Sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene weckt das Streben vieler Muslime nach Gebetsräumen, die nicht in zweckentfremdeten Hallen, Garagen oder Wohnungen bestehen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, aber auch die der Politik und Wissenschaft. Dass eine Moschee in Europa von der Mehrheitsbevölkerung als Teil des Stadtbildes akzeptiert oder gar als kulturelle Wertschätzung empfunden wird, gelingt allerdings nur in den seltensten Fällen. Der schwierige Weg zu gesellschaftlicher Akzeptanz und der Kampf um die Durchsetzung religiöser Grundrechte soll am Beispiel der Ahmadiyya Muslim Jama’at (AMJ) untersucht werden. Grundlegend hierfür ist die Annahme, dass kulturelle Identitäten in der Praxis immer auch mit Räumen verbunden sind: Die Neutralität des öffentlichen Raumes und seine bisherigen homogenen Strukturen werden durch das öffentliche Auftreten der Muslime, durch deren Praktiken und Forderungen in Frage gestellt; die Bedeutung und Verwendung des öffentlichen Raums verändert sich. Basierend auf diesem Grundgedanken, soll herausgearbeitet werden, inwieweit sich die dabei vorgenommenen Distinktionen und Exklusionen auf die Stellung und die Selbstbeziehung der Gruppe auswirkt. Die Gemeinde der AMJ in Thüringen plant aktuell einen Moscheebau in der Landeshauptstadt Erfurt, wodurch sie in das Zentrum medialer Aufmerksamkeit gerückt ist und ein Konflikt bereits in Gang gesetzt wurde. Die Studie soll sich jedoch nicht allein auf die Situation der AMJ in Erfurt im Speziellen und Deutschland im Allgemeinen beschränken, sondern bezieht im Rahmen einer komparativen Analyse die Lage der AMJ in Italien mit ein: Ausgehend von ihrem Hauptsitz in Bologna, versucht die AMJ sich auch hier zu etablieren. Sichtbarkeit, Anerkennung, symbolische Repräsentation und Konflikt sind die vier Themenschwerpunkte, deren Wechselwirkungen und Interdependenzen aufgedeckt werden sollen. Dieser Ansatz soll einen neuen Zugang zu dem Themenkomplex Moscheebaukonflikte und Auseinandersetzungen um die symbolische Präsenz religiöser Minderheiten eröffnen.
Erstgutachter: Prof. Dr. Günther Schlee (Direktor des Max-Planck-Instituts für ethnologische Forschung)
Zweitgutachter: Prof. Dr. Kai Hafez (Universität Erfurt)