Nach dem Tod des Erfurter Buchbinders und Einbandforschers Adolf Rhein (1885-1964) gelangte sein Nachlass in die damalige Stadtbibliothek. Er wurde 2001 zusammen mit den historischen Handschriften- und Buchbeständen der Stadt Erfurt als Dauerleihgabe an die Universität Erfurt übergeben. Der Nachlass besteht aus Sonderdrucken, hand- und maschinenschriftlichem Material, Zeitschriftenbänden, Büchern, Mustersammlungen von Einbandpapieren, Stempelabdrucken bzw. -abreibungen sowie einer Foto- und Negativsammlung zur Erfurter Bibliotheksgeschichte mit Beispielen zu den Bibliotheksräumen und den Buchbeständen, besonders unter einbandkundlichen Gesichtspunkten. Insbesondere hinzuweisen ist auf ein "Buchgewerbliches Hilfsbuch für die Bestände der Erfurter Stadtbücherei" (Erfurt 1909 - 1926).
Anlässlich des 20. Deutschen Bibliothekartages, der 1924 in Erfurt stattfand, erarbeitete Rhein zusammen mit Georg Aderhold eine Ausstellung im Erfurter Kunstverein unter dem Titel "1000 Jahre Schrift und Buch".
Bis zu seinem Tod arbeitete Rhein an einer Veröffentlichung unter dem Titel "Alt-Erfurter Einbandmeister. Werkstätten und Einbände." Die in diesem Zusammenhang von ihm erstellten Stempellisten zu den einzelnen Werkstätten wurden in provisorischer Form in der Digitalen Bibliothek Thüringen (DBT) zugänglich gemacht (Konkordanz und Scans der Manuskriptseiten).
Der Nachlass ist bislang nur grob sortiert. Eine vorläufige Übersicht liegt in maschinenschriftlicher Form vor.
Neben einem beachtlichen Bestand an mittelalterlichen Handschriften, frühen Drucken und Kuriositäten werden in der Sondersammlung der UB auch Nachlässe aufbewahrt. Einer dieser Nachlässe stammt von Adolf Rhein einem Erfurter Buchbinder und Einbandforscher des 20. Jahrhunderts. Auf der Suche nach Einblicken in die faszinierende Welt mittelalterlicher Einbände und frühen Buchbinderhandwerks ließ sich Helene Jung, Masterstudentin der Sammlungsbezogenen Wissens- und Kulturgeschichte, auf ein Praktikum in der Sondersammlung ein. Von April bis Juni 2017 hatte sie dabei Gelegenheit, Rheins umfangreiche Sammlung von Abreibungen meisterlicher Einbände und historischer Rollenstempel kennen und bewundern zu lernen und bei der Digitalisierung von besonders gefährdeten Teilen des Bestandes einen Einblick in die Arbeit eines Meisters zu erhalten.
Adolf Rhein arbeitete an einem umfangreichen Werk zur Geschichte des Buchbinderhandwerks in Erfurt, dessen Manuskript Teil des Nachlasses ist und von Rheins schier unerschöpflichem Wissen über Einbände zeugt. Auf der Suche nach den Quellen dieses Wissens studierte Frau Jung Adolf Rheins „Wanderbuch“ (NRhein A3) – eine gebundene Sammlung von Briefen, Notizen und anderen Dokumenten aus seiner Zeit als Wandergeselle in Karlsruhe, Stuttgart, Zürich und Italien 1904 bis 1906.
Zwar fand sie darin leider nicht das erhoffte kodikologische Geheimwissen, doch einige lebendige Zeugnisse des Gesellenlebens im frühen 20. Jahrhundert und eine ergiebige Quelle zum Wander- und Musikfreund, zum Menschen Adolf Rhein.
Verfasserin: Helene Jung (Stand: Juni 2017)