Das dreijährige Kooperationsprojekt in Lehre und Forschung zwischen der Universität Erfurt und der State University of Padjadjaran (UNPAD) in Bandung, Indonesien, wurde im Rahmen des DAAD-Programms "Hochschuldialog mit der islamischen Welt" gefördert. Es hat Studierenden der Fachbereiche Kommunikationswissenschaft die Gelegenheit geboten, durch konkrete Forschungsprojekte und innovative Lehrmodelle die Rolle indonesischer und deutscher Medien, politischer Kommunikationsprozesse und -kulturen international vergleichend zu analysieren. Zu diesem Zweck wurden zwei bilaterale Studienexkursionen (Indonesien 2015, Deutschland 2016) durchgeführt sowie eine sich daran anschließende nachhaltige Hochschulpartnerschaft etabliert, die den Austausch und die Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern fördern soll. Im dritten Jahr (2017) wurde eine internationale Fachtagung in Bandung abgehalten.
Der Fokus der Kooperation lag bei der Frage der Medienentwicklung ein. Welche Rolle spielen Medien im gesamten Prozess der politischen, ökonomischen und kulturellen Transformation? Die klassische Frage der Transformationsforschung lautet hier, ob die Medien Transformationsprozesse stimulieren oder vielmehr von ihnen abhängig sind. Im „arabischen Frühling“ zeigten sich ganz erhebliche Umbrüche, die maßgeblich auch durch veränderte Kommunikationsbedingungen eingeleitet wurden. Auch Indonesien hat bereits solche Erfahrungen gemacht – etwa 1998, als beim Sturz des Regimes von Suharto das Internet bereits eine bedeutsame Rolle spielte.
Medien erzeugen also neue „opportunity structures“ (Tilly & Tarrow). Allerdings wurde diese Theorie oftmals falsch gelesen: strukturelle Möglichkeiten ergeben sich nicht allein aus der Mobilisierung der Zivilgesellschaft, sondern erforderlich sind strategische Bündnisse mit herrschenden Eliten. Die kommunikative Macht der Medien in Transformationsprozessen muss also neu reflektiert werden.
Indonesien ist die Nation mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit und befindet sich in einem Zustand anhaltender gesellschaftlicher Transformationen. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht sind jene jüngsten politischen Entwicklungen in Richtung eines demokratisch zunehmend konsolidierten Systems interessant. Der Vergleich zu Deutschland erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich und asymmetrisch. Die Länder gehören unterschiedlichen Religions- und Kulturräumen an, Medien- und Gesellschaftsentwicklung sind weder verwoben noch auf den ersten Blick ähnlich. Doch zeigt sich bei einem näheren Blick, dass sich durchaus auch strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Indonesien finden lassen:
Letztlich stellt sich also die Frage, ob Transformationsprozesse in beiden Ländern wirklich so unterschiedlich verlaufen, wie man zunächst annehmen könnte. In den einzelnen Projekten der Kooperation wurde der Vergleich offen gestaltet und es wurden sowohl Unterschiede als auch Ähnlichkeiten herausgearbeitet.
Der Fokus der Kooperation lag bei der Frage der Medienentwicklung ein. Welche Rolle spielen Medien im gesamten Prozess der politischen, ökonomischen und kulturellen Transformation? Die klassische Frage der Transformationsforschung lautet hier, ob die Medien Transformationsprozesse stimulieren oder vielmehr von ihnen abhängig sind. Im „arabischen Frühling“ zeigten sich ganz erhebliche Umbrüche, die maßgeblich auch durch veränderte Kommunikationsbedingungen eingeleitet wurden. Auch Indonesien hat bereits solche Erfahrungen gemacht – etwa 1998, als beim Sturz des Regimes von Suharto das Internet bereits eine bedeutsame Rolle spielte.
Medien erzeugen also neue „opportunity structures“ (Tilly & Tarrow). Allerdings wurde diese Theorie oftmals falsch gelesen: strukturelle Möglichkeiten ergeben sich nicht allein aus der Mobilisierung der Zivilgesellschaft, sondern erforderlich sind strategische Bündnisse mit herrschenden Eliten. Die kommunikative Macht der Medien in Transformationsprozessen muss also neu reflektiert werden.
Contents
Indonesia, the state with the largest Muslim population in the world, is in a process of continuous societal transformation. From the perspective of Media and Communication Studies, recent political developments towards an increasingly consolidated democratic system are of great interest. The comparison with Germany may seem unusual and asymmetrical. The countries differ with regard to the religious and cultural practices, and media and social developments are neither intertwined nor similar at first glance. A closer look, however, reveals structural similarities between Germany and Indonesia: dynamics and regressions of political transformation under pressure from radical political movements; hyper-modernization in parts of the economies and social life-worlds of post-modern urbanization; a heritage of genocides and cultural struggles over the multi-ethnic and multi-religious fabrics of society. The book deals with the role media play in the course of these political, economic and cultural transformations. Do they ‘follow’ or ‘lead’ the changes in political systems and societies? What can countries learn from each other if they step outside the usual ethnocentric comparisons and engage in a more intense global dialogue? The book is a groundbreaking endeavour in comparative Media and Communication Studies and brings together wellknown researchers from hitherto largely separated academic communities.
Konferenzwebsiteder Universitas Padjadjaran UNPAD Bandung, Indonesien.
Indonesien ist die Nation mit der größten muslimischen Bevölkerungsgruppe weltweit. Derzeit befindet sie sich in einem Zustand anhaltender gesellschaftlicher Transformationen. Grundlegende politische, kulturelle und soziale Veränderungen bestimmen die jüngste Geschichte des Landes, das vor gut fünfzehn Jahren mit Haji Mohammed Suharto noch von einem militärischen Machthaber regiert wurde. Gerade aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht sind jene jüngsten politischen Entwicklungen in Richtung eines demokratisch zunehmend konsolidierten Indonesiens interessant: So stellen sich etwa Fragen zur Funktionalität und Unabhängigkeit des indonesischen Mediensystems, zum Professionalisierungsgrad und Berufsethos indonesischer Journalisten sowie zur Stimmenvielfalt in der Medienöffentlichkeit eines Landes, dessen Bevölkerung ethnisch wie religiös höchst plural ist.
Im Rahmen des ersten Projektjahres sind 12 Studierende und 4 Lehrende im vergangenen Wintersemester 2015/16 für zwei Wochen nach Bandung und Jakarta gereist und haben gemeinsam mit ihren indonesischen Kommilitonen in vier verschiedenen Projekten geforscht, die die Zusammenhänge von Medien und Politik, die Rolle des Internets für die indonesische Zivilgesellschaft, die Repräsentation von Minderheiten und die Bedeutung von Populärkultur zum Gegenstand hatten.
Im Herbst 2016 hatten 12 Studierende und 4 Lehrende der Universität Padjadjaran (UNPAD) Bandung die Gelegenheit , nach Erfurt zu kommen. Gemeinsam mit den indonesischen Gästen haben wir in bilateralen Themenworkshops, Seminaren und mithilfe von Experteninputs an die Einsichten in indonesische Kommunikationskulturen und Medienöffentlichkeiten angeschlossen und den Vergleich zu Deutschland gezogen. Wir haben uns dabei wieder an den Themen der Exkursion orientiert und nach Akteuren, Strukturen und Dynamiken der öffentlichen und privaten Kommunikation in beiden Demokratien gefragt. Dies ist auch interessant, weil beide Demokratien aus diktatorischen Erfahrungen hervorgegangen sind und sich in unterschiedlichen Transformationsprozessen befinden, die wir während der Fall School genauer herausarbeiten werden.
Ministerpräsident Bodo Ramelow hat am Mittwoch, den 5. Oktober 20016 den Startschuss für die zweiwöchige Fall School gegeben, die die Fachbereiche für Kommunikationswissenschaft der Universität Erfurt und der State University of Padjadjaran (UNPAD) in Bandung, Indonesien, an der Universität Erfurt durchführen. Das Thema der Fall School ist der Vergleich der Rolle von Medien im politischen und gesellschaftlichen Transformationsprozess beider Länder. MP Ramelow betonte in seiner Rede die besondere Bedeutung, die der Kooperation mit Indonesien, dem größten muslimischen Land der Erde, gerade in Zeiten wachsender Fremdenfeindlichkeit zukomme. Prof. Dr. Kai Hafez wies auf die bestehenden Defizite des globalen Wissens im deutschen Bildungssystem hin, das außereuropäischen Ländern wie Indonesien nur eine marginale Stellung zuweise. Bei dem anschließenden Empfang von Seiten der Universität Erfurt bezeichnete die Vizepräsidentin der Universität, Frau Prof. Dr. Heike Grimm, sowie der Sprecher des Seminars für Medien- und Kommunikationswissenschaft, Prof. Dr. Patrick Rössler, die Fall School als wichtigen Baustein der Internationalisierung der Hochschule.
Im Oktober 2015 reisten Prof. Dr. Kai Hafez, Dr. des. Anne Grüne, Sabrina Schmidt, M.A. und Subekti Priyadharma, M.A. mit 12 Studierenden der Erfurter Kommunikationswissenschaft nach Indonesien. Gemeinsam mit indonesischen Kommilitonen der State University Padjadjaran UNPAD Bandung erforschten die Studierenden vor dem Hintergrund des demokratischen Transformationsprozesses den Zusammenhang von Politik und Medien, christliche Minderheiten und deren Mediennutzung, die Rolle des Internets für NGO's und deren Einfluss auf die Öffentlichkeit sowie die gesellschaftliche Bedeutung indonesischer Popkultur wie Street-Art und Punk. Teil der Exkursion war ebenso der Besuch des Parlaments in Jakarta, wo die Studierenden die Möglichkeit hatten, mit einer Abgeordneten über die aktuellen Entwicklungen Indonesiens zu sprechen. In einem internationales Seminar an der Islamic State University Bandung wurde über das Islambild deutscher und indonesischer Medien gesprochen.