Aufbau der Sammlungen
Gotha und die Reformation sind eng miteinander verbunden. Nachdem Johannes Langenhan bereits 1522 das „neue“ Evangelium verkündet hatte, nahm 1524 der ehemalige Franziskaner Friedrich Myconius (1490–1546) als erster „lutherischer“ Pfarrer seine Arbeit in Gotha auf und legte so den Grundstein für eine Verstetigung und Ausweitung der Reformation im Territorium. Mit der Begründung des Herzogtums Sachsen-Gotha durch Herzog Ernst I. (1601–1675) im Jahr 1640 wurde Gotha zur Residenzstadt eines kleinen Territoriums, das jedoch aus dynastischer, politischer und konfessioneller Sicht eine gewisse Bedeutung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation erlangte. Da sich die thüringischen Ernestiner – im Unterschied zu den sächsischen Albertinern – als die Sachwalter des Luthertums verstanden, pflegten sie die Erinnerung an die Reformation hier besonders. So wurde die im Zuge der Errichtung des Schlosses Friedenstein 1647 gegründete Herzogliche Bibliothek früh zu einem Gedächtnisort und Zentrum der Reformationsforschung. Dafür stehen bedeutende Gelehrte wie Veit Ludwig von Seckendorff (1626–1692), Wilhelm Ernst Tentzel (1659–1707) und Ernst Salomon Cyprian (1673–1745). Auch der Gothaer Superintendent Karl Gottlieb Brettschneider (1776–1848) belegt mit seiner Edition der Schriften Philipp Melanchthons im Rahmen des Corpus Reformatorum die vorzügliche Quellenlage der Bibliothek. Besonders in den ersten 100 Jahren des Bestehens der Herzoglichen Bibliothek wurde die reformationsgeschichtliche Sammlung zielgerichtet auf- und ausgebaut. Sie ermöglichte damit die Erforschung der Reformation und ihrer Folgewirkungen auf überkonfessioneller und europäischer Ebene.
Heute ist die Forschungsbibliothek Gotha aufgrund ihrer herausragenden Sammlungen von Handschriften, Korrespondenzen, Nachlässen und Alten Drucken zur Geschichte der Reformation und des Protestantismus eine Referenzsammlung für den mitteldeutschen und angrenzenden norddeutschen Raum.