Die 3. Generation deutscher MESH-Studierender im Libanon - erstmals an zwei Universitäten (Februar - Juni 2015)

Die dritte Generation deutscher MESH-Studierender

Wir verabschieden die mittlerweile dritte Generation deutscher MESH-Studierender, die im Februar zur Auslandsphase in den Libanon aufgebrochen sind. Erstmalig ist auch unsere neue Partneruniversität, die  Université Saint-Esprit de Kaslik (USEK), dabei und die Studierenden sind nun auf USJ und USEK verteilt.

Wir wünschen eine gute Reise und eine interessante Zeit an unseren Partner-Universitäten.

Die Installation von Zineb Sedira im Beirut art center

Was macht ein*e Student*in in seiner*ihrer Freizeit? Richtig – Museen erkunden. Was sonst?

So begann unsere Woche mit einem Besuch im Beirut art center in der Ausstellung zu Ehren des britischen Soziologen Stuart Hall (1932- 2014). Besonders im Gedächtnis geblieben ist uns die Installation von Zineb Sedira. In einer Abfolge von Videos unterhalten sich die in Großbritannien aufgewachsene Enkelin (auf Englisch) mit ihrer Mutter, Französin mit algerischen Wurzeln und ihrer algerischen Großmutter auf Arabisch. Es folgt ein Zwiegespräch zwischen Mutter und Tochter auf Französisch. Da wir gerade einen viersprachigen (Französisch, Englisch, Arabisch, Deutsch) Alltag leben und uns im Sprachenwirrwarr zurecht finden, konnten wir zumindest ansatzweise verstehen, wie dies in einer Mehrgenerationenfamilie funktionieren kann.

Was bedeutet es, wenn du in einem Land lebst, in dem ein Großteil der öffentlich sichtbaren Medien eine Schrift benutzen, die du eventuell nicht oder nur begrenzt lesen kannst?

Welchen Einfluss hat es auf deine Identität, wenn du an der Universität fast ausschließlich in einer Fremdsprache kommunizierst, auch außerhalb des Unterrichts?

Was bedeutet es, wenn sich Großmutter und Enkelin aufgrund der Sprachbarriere gar nicht mehr verständigen können?

Wie weit reicht Migration und welche Einflüsse übt sie aus?

Weniger tiefgründige Fragen stellten wir uns ein paar Tage später bei der „nuit des musées“ vergleichbar mit der deutschen langen Nacht der Museen. Hier waren wir sowohl im Nationalmuseum, in einer beeindruckenden Mineraliensammlung als auch in der Villa Audi, einem von einer Bank gestifteten Mosaikmuseum.

Für uns als Geschichtswissenschaftler*innen war es beeindruckend, hundert- bis tausendjährige Zeugnisse der phönizischen Kultur bestaunen zu können und den Abend bei einem Wein mit  unserem Falafelmenschen des Vertrauens ausklingen zu lassen. Welch ein Glück, dass Beirut anscheinend so klein ist, dass man egal wo man hingeht immer Menschen trifft, die man kennt.   

Thabea B. und Marei S.

Zwei Frauen vor einer Statue
Zur „nuit des musées“ im Nationalmuseum in Beirut
Zwei Frauen vor einer Statue
Zwei Frauen vor einer Sandstein-Wand

Nach zwei Wochen im Libanon ist es an der Zeit, ein erstes Fazit zu ziehen und die frühen Eindrücke in Worte zu fassen. In diesem Jahr wurde die MESH-Gruppe auf zwei Universitäten aufgeteilt, was bei der Größe der Gruppe auch gut funktioniert. Robby, Helena und ich sind an der Université de Saint-Esprit de Kaslik (USEK) in Jounieh untergekommen, welche neue Partneruni des MESH-Programms ist. Der Küstenort liegt nur ein paar Kilometer nördlich von Beirut, wo der andere Teil der Gruppe studiert.

Nach einigen ersten Erkundungstouren durch die Stadt wird deutlich, dass die Region hier besonders christlich, genauer: katholisch-maronitisch, geprägt ist. An vielen Ecken stehen Vitrinen mit Ikonen, Heiligendarstellungen oder Bildern katholischer Bischöfe. Zudem hat Jounieh einen alten Markt (Souk) direkt am Wasser, der sich mittlerweile zur edlen Luxuspromenade entwickelt hat. Europäische und amerikanische Marken sieht man in vielen Schaufenstern und auf Werbeschildern.

Die ganze Stadt erstreckt sich am Hang eines Berges, hinter welchem sich das wunderschöne Libanongebirge ausdehnt. Über der Stadt auf dem Gipfel der Bergkette steht die Jungfrau Maria als große weiße Bronzestatue der Pilgerstätte Harissa. Dort führt auch eine lange Seilbahnstrecke aus dem Stadtkern heraus hin, welche mit Sicherheit bald von mir getestet werden wird.

Die Universität liegt nur etwa 300 Meter Luftlinie vom Meer entfernt, sodass man einen tollen Ausblick auf das Wasser und die Buchten hat. Der Campus selbst ist sehr schön und modern, und in seiner Größe etwa mit dem der Uni Erfurt zu vergleichen; man hat also kurze Wege und gewinnt schnell einen Überblick. Helena ist in einem Wohnheim auf dem Universitätsgelände untergebracht, Robby und ich wohnen in einem Appartement ganz in der Nähe.

Die USEK ist stark frankophon, die Unterrichtssprache in der Regel Französisch. Auch unsere Veranstaltungen finden in französischer Sprache statt, was natürlich ein gutes Training liefert, an einem langen Unitag aber auch etwas anstrengend ist. Die Seminare an sich haben meist politische Inhalte, was mir persönlich gefällt. Zudem sind alle Dozenten sehr nett und gehen hilfsbereit auf uns ein. Denn nicht nur für uns ist hier alles neu, auch für sie sind wir die erste MESH-Gruppe.

In den nächsten Wochen und Monaten gilt es nun, auch die weitere Umgebung der Küste und des Libanongebirges zu erkunden und die Hauptstadt Beirut zu besichtigen, von der wir bis auf den Flughafen und ein Hotelzimmer in der ersten Nacht kaum etwas gesehen haben.

Yalla Bye! Oder doch eher à bientôt?

Felix Strauch

Blick über die Dächer von Jounieh
Der Hafen von Jounieh - im Hintergrund das Libanongebirge
Die USEK bei Nacht...
... und bei Tag