PD Dr. Andreas Pettenkofer

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Fellow / Leitung und Koordination des Projekts "Lokale Politisierung globaler Normen" (Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien)

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PD Dr. Andreas Pettenkofer

Curriculum Vitae

  • SS 2016: Vertretung der Professur für Kultur- und Wissenssoziologie an der TU Darmstadt
  • September 2015: Habilitation am Max-Weber-Kolleg (Habilitationsschrift: "Das Verstehen der Situation. Gewalt, Affekte und die Probleme einer hermeneutischen Soziologie")
  • seit März 2014: Wissenschaftliche Koordination des Projekts "Die lokale Politisierung globaler Normen"
  • seit SS 2009: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Weber-Kolleg
  • seit Januar 2009: Postdoktorand am Max-Weber-Kolleg
  • 2007-2008: wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Fernuniversität Hagen, im Bereich Allgemeine Soziologie
  • Juli 2007-September 2007: Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, Köln
  • 2007: Promotion mit "Kritik und Gewalt. Zur Genealogie der westdeutschen Umweltbewegung"
  • WS 2003/2004-SS 2007: Gastkollegiat am Max-Weber-Kolleg
  • SS 2003: Kollegiat am Max-Weber-Kolleg
  • 2003-2006: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Georg-August-Universität Göttingen, im Bereich Gesellschaftstheorie
  • 2000-2003: Mitglied des Graduiertenkollegs am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung der Universität Bielefeld
  • 1999: Werkvertrag bei der Abteilung "Normbildung und Umwelt" am Wissenschaftszentrum Berlin
  • 1992-1998: Studium der Soziologie (Nebenfächer: Jura und Philosophie) an der Freien Universität Berlin und an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (Paris)

Forschungsprojekte

Aktuelle Projekte

Die lokale Politisierung globaler Normen

Teilprojekt: "Beweissituationen. Grundzüge einer soziologischen Theorie der lokalen Evidenz"

Dieses Teilprojekt soll einen systematischen soziologischen Zugang zum Problem der lokalen Evidenz entwickeln, das eine entscheidende Rolle spielt, wenn Erfolg und Scheitern einer lokalen Politisierung globaler Normen erklärt werden soll. Damit soll das Projekt zugleich einige allgemeine sozialtheoretische Konsequenzen ausarbeiten, die sich bei der Beschäftigung mit diesem empirischen Gegenstand zeigen, deren Relevanz aber über ihn hinausreicht.

Entwickelt werden soll eine Perspektive, die soziale Ordnung weder allein von der unterstellten Eigendynamik gesellschaftlicher Makrostrukturen her erklärt, noch auf gegebene Individuen und deren vermeintlich stabile Orientierungen (‚Präferenzen‘, ‚Habitusformen‘) abstellt, sondern stattdessen die Rolle von Situationen aufwertet und auch alle ‚Makro‘-Effekte als durch Situationen vermittelt begreift. Im Zentrum steht ein Konzept von Situationen, durch die eine bestehende Ordnung ihre Evidenz bestätigt sieht oder verliert, die also – auch wo diese Evidenz nicht reflexiv gesucht und geprüft wird, sondern zunächst affektiven Charakter hat – als Beweissituationen wirken. Soziale Ordnung erweist sich dann als prekäres Produkt einer Verkettung von Situationen, die geltende Deutungsmuster festigen oder destabilisieren, und die auch neuen Deutungsmustern Evidenz verleihen können. Auch der ‚Akteur‘ mit seinen ‚Präferenzen‘ lässt sich auf diese Weise als variables Produkt einer Verkettung von Situationen zu rekonstruieren. Das hilft auch, die sozialen Mechanismen genauer zu erfassen, die jene Art tiefgreifenden kulturellen Wandel antreiben, den das Entstehen neuer Normbindungen bedeutet.

Damit knüpft das Projekt zunächst an die neuen Moralsoziologien (Boltanski/Thévenot, J. Alexander, Joas) an. Es rekonstruiert diese Ansätze von diesem Bezugsproblem her: Welche je unterschiedlichen Typen lokaler Evidenz beschreiben sie? Von welchen Modellsituationen gehen sie aus? Welche sozialen Mechanismen identifizieren sie? Wie wird eine Verknüpfung mit Aussagen über Makrostrukturen hergestellt? Für diese Rekonstruktion nutzt es auch die zwischen diesen Ansätzen geteilten Theoriebezüge: Sie lassen sich erstens als teils konkurrierende, teils einander ergänzende Anknüpfungen an Durkheims Religionsbuch lesen, aus denen sich unterschiedliche Theorien darüber ergeben, was in solchen Beweissituationen bestätigt bzw. nicht bestätigt wird, und durch welche sozialen Mechanismen das jeweils geschieht. Ein zweiter gemeinsamer Bezugspunkt besteht in einer teils intensiven, teils erst begonnenen Pragmatismusrezeption.

Mit diesen Mitteln lässt sich auch das derzeit viel diskutierte Konzept ‚sozialer Praktiken‘ rekonstruieren. Dieses Konzept ist für die Frage nach den Bedingungen einer lokalen Politisierung globaler Normen zunächst sehr einschlägig: Es erhellt einen Teil der Mechanismen, die das In-Gang-Kommen eines Reflexionsprozesses bremsen, der zur Betrachtung lokaler Abläufe im Lichte allgemeinerer Normen führen könnten. Der pragmatistische Grundgedanke, dass Reflexivität nur durch spezifische Situationen ausgelöst wird, kann Theorien über ‚Praktiken‘ (als Teiltheorien der Vermeidung von Reflexivität) und die neuen moralsoziologischen Konzepte (als Teiltheorien des In-Gang-Kommens von Reflexivität) verknüpfen. Er hilft auch, differenzierter zu erfassen, warum ein Erfolg neuer Normen, der auf dem reflektierten Nachvollzug rationaler Begründungen gründet, einen voraussetzungsvollen Sonderfall darstellt. Denn auch ein erheblicher Teil der Erklärungen, die unter dem Stichwort ‚Praktiken‘ präsentiert werden, verweist tatsächlich auf Effekte der Situation. Berücksichtigt man das, dann lassen sich diese Erklärungen so rekonstruieren, dass der von Bourdieu verteidigte Habitusbegriff mit seinen übertriebenen Stabilitätsunterstellungen nicht mehr benötigt wird.

Insgesamt sollen – um das Wirksamwerden bzw. Nichtwirksamwerden neuer Normen genauer zu erklären – nicht nur normstützende Beweiseffekte erfasst werden, sondern auch gegenläufige Beweiseffekte: Mechanismen, die die gegenwärtigen Umstände der Hinterfragung entziehen; Mechanismen, die den Werten, durch die Normbindungen stabilisiert werden, gerade ihre Evidenz nehmen (Goffman); Mechanismen, die moralfreie Koordination auf Dauer stellen, auch weil sie den Eindruck fördern, jeder Versuch der Normdurchsetzung sei aussichtslos (Gambetta). So kann diese theoretische Rekonstruktion auch helfen, Modelle normorientierten Handelns und Modelle normfreier Kooperation differenziert zueinander in Bezug zu setzen; das hilft, auch die Grenzen und das Scheitern einer lokalen Politisierung globaler Normen zu erklären.

Mehr zum Projekt "Die lokale Politisierung globaler Normen"

ICAS:MP "Metamorphoses of the Political"

Teilprojekt: "The Moral World of the Indian ‘New Middle Class’"

Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen ökonomischem Wandel und normativem Wandel erfassen, wenn einfache Basis-Überbau-Modelle ihre Plausibilität verloren haben? Mein Projekt - das Teil des Moduls „Normative Conflicts and Transformations“ des deutsch-indischen Projekts „Metamorphosen des Politischen“ (ICAS: MP) ist - widmet sich diesem Problem anhand einer Fallstudie über die indische sogenannte neue Mittelschicht, eine soziale Kategorie, die im Zuge des wirtschaftlichen Liberalisierungsprozesses in Indien in den 1990er Jahren entstanden ist. Anhand von lebensgeschichtlichen Interviews mit Personen, die sich als Mittelschicht identifizieren, und Dokumentenanalysen versuche ich zu verstehen, auf welche Weise und in welchem Ausmaß sich die Erfahrungen des wirtschaftlichen Wandels in neue moralische Auffassungen umsetzen. Dabei vergleiche ich Erzählungen von Personen, die den gesamten Prozess seit den frühen 1990er Jahren erlebt haben, mit Erzählungen von Personen, die bereits in eine veränderte Wirtschaftswelt hineingeboren wurden; mein Schwerpunkt liegt auf Delhi. Während die meisten Forschungen zur indischen „Mittelschicht“, wie die meisten Forschungen zur „Mittelschicht“ im Allgemeinen, die Habitustheorie von Bourdieu (das wahrscheinlich ausgefeilteste Basis-Überstruktur-Modell, das derzeit verfügbar ist) als konzeptionellen Ausgangspunkt nehmen, ist mein Projekt von den theoretischen Alternativen inspiriert, die die so genannte neue Soziologie der Moral (Luc Boltanski, Laurent Thévenot, Hans Joas usw.) bietet. 

Daher versucht mein Projekt, das Selbstverständnis von Menschen der „Mittelschicht“ ernst zu nehmen und zu fragen, durch welche sozialen Erfahrungen bestimmte moralische Einstellungen für sie plausibel und attraktiv geworden sind.

Mehr zum Projekt ICAS: MP "Metamorphoses of the Political"

Abgeschlossene Projekte

Kritik und Gewalt. Zur Genealogie der westdeutschen Umweltbewegung

gefördert durch die Jutta-Heidemann-Stiftung | Link

Veröffentlichungen

Publikationsliste