"Collegium Porta Coeli" ("Collegium zur Himmelspforte) auch genannt "Collegium Amplonianum" war die Stiftung des Amplonius Rating de Berka zur Versorgung und Förderung von Studenten der Universität Erfurt sowie zur Bewahrung, Pflege und Mehrung der von ihm zusammengetragenen sogenannten "Bibliotheca Amploniana".
Die Stiftung der "Porta Coeli" in Erfurt ist eng verbunden mit Amplonius' Schenkung seiner Büchersammlung. In seinem (ersten) Stiftungsbrief vom 1. Mai 1412 kündigte Amplonius die Errichtung und Ausstattung eines Hauses an, dem er seine Bibliothek schenken wollte. Zu diesem Zweck hatte die Stadt Erfurt dem Amplonius bereits wenige Wochen zuvor ein Haus in der Michaelisstraße (heute Nr. 44) geschenkt und für ewige Zeiten von allen Lasten und Abgaben befreit, während Amplonius ein Grundkapital von 2400 Goldgulden zur Verfügung stellte. Ursprünglich scheinen in diesem Colleg 8 Stipendien für Studenten der Artes und einige Studierende der höheren Fakultäten eingerichtet gewesen zu sein. Das Amt des Dekans hatte sich Amplonius selbst bzw. einem von ihm bestellten Vertreter vorbehalten.
Die Hauptbestimmungen dieser Schenkung betreffen die amplonianische Bibliothek, die Amplonius zwar dem Colleg schenkte, deren lebenslangen Nießbrauch er sich jedoch vorbehielt. Entgegen der ursprünglichen Pläne kamen zahlreiche Bücher schon 1415 nach Erfurt, weswegen der Rat ein Gebäude bereitstellte, das an das bereits vorhandene anschloß, und beide Häuser auf städtische Kosten zu einem Collegium umbauen ließ. Im selben Jahr noch schrieb sich Amplonius' ältester und gleichnamiger Sohn im Sommer-Semester zum Studium der Artes in Erfurt ein. Er wird Anfang 1421 zum Magister Artium promoviert. Danach wechselte er an die Universität Köln.
Fast gleichzeitig geriet Amplonius mit dem Rat der Stadt Erfurt in Streit über seine Stiftung. Er wirft dem Rat vor, dass dieser die vom Stiftungskapital im Juni/Juli 1421 fälligen Zinsen von 20 Mark Silbers verringert bzw. verkümmert habe und spricht in seinem Klagebrief vom 11. Juni 1421 davon, dass sich sein Gesamtschaden inzwischen auf mehr als 400 Gulden belaufe. Amplonius droht mit der Zurücknahme der Stiftung und dem Abzug seiner Büchersammlung aus Erfurt. Daraufhin appellierte die Universität Erfurt am 26. Oktober 1421 an den Papst. Der Streit eskalierte im Verlauf der beiden kommenden Jahre, wird dann jedoch infolge der am 27. Januar 1423 erfolgten richterlichen Entscheidung der Kurie zu Gunsten des Rates der Stadt Erfurt von beiden Seiten rasch beigelegt. Am 4. Juli 1424 bekannte Amplonius schließlich, notariell beglaubigt, seine Aussöhnung mit der Stadt.
Am 16. August 1423 quittierte der Erfurter Rat ein Stiftungskapital von 2400 Gulden, aus dem 20 Mark Zinsen erzielt wurden. Am 2. Februar und 25. Juli jeden Jahres sollten aus den Zinsen die Stipendien an die zunächst 8 Collegiaten ausgezahlt werden. Beabsichtigt war weiter, die Zahl der Collegiaten auf 17 zu erhöhen. Diese Regelung bestätigte ein deutscher Brief des Amplonius vom 22. September 1423 (auch als 2. Stiftungsbrief bezeichnet), den er in Köln ausstellte. Darin erklärte der Stifter, dass er auf die jährlichen Erträge aus seiner Leibrente bei der Stadt Erfurt auf 11 Jahre verzichtet, um hierdurch das Stiftungskapital so weit zu erhöhen, dass schließlich 17 Präbenden/Stipendien (13 Magistri und 4 unpromovierte Studenten) bezahlt werden könnten.
Amplonius selbst behielt sich das Dekanat (und somit die ideelle und wirtschaftliche Leitung) des Collegiums vor, das nach ihm an seine Söhne Amplonius und Dionysius de Fago (von der Buche) fallen sollte. Beide Söhne studierten zu dieser Zeit in Erfurt: Dionysius begann das Artes Studium, Amplonius studierte Medizin und scheint als Magister der "Porta Coeli" vorgestanden zu haben. Dort besaßen beide, zusammen mit 6 oder 8 Gesellen, Wohnrecht im Haus der "liberaria", während das zweite Haus (seit 1415 zur Stiftung gehörig) zu Gunsten des Collegs vermietet wurde.
Wohl mit Blick auf die 1434 auslaufende Regelung mit der Stadt Erfurt über die Einkünfte aus seiner Leibrente begann Amplonius im Jahr 1433 mit der Ordnung der Angelegenheiten des Collegiums.
Er verfügte, dass jeweils ein magistrierter Artist der "Porta Coeli" aus Rheinberg 4 Jahre lang die Stadtschule seiner Heimatstadt leiten musste, bevor er das Studium fortsetzen durfte. Die vakante Präbende wurde während dessen zu Gunsten des Collegs verwendet, und der Stipendiat erhielt in dieser Zeit Einkünfte aus den Erträgen eines Kapitals, das Amplonius im April 1433 dem Rat von Rheinberg übergeben hatte.
In einem notariell beglaubigten Schreiben vom 22. Dezember 1433 erneuerte Amplonius seine Stiftung und legte die Statuten seines Collegs nieder, die er bis zum Sommer 1434 erweiterte und ergänzte.
Die Zahl der Collegiaten wurde nunmehr auf 15 festgesetzt. Die Besetzung von neun Stipendiatenstellen (deren Inhaber ein Mindestalter von 15 Jahren aufweisen mussten) stand dem Rat von Rheinberg zu; jeweils zwei weitere Stellen, die Bakkalaren vorbehalten waren, besetzten die Stadt Erfurt sowie Christian und Heinrich von Erpel (ersatzweise die Stadt Erpel), eine der Rat von Soest. Das Patronat über ein weiteres Stipendium stand Kunigunde von Hagen bzw. ihren Verwandten zu (ersatzweise der Stadt Herford). Zum Dekan bestimmte er seinen Sohn Amplonius de Fago, nach ihm dessen Bruder Dionysius bzw. einen von diesen bestellten Stellvertreter.
Gleichzeitig setzte Amplonius, mit Zustimmung seiner Töchter Helene und Agnes de Fago sowie deren Mutter Kunigunde von Hagen, weitere jährliche Einkünfte für den baulichen Erhalt des Collegiums bzw. den Ankauf von Büchern aus. Diese Gelder sollten aus einer Geldanlage bei der Stadt Mainz fließen, die bisher den drei Frauen zugute gekommen war.
Am 29. Septemer 1434 wurde das Collegium feierlich eröffnet und die Collegiaten wohl erstmals in einer offiziellen schriftlichen Liste (Matrikel) erfasst. Erster Dekan wurde der Jurist Volkmar Coyan aus Halle. Schon wenige Monate später, um Ostern 1435, stirbt Amplonius Rating de Berka mit wohl über 70 Jahren in Köln.
In den nächsten Jahren nahm die Stiftung des Amplonius einen raschen Aufschwung. Bereits 1439 wurde das "Collegium Porta Coeli" an der Leitung der Artistenfakultät beteiligt und stellte wohl eine Ernst zu nehmende Konkurrenz zum "Collegium maius" dar. Auch finanziell scheint das Collegium auf gesunden Grundlagen gestanden zu haben und finanzierte sich offenbar aus den Erträgen des Stiftungsvermögens, Nachlässen, Seelgerätstiftungen, Geldzuwendungen ehemaliger Stipendiaten sowie durch Zahlungen derjenigen, die im Colleg verköstigt wurden und dort wohnen, ohne jedoch Stipendiaten zu sein; auch aus dem Ausschank von Wein und Bier dürften reichlich Einkünfte geflossen sein. 1503 stiftet Tileman Gans aus Herborn eine weitere Collegiatenstelle, deren Präsentationsrecht der Stadt Herborn übertragen wurde.
Anfang des 16. Jahrhunderts geriet die Universität Erfurt in eine Krise und hatte mit stark sinkenden Studentenzahlen zu kämpfen. Diese Entwicklung traf auch das "Collegium Porta Coeli", das zusätzlich noch durch Misswirtschaft der Dekane in weitere finanzielle Schwierigkeiten geriet. Dies hatte zur Folge, dass jene Gebäude, die für das Collegium während der Aufschwungphase im 15. Jahrhundert zur Unterbringung der Studenten und für die Abhaltung von Lehrveranstaltungen hinzuerworben wurden, wieder abgestoßen wurden. Das Collegium reduzierte sich räumlich nun wieder auf die ursprünglichen Gebäude an der Michaelisstraße samt deren Gärten.
Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts, unter den Dekanen Hugo Imhof und Hermann Zurlinden aus Rheinberg, nahm das Colleg wieder einen gewissen Aufschwung, nachdem auch Protestanten als Collegiaten zugelassen wurden und man sich stärker humanistischen Studien öffnete. Dies war jedoch nicht von Dauer, da sich unter anderem der bald folgende Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges verheerend auch auf die finanzielle Situation des Collegiums auswirkte. So stellte beispielsweise der Erfurter Rat 1628 seine Zinszahlungen an das Colleg ein, wodurch sich dessen ohnehin schon angespannte finanzielle Situation weiter verschärft.
Sowohl die Amplonianische Collegienstiftung als auch die Büchersammlung überdauerten jedoch die dann folgenden finanziellen und existenziellen Krisenzeiten. Nach einer Zwischenstation im "Collegium Saxonicum" (Allerheiligenstraße 9/10) ab 1758 werden 1767 "Porta Coeli" und "Bibliotheca Amploniana" in das ehemalige Haus des Kurmainzischen Statthalters in die Marktstraße (heute Nr. 6, "Alte Hofstatt" / "Haus zum Falkenstein") verlegt - dieses Gebäude wurde in den 1870er Jahren durch einen Schulneubau ersetzt.
Am 24. September 1816 erfolgte die Schließung der alten Universität Erfurt, der letzte Dekan der "Porta Coeli", M. Jacob Dominicus, wurde nach Koblenz versetzt und verfügte, dass die "Bibliotheca Amploniana" in Erfurt verbleiben soll.
Literatur:
Hermann Weißenborn: Amplonius Ratingk de Berka und seine Stiftung: mit Benutzung der Urkunden in Magdeburg und Erfurt; nebst Ergänzungen und Berichtigungen. Erfurt 1878.
Georg Oergel: Das Collegium zur Himmelspforte: während des Mittelalters. Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 19.1898, S. 19-114 [auch Separatdruck, Erfurt ca. 1899].
Georg Oergel: Das Collegium zur Himmelspforte: von der Reformation bis zur Reduktion 1521 - 1664. Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 20.1899, S. 1-50 [auch Separatdruck, Erfurt ca. 1899].
Wilhelm Schum: Beschreibendes Verzeichnis der Amplonianischen Handschriften-Sammlung zu Erfurt. Berlin 1887, Neudruck Hildesheim 2010.
Rudolf Benl: Neue Quellen zur Erfurter Bibliotheksgeschichte des 15. Jahrhunderts, Jahrbuch für Erfurter Geschichte 2006, S. 21-38.
Aus: Brigitte Pfeil Mosaiksteine‘ zur Geschichte der ‚Bibliotheca Amploniana‘