„Point Alpha“ war ein amerikanischer Beobachtungsposten an der deutsch-deutschen Grenze und steht damit wie kaum ein anderer Ort für die Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands und Europas sowie für die Probleme ehemaliger und gegenwärtiger Grenzregionen heute. Ausgehend von dieser historisch bedeutenden Lage forscht PARI interdisziplinär zur drei Themenfeldern:
Im Themenfeld „Kalter Krieg und seine Bedeutung für die Gegenwart“ werden die gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Wirkungen des Ost-West-Konfliktes für das geteilte Deutschland, für Europa und für andere Weltregionen untersucht. Ein Fokus liegt auf Dynamiken zwischen globalen und lokalen Konfliktkonstellationen und den Auswirkungen globaler Entwicklungen auf lokale Räume. Überdies interessieren das Handeln und die Erfahrungen jener Akteure, die die multiplen Grenzen des Kalten Kriegs auf vielfältige Art und Weise unterliefen bzw. überwanden. Zeitlich werden auch die Nachwirkungen des Kalten Krieges über das Ende des Staatssozialismus hinaus bis in die heutige Zeit in den Blick genommen.
Im Mittelpunkt des Themenfeldes „Border Studies“ stehen Grenzregionen als Erfahrungsräume, in denen sich spezifische Praktiken, Kulturen und Identitäten entwickelten, die durch die Grenze geprägt waren. Zudem wird danach gefragt, was von einer Grenze bleibt, wenn sie ihre Bedeutung und Macht verloren hat. Ausgehend von der Konstellation an der innerdeutschen Grenze sollen Dynamiken und Praktiken des räumlichen und sozialen, formalen und informellen border-making und border-breaking auch in anderen Weltregionen untersucht werden.
Im Themenfeld „Demokratie in der globalen Ordnung“ beschäftigt sich das PARI-Team mit Dynamiken demokratischer Praktiken und Institutionen: Nach dem Ende des Kalten Krieges schien sich die westliche liberale Demokratie zunächst weltweit als Erfolgsmodell durchzusetzen. Seit der Jahrtausendwende sieht sich das Modell aber mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Ausgehend von einer Problematisierung des Übergangs zur Demokratie in den Regionen der ehemaligen DDR und aktuellen Konflikten zwischen west- und ostdeutschen demokratischen Kulturen richtet sich der Blick auch auf andere Länder und Weltregionen und untersucht vergleichend lokale, regionale, nationale und supranationale Ausprägungen von demokratischen Praktiken und Institutionen sowie die Möglichkeiten der Revitalisierung und Stabilisierung von Demokratie.
Die Forschungen am Institut verschränken dabei systematisch in allen drei Feldern die Perspektivachsen Ost-West und Nord-Süd. Einen Schwerpunkt bildet die Untersuchung von (post-)sozialistischen Ländern und Gesellschaften in Ost- und Ostmitteleuropa und im globalen Süden sowie deren Bezüge zu Regionen des liberalen Westens und des globalen Nordens.
Als eine der drei geschäftsführenden Direktorinnen des „Point Alpha Research Institutes“ erklärt die Erfurter Historikerin Prof. Dr. Christiane Kuller: "Das Profil von PARI greift zentrale Aspekte der Forschungsprofilstrategie der Universität Erfurt auf und bietet uns so die Möglichkeit, diese in einem zuverlässigen Rahmen zu erproben und weiterzuentwickeln. Das betrifft insbesondere die wissenschaftliche Vernetzung, die forschungsorientierte Nachwuchsförderung und den Dialog mit der Gesellschaft. Damit bietet PARI die Chance einer überfakultären, hochschulübergreifenden und interdisziplinären Forschungskooperation. Es ergänzt und erweitert das Spektrum der Universität im Bereich der inter- und transdisziplinären Forschung, besonders im Hinblick auf den regionalen Schwerpunkt der Ost- und Ostmitteleuropaforschung und im Bereich des sogenannten 'Globalen Südens'."
PARI wird bis Dezember 2024 aus Mitteln der Thüringer Landesregierung/Staatskanzlei in Höhe von insgesamt 700.000 Euro finanziert – für Personal, Stipendien, Fellowships und Veranstaltungen. Ergänzend finanziert die Hochschule Fulda drei Qualifikationsstellen zur Promotion.
Die derzeit noch befristete Finanzierung des Instituts soll später in eine dauerhafte Finanzierung überführt werden.