirkung in der politisch orchestrierten Massenbewegung.
Das Projekt legt drei Dimensionen von Freiwilligkeit zugrunde. Erstens kann Freiwilligkeit als Normerwartung im fluiden Diskurs der Leitprinzipien staatlicher Massen- und Betriebsorganisationen verstanden werden. Zweitens wird Freiwilligkeit als Ressource der Selbstbefähigung und -wirksamkeit derjenigen, die sich für die (vermeintliche) Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen engagierten, untersucht werden. Im Zentrum dieses Teilprojekts steht die Frage nach individuellen Handlungsspielräumen der „Neuerer“ zwischen Staatsloyalität, organisationsspezifischen Maximen, ideologischen Überzeugungen und persönlichen Argumentationen. Drittens wird Freiwilligkeit als Diskursstrategie in den Blick genommen werden: In der DDR diente freiwilliges Mitmachen auch zur Selbstvergewisserung als „Freiwillige*r“ im Einklang mit dem normativen Diskurs. Jedoch verkehrte sich die Bedeutung freiwilligen Mitmachens in der DDR nach 1990 ins Negative. So fragt das Teilprojekt auch nach dem Bedeutungswandel im Verständnis von Freiwilligkeit im zeithistorischen Kontext.
Das Teilprojekt verfolgt drei Ziele: Erstens geht es darum, eine neue Perspektive auf das betriebliche Vorschlagswesen der DDR zu eröffnen, das bisweilen in erster Linie in wirtschaftswissenschaftlicher Hinsicht untersucht worden ist. Durch die Verschränkung subjektiver Sinngebung und kollektiver Leitvorstellungen soll ein innovativer Beitrag zu einer sozial- und alltagshistorischen Untersuchung der DDR geleistet werden. Zweitens zielt das Projekt auf einen neuen Ansatz zur Erklärung systemkonformen Handelns in Diktaturen ab, der sich nicht allein in der Frage nach der ideologischen Überzeugung erschöpft. Drittens beabsichtigt das Projekt zum Verständnis der spezifischen Staatlichkeit und Gouvernementalität der DDR beizutragen. Durch die Verbindung normativer Aspekte diktatorischer Herrschaftskonzeption mit Fragen nach der Selbstdeutung handelnder Subjekte soll das bisherige Verständnis von diktatorischer Herrschaft differenziert und aktualisiert werden.
Assoziiertes Projekt im Forschungsverbund "Transformation und Diktaturerfahrung"