Dr. Christian Methfessel

christian.methfessel@uni-erfurt.de

Annexionen und Sezessionen im Zeitalter des globalen Kalten Kriegs

Artikel 2/4 der UN-Charta verbot Staaten jegliche gegen die territoriale Integrität anderer Staaten gerichtete aggressive Handlungen. Allerdings war der Sicherheitsrat, dem eigentlich die Aufgabe oblag, Verstöße gegen diesen Artikel zu ahnden, im Zeichen des Kalten Krieges zumeist von einer gegenseitigen Blockade geprägt. Dennoch erwies sich das Prinzip der territorialen Integrität im Zeitalter des Kalten Kriegs als erstaunlich wirksam. Um diese relative Stabilität zu erklären, wird der Umgang der internationalen Politik mit Annexionen und Sezessionen untersucht.

Im Mittelpunkt des Interesses steht die Rolle, die dabei den nach dem Zweiten Weltkrieg unabhängig werdenden Staaten zukam. Die Dekolonisation führte zu einem rapiden Wandel in der Staatenwelt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Eintritt der postkolonialen Staaten in die internationale Politik führte zu neuen Mehrheits- und Machtverhältnissen in den Vereinten Nationen und änderte die Spielregeln des Kalten Krieges. Mit diesem Fokus soll ein Beitrag zur Erforschung des Einfluss der „Dritten Welt“ auf die internationale Ordnung geleistet werden. Bislang galt das Interesse hierzu vor allem dem erfolgreichen Voranbringen einer anti-imperialistischen Agenda oder den erfolglosen Forderungen nach einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung. Anliegen dieses Projektes ist es zu zeigen, dass der Einfluss der postkolonialen Staaten über diese Punkte hinausging und sie auch zur Konsolidierung eines Systems souveräner Staaten mit unverletzlichen Grenzen beitrugen.

Kontroverse Gewalt. Die imperiale Expansion in der englischen und deutschen Presse vor dem Ersten Weltkrieg

In den beiden Dekaden vor 1914 führten Großbritannien und Deutschland zahlreiche Kolonialkriege. Während diese für die Bevölkerung vor Ort verheerende Folgen hatten, waren die meisten Menschen in Europa damit nur bei der Zeitungslektüre konfrontiert. Als Medienthema aber waren Kolonialkriege und imperialistische Interventionen in der Öffentlichkeit sehr präsent, sie lösten politische Kontroversen aus und prägten die Wahrnehmung der europäischen Expansion.

Anhand der englischen und deutschen Presse untersucht das Projekt, wie die telegraphische Vernetzung der Welt und der Aufstieg der Massenmedien die Berichterstattung über imperiale Militäreinsätze beeinflussten, welche Selbst- und Fremdbilder dabei zum Vorschein kamen und welchen Einfluss die öffentlichen Debatten über die imperiale Expansion auf die politische Entwicklung Großbritanniens und Deutschlands hatten.

Das Projekt stand im Mittelpunkt einer Dissertation, die 2013 an der Universität Erfurt eingereicht und verteidigt wurde. Die Publikation ist in der Reihe „Peripherien. Neue Beiträge zur Europäischen Geschichte“ im Böhlau Verlag erschienen.

Globalgeschichte

Kolonialgeschichte

Mediengeschichte

Internationale Geschichte

„Oxident gegen Orient“. Europabilder in der Berliner Morgenpost während des Boxerkriegs, in: Themenportal Europäische Geschichte (2009), URL: https://www.europa.clio-online.de/essay/id/artikel-3563.

Tagungsbericht „The Boxer War and its Media: Making a Transnational Historical Event, 1900 to the Present“, in: AHF-Information 196 (2009). pdf
Europa als Zivilisationsmacht. Kolonialkriege und imperialistische Interventionen in der deutschen und britischen Öffentlichkeit um 1900, in: Frank Bösch/Ariane Brill/Florian Greiner (Hg.), Europabilder im 20. Jahrhundert. Entstehung an der Peripherie, Göttingen 2012, S. 54-78.

Spreading the European Model by Military Means? – The Legitimization of Colonial Wars and Imperialist Interventions in Great Britain and Germany around 1900, in: Comparativ 22/6 (2012), S. 42-60.

Zus. mit Jürgen Dinkel und Florian Greiner: „Murder of a European“. Der „bedrohte Europäer“ als Leitmotiv im Kolonialdiskurs vom Zeitalter des Hochimperialismus bis zur Epoche der Dekolonisation, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 62/3 (2014), S. 219-238.

Appeals for European Solidarity as Calls for Colonial Violence: British and German Public Debates around 1900, in: European Review of History/Revue Europeenne d’Histoire 24/6 (2017), S. 918-931.

Zus. mit Iris Schröder, Antikommunismus und Internationalismus, in: Norbert Frei/Dominik Rigoll (Hg.), Der Antikommunismus in seiner Epoche. Weltanschauung und Politik in Deutschland, Europa und den USA, Göttingen 2017, S. 139-155.

Bilder des Westens in der englischen Öffentlichkeit um 1900, in: Riccardo Bavaj/Martina Steber (Hg.): Zivilisatorische Verortungen. Der „Westen“ an der Jahrhundertwende (1880-1930) (Zeitgeschichte im Gespräch; 26), Berlin/Boston 2018, S. 26-43.

Kontroverse Gewalt. Die imperiale Expansion in der englischen und deutschen Presse vor dem Ersten Weltkrieg (Peripherien. Neue Beiträge zur Europäischen Geschichte; 3), Wien u.a. 2019.

Wohlüberlegter Plan oder gefährliches Abenteuer? Zur Legitimation der deutschen Annexion Kiautschous 1897/98, in: Jan-Hendryk de Boer (Hg.), Praxisformen. Zur kulturellen Logik von Zukunftshandeln (Kontingenzgeschichten; 6), Frankfurt a.M./New York 2019, S. 203-213.

Rassistische Prestigepolitik mit Kanonenbooten: Die Militäraktion gegen Haiti 1897 und die deutsche Öffentlichkeit, in: Portal Militärgeschichte, 10. Juni 2019, URL: http://portal-militaergeschichte.de/methfessel_prestigepolitik.

Zus. mit Florian Wagner, Colonialism: Transimperial Cooperation and the European Idea (1880-1914), in: International Encyclopaedia of Ideas of Europe, 24 August 2020, URL: http://www.ideasofeurope.org/encyclopaedia/interactions/colonialism.

Telegramme, Läufer, Brieftauben: Kommunikation in Zeiten imperialer Kriege, in: René Smolarski (Hg.), Verbindung halten. (Post)kommunikation unter schwierigen Verhältnissen (Post – Wert – Zeichen; 2), Göttingen 2021, S. 41-62.

Afro-Asian States, the Congo Crisis, and the United Nations: Solidly United in an Anti-imperial Agenda?, in: Transimperial History Blog, 19 August 2021, URL: https://www.transimperialhistory.com/afro-asian-states-the-congo-crisis-and-the-united-nations.