Über die Veranstaltung
- Ziel der Vortragsreihe ist es, die Diskurse und Praktiken des späten Polytheismus zu untersuchen, um zu verstehen, ob und wie sich diese Kulte zwischen der zweiten Hälfte des vierten und dem Ende des fünften Jahrhunderts entwickelt haben. Die Geschichtsschreibung betrachtet die nachkonstantinische Zeit oft als eine Zeit der Krise und des Verfalls der traditionellen Religionen. Die polytheistischen Kulte verschwanden jedoch nicht sofort, und ihre Praxis passte sich den rechtlichen und institutionellen Veränderungen des Reiches an. In den vier Vorträgen wird untersucht, wie sich die späten polytheistischen Kulte in ihrer räumlichen, rituellen und sozialen Dimension entwickelten. Einem chronologischen Ablauf folgend wird zunächst die Frage gestellt, ob der Polytheismus in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts durch die Ausbreitung des Christentums und die damit einhergehende Umkehrung der Machtverhältnisse zugunsten der Christen gegenüber den Heiden beeinflusst wurde. Zweitens werden wir versuchen zu klären, wie die traditionellen Riten, insbesondere die Opfer, am Ende des 4. Jahrhunderts neu organisiert wurden und ob es angemessen ist, wie mehrere neuere Studien behaupten, von Privatisierung oder Krypto-Heidentum zu sprechen. Schließlich werden wir den sozialen Status der polytheistischen Akteure untersuchen, um die oft vertretene Vorstellung zu überprüfen, dass sich die traditionelle Religion vor allem im 5. Jahrhundert allmählich vom städtischen in den ländlichen Raum verlagerte.
18.11.2024 | Teil I: The “last pagans” and the “end of paganism”: ancient and modern discourses
25.11.2024 | Teil II: Multiple initiations for the late antique elite: polytheistic dynamism or pagan crisis?
Im zweiten Vortrag wird die Frage nach mehrfachen Einweihungen in Mysterienkulte unter Aristokraten in der römischen Welt in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts untersucht. Sowohl in den Reden des Libanius (z.B. Oration 15 an Julian im Auftrag von Aristophanes von Korinth) als auch in Inschriften aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts (z.B. Vettius Agorius Praetextatus in Rom oder Mousonius in Attika) erscheinen Mehrfacheinweihungen als Prestigemerkmal innerhalb des cursus honorum. Wenn auch in einer rhetorischen Konstruktion, die auf eine Verurteilung abzielt, bezeugen christliche Autoren auch den sozialen Status, der mit den Einweihungen verbunden ist, wie im Fall des Bekenntnisses von Cyprian dem Magier.
Die Anhäufung religiöser Pflichten wurde bisher entweder als Folge der Dekadenz der polytheistischen Religion gedeutet, da immer weniger Menschen bereit waren, die traditionellen religiösen Funktionen zu übernehmen, oder als Zeichen der neuen Vitalität des Polytheismus, der zunächst von Kaiser Julian und dann vom Usurpator Eugenius gefördert wurde. Wir werden die Relevanz dieser Interpretationen im Lichte der Veränderungen in der polytheistischen Ritualpraxis in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts untersuchen.
- 02.12.2024 | Teil III: New sacrifices? Performing orthopraxy in the fourth and fifth centuries
- 09.12.2024 | Teil IV: Who really are the hellenes and the pagani in the fifth-century Roman Empire?
Diese Veranstaltung aus der Reihe der Monday Lectures wird vom Max- Weber-Kolleg für kultur- uns sozialwissenschaftliche Studien organisiert.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.