Neuerscheinungen

Koloniales Erbe in Thüringen

Rausch, Sahra/ Bürger, Christiane (Hg.), Koloniales Erbe in Thüringen, Berlin 2024.

Die Bedeutung der kolonialen Vergangenheit für die Gegenwart bewegt derzeit die öffentlichen Debatten wie kaum ein anderes Thema. Dabei geraten zunehmend die Regionen fernab der Metropolen in den Blick, schließlich reichten die kolonialen Verbindungslinien bis in das dörfliche Kolonialwarengeschäft. Der Sammelband fragt nach den Spuren der kolonialen Vergangenheit im Lokalen und zeichnet dabei auch Thüringens Verflechtungen in kolonialen Strukturen im Globalen nach. Die Beiträge erstrecken sich von der Frühen Neuzeit bis in die Transformationszeit ab 1990. Das Buch bietet eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Forschungsinitiativen an den Thüringer Universitäten und bildet darüber hinaus auch gesellschaftspolitische Perspektiven von dekolonialen Initiativen und Künstler*innen ab. Der Band entstand in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Patricia Vester. Ihre eigens für diese Publikation entworfene Graphic Novel und Illustrationen geben Anregungen für die schulische oder außerschulische Thematisierung der kolonialen Vergangenheit.

“Koloniales Erbe in Thüringen” ist im Dezember 2024 im Deutschen Kunstverlag (DKV) erschienen.


Wandlungen des Sammelns

Friedrich, Susanne/ Mangold, Jana/ Rau, Susanne (Hg.), Wandlungen des Sammelns. Praktiken, Wissen, Anordnungen – Ein Reader, Bielefeld 2024.

Das Sammeln ist als Kulturtechnik zu begreifen, die synchron verschiedene Ausprägungen kennt und diachron einem beständigen Wandel unterliegt. Sammlungen sind Resultate spezifischer Praktiken: Sie spiegeln in ihrer epistemologischen und ästhetischen Anordnung die kulturellen Ordnungen und Topographien ihrer Zeit, wodurch sie Wissensräume ab- und ausbilden. Die Beiträger*innen dieses Readers fokussieren auf sammlungsbezogene Wissens- und Kulturgeschichten und etablieren damit eine interdisziplinäre kulturwissenschaftliche Sammlungsforschung - ein innovativer Ansatz, der sammlungs- und kulturgeschichtliche Zusammenhänge multiperspektivisch sichtbar macht.

Wandlungen des Sammelns ist im Oktober 2024 im Transcript Verlag erschienen.


Cover von »Deaf History« als Wissenschaftsgeschichte

Werner, Anja, »Deaf History« als Wissenschaftsgeschichte. Die Teilhabe gehörloser Menschen an Fachdiskursen über Taubheit im geteilten Deutschland, Bielefeld 2024.

Seit 1945 gab es in westlichen Ländern und der Sowjetunion neue Forschungsimpulse zur Kommunikation gehörloser Menschen, die u.a. über internationale Konferenzen der UNESCO und des Weltverbands der Gehörlosen im geteilten Deutschland alte Traditionen der Sprachvermittlung in Frage stellten. Anja Werner analysiert historisch die Erforschung nationaler Gebärdensprachen im interdisziplinären Dialog mit der zeitgleich stattfindenden Entwicklung hörverstärkender Innenohrprothesen (Cochlea-Implantate). Sie verdeutlicht, dass konstruktive Wissenschaftskooperation nötig ist, um die mit der Kommunikation tauber Menschen verbundenen Herausforderungen komplett zu erfassen – aber auch, um Möglichkeiten zum Fortschritt aufzuzeigen.

»Deaf History« ist im Mai 2024 beim Transcript Verlag erschienen.


Cover

Schürmann, Felix, The Grey Undercurrent: Whalers and Littoral Societies at the Deep Beaches of Africa (1770–1920), München/Wien 2023.

By extending their voyages to all oceans from the 1760s onward, whaling vessels from North America and Europe spanned a novel net of hunting grounds, maritime routes, supply posts, and transport chains across the globe. For obtaining provisions, cutting firewood, recruiting additional men, and transshipping whale products, these highly mobile hunters regularly frequented coastal places and islands along their routes, which were largely determined by the migratory movements of their prey. American-style pelagic whaling thus constituted a significant, though often overlooked factor in connecting people and places between distant world regions during the long nineteenth century.

Focusing on Africa, this book investigates side-effects resulting from stopovers by whalers for littoral societies on the economic, social, political, and cultural level. For this purpose it draws on eight local case studies, four from Africa’s west coast and four from its east coast. In the overall picture, the book shows a broad range of effects and side-effects of different forms and strengths, which it figures as a "grey undercurrent" of global history.

"The Grey Undercurrent", basierend auf "Der Graue Unterstrom" (Campus 2017), ist im April 2023 bei De Gruyter Oldenbourg erschienen.


Buchcover Mission Kolonialismus Nationalsozialismus von Florian Balbiani

Balbiani, Florian, Mission – Kolonialismus – Nationalsozialismus. Ernst Dammann und die Hamburger Afrikanistik, 1930–1937 (= Hamburger postkoloniale Studien, Bd. 8), München 2023.

Die Afrikawissenschaften treten immer stärker in den Fokus der kritischen Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe europäischer Gesellschaften. Florian Balbiani untersucht die bisher kaum erforschte Geschichte der sprachwissenschaftlichen Afrikanistik in der Zwischenkriegszeit. Nach dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft begab sich die Disziplin auf die Suche nach neuer praktischer Relevanz und blieb dabei ihren missionarischen und kolonialen Ursprüngen treu. Die Arbeit zeigt, welche ideologischen und politischen Einflüsse das Fach in den 1930er Jahren prägten und wie sich ihre Vertreter positionierten. Dazu betrachtet sie das wissenschaftliche Wirken sowie das politische und kirchliche Engagement des Hamburger Afrikanisten Ernst Dammann und arbeitet daran die Vorstellungen, Netzwerke und Rahmenbedingungen heraus, die die Wissensproduktion bestimmten.

"Mission – Kolonialismus – Nationalsozialismus" ist im Mai 2023 im Allitera Verlag erschienen.


Buchcover Zwischenzeit der Kapkolonie 2022

Berger, Claudia, Die ›Zwischenzeit‹ der Kapkolonie 1902–1910. Taktisches Handeln und politische Imaginationen im Transformationszeitraum, Berlin/Boston 2023.

Wie lässt sich Widerstand historiographisch beobachten? Die vorliegende Arbeit wählt eine praxistheoretische Perspektive und einen interdisziplinären Ansatz, um die Dynamiken von Herrschaftspraxis und Widerstand am Beispiel des politischen Transformationszeitraums von 1902–1910 in der Kapkolonie aufzuzeigen. Claudia Berger zeigt, wie radikalisierende administrative Ausgrenzungs- und Entrechtungsstrategien auf taktisches Handeln rassistisch marginalisierter Menschen trafen. Die Aktivist*innen werden in einem breiten Spektrum politischer Vorstellungen, Handlungsweisen und Taktiken verortet; ihr Kampf galt nicht nur den konkreten Praktiken der Ausgrenzung und Entrechtung, sondern auch den Bedeutungskategorien, die diese ermöglichten. Über Praktiken der Repräsentation und Mobilisierung wurde ein vielstimmiger Widerstand gegen das kolonialstaatliche System Weißer Vorherrschaft organisiert. Die Relevanz der Arbeit liegt nicht nur in der sehr eindringlichen Quellenarbeit zu einer bislang wenig beachteten, aber folgenreichen Epoche der südafrikanischen Geschichte, sondern auch in der methodischen Konzeptionierung, die von soziologischen, literatur- und medienwissenschaftlichen Zugängen bereichert wird.

„Die ›Zwischenzeit‹ der Kapkolonie“ ist im De Gruyter Oldenbourg Verlag erschienen und Teil der Reihe Studien zur Internationalen Geschichte.