Mobilisierung von Religion in Europa
Projektbeschreibung
Hat die Moderne die Religion auf dem Gewissen? Neuste Erkenntnisse in der Säkularisierungsdebatte widerlegen diese Theorie. Europa erlebt ein intensives Interesse an Religion, sowohl im akademischen Bereich als auch im alltäglichen Leben. Ob es um die Ost-Erweiterung der Europäischen Union oder die Rolle der christlichen Religion in der EU-Verfassung geht: Die Frage religiöser Identität und Abgrenzung beschäftigt die Öffentlichkeit. Hier setzt das Forschungsprojekt „Mobilisierung von Religion in Europa“ an. Forscher der Universität Jena, der Fachhochschule Jena und der Universität Erfurt arbeiten an drei unterschiedlichen Aspekten: Religion und Identität, Institutionalisierung und Repräsentanz von Religion und Politisierung von Religion zu religiöser Gewalt
Europa wird zunehmend zu einem religiös heterogenen Lebensraum. Durch die EU-Osterweiterung und die Zuwanderung muslimischer Arbeitskräfte stellt sich die Frage, ob die europäische Identität an spezifische Religionen und Konfessionen geknüpft ist. Trägt religiöser Pluralismus zur Einheit oder zur Teilung Europas bei? Das Forschungsprojekt befasst sich mit der Debatte über die gemeinsamen Werte Europas, über den christlichen Kalender und zu Europa als Wertegemeinschaft.
Wenn Europa in östliche Richtung wachsen und der Staatenbund zusammenwachsen soll, stellt sich die Frage der Integration von Muslimen in westlichen religiösen Strukturen. Anders als die christliche Kirche kennt der muslimische Glaube keine zentralistische Struktur, sondern ist als Auslegungsreligion pluralistisch angelegt. Können institutionell integrierte Muslime die gleiche Anerkennung beanspruchen wie die lang etablierten Religionen? Untergräbt oder stärkt der Prozess gar die europäischen Institutionen? Das Forschungsprojekt sucht Antworten.
Die Europäische Geschichte hat über Jahrhunderte die gegenseitige Vorstellungen von Bedrohung zwischen Christen und Muslimen kultiviert. Pluralität von Religionen kann deshalb eine Quelle für Krieg und Gewalt sein. Die Kategorie des „Terrorismus“ muss hinterfragt werden, da der Dschihad in einigen muslimischen Diskursen nicht als illegitime Gewalt wahrgenommen wird. Es ist zu klären, warum sich junge Muslime, die scheinbar in europäischen Gesellschaften integriert sind, diesen Diskursen zuwenden, anstatt sich von terroristischen Akten abzugrenzen.
Allen drei Forschungsbereichen gemeinsam ist die Frage, wie ein säkularisierter Staatenbund religiöse Traditionen in Bahnen lenken, religiöse Freiheit gewährleisten und gleichzeitig mit dem Identifikations- und Konfliktpotential umgehen kann.
Ziele
Das Projekt will grundlegendes und umfassendes Wissen über die Mobilisierung von und durch Religion in Europa anhand ausgewählter Forschungsfelder erarbeiten. Dieses Grundlagenwissen soll Beiträge und Empfehlungen zu aktuellen Diskursen und Konflikten bereitstellen, beispielsweise
- zur europäischen Verfassungsdebatte, zum europäischen Selbstverständnis,
- zur Analyse von Instrumentalisierung von Religion,
- zu einer differenzierten Vorstellung der europäischen,
- zu Integrations- und Organisationsformen der in Europa vertretenen Religionen (insbesondere islamische Religion) auf europäischer und auf der Ebene der Mitgliedsstaaten,
- zur Verbesserung des Dialogs zwischen den Religionsgemeinschaften,
- zur Entwicklung und Gestaltung eines Islamunterrichts,
- zum Verständnis und zur Kanalisierung von Radikalisierungs- und Gewalttendenzen.
Förderung
Bundesministerium fuer Bildung und Forschung (BMBF)
Projektpartner
- Universität Erfurt
- Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Fachhochschule Jena