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Gelungene Praxisbeispiele für die Internationalisierung der Lehre
Um die "Internationalisierung der Lehre – Governance & Praxis virtueller Mobilität und gelebter Mehrsprachigkeit" geht es bei einer Online-Tagung, zu der die Hochschulrektorenkonferenz am 6./7. Dezember einlädt. Darin stehen auch drei Projekte an der Universität Erfurt als positive Beispiele aus der Praxis im Blickpunkt.
Bei der Internationalisierung der Lehre sind virtuelle Mobilität und Mehrsprachigkeit zwei wichtige Handlungsfelder, die sowohl die gesellschaftliche Lebensrealität abbilden als auch von globalen Entwicklungen mitbestimmt werden. In vielen (deutschen) Hochschulen und bei internationalen Hochschulpartnerschaften gehören die fremd- und mehrsprachige Lehre sowie virtuelle und hybride Lehrformate für (internationale) Studierende zur gelebten Praxis und werden als Teil der strategischen Internationalisierung der Hochschulen auf- und ausgebaut. Diese Prozesse erfordern aber auch die Weiterentwicklung von organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und das erfolgreiche Zusammenspiel verschiedener Akteure, um auch langfristig attraktive und international anschlussfähige Studienbedingungen an deutschen Hochschulstandorten zu ermöglichen.
Das Projekt HRK ADVANCE hat zur Verbesserung der Rahmenbedingungen von virtueller Mobilität sowie fremd- und mehrsprachigen Studiengängen im Lauf des ersten Projekt-Themenzyklus' zwei Handreichungen für das deutsche Hochschulsystem erarbeitet, die nun um Beispiele guter Praxis ergänzt werden sollen. Im Rahmen der Tagung „Internationalisierung der Lehre – Governance & Praxis virtueller Mobilität und gelebter Mehrsprachigkeit“ im Dezember wird neben einer Keynote von Prof. Dr. Robert O'Dowd (Universidad de León) zum Thema „The role of Online Approaches and Multilingualism in International Learning and Teaching“, einem Podiumsgespräch mit Vertreter*innen aus Hochschulen und Politik sowie thematisch weiterführenden Impulsvorträgen auch eine Auswahl an Beispielen guter Praxis präsentiert. Darunter finden sich auch drei Projekte von Kolleg*innen der Universität Erfurt:
Das Projekt „Ecuador3: Studierende in inklusionspädagogischer Förderung, Lehre und Forschung“ von Dr. Amelie Abarca Heidemann ist eine Kooperation des Arbeitsbereichs „Inklusive Bildungsprozesse bei Beeinträchtigungen von Sprache und Kommunikation“ an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät mit der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Pontificia Universidad Católica del Ecuador (PUCE) in Quito sowie dem „Zentrum zur Förderung und Rehabilitation von Kindern mit Behinderung (CERLECO)“ in San Pedro, Ecuador. In gemeinsamen Seminaren mit der PUCE kamen darin bislang mehr als 100 Erfurter und ecuadorianische Studierende zusammen, um sich gemeinsam, also auch kulturvergleichend und mehrsprachig, mit Beeinträchtigungen im Rahmen inklusiver Bildungsprozesse zu befassen. So wurden beispielsweise in Erfurt erstellte Materialien in einem Seminar mit Methoden wie Gebärdensprache oder Braille-Schrift weiterentwickelt. Im Bereich der Förderung von Menschen mit Beeinträchtigungen wurden am CERLECO bereits acht zumeist ehrenamtliche studentische Projekte mit einer Dauer zwischen drei Monaten und zwei Jahren mit insgesamt ca. 30 Studierenden der Universität Erfurt umgesetzt. Dabei kamen vielfältige Aktivitäten, wie gemeinsames Musizieren, Comic-Gestaltung, Illustration von Kurzgeschichten, Video-Produktion, die Gestaltung eines Trauerbaums oder die Erstellung eines ICH-Buchs, zum Einsatz. Aus den Projekten sind auch Master- und Bachelor-Arbeiten hervorgegangen. Wichtige Projektergebnisse fanden zudem Eingang in weitere Forschungsprojekte und wurden von Studierenden wie Wissenschaftler*innen auf Tagungen und an der jeweiligen Partnereinrichtung präsentiert.
Um das Thema "Kindeswohl" geht es in einer besonderen Lehrveranstaltung im Studium Fundamentale der Universität Erfurt, das ebefalls als gelungenes Praxisbeispiel von der HRK gewürdigt wird. Unter dem Titel “The Wellbeing of the Child: Protection – Promotion – Rights” bietet die Kirchenrechtlerin Prof. Dr. Myriam Wijlens (Katholisch-Theologische Fakultät), unterstützt von Yeshica Umaña Calderón, darin den Studierenden der Universität die Möglichkeit, mit Fachleuten aus der ganzen Welt in den Austausch zu treten. Ihre Lehrveranstaltung zielt darauf ab, das Wissen über Missbrauch in verschiedenen Institutionen, wie Kirche, Schulen oder Sportstätten zu erweitern, ein Problembewusstsein zu entwickeln und gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen bzw. Maßnahmen zu entwickeln, die Kindesmissbrauch verhindern können. Dabei profitieren die Studierenden von der umfangreichen Expertise und dem weltweiten Netzwerk von Prof. Dr. Myriam Wijlens, die sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Bekanntwerdens zahlreicher Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche seit vielen Jahren um (wissenschaftliche) Aufklärung und Aufarbeitung bemüht und in zahlreichen Gremien für dieses Thema engagiert.
Im Rahmen des Projekts "Internationalisierung und Digitalisierung der Lehre" entwickelt Dr. Hasnain Bokhari an der Willy Brandt School of Public Policy Ideen für eine stärkere Internationalisierung an der Universität Erfurt. Dabei sollen internationale Kooperationen und globale Netzwerke gestärkt und die weltweite Mobilität der Studierenden erhöht werden. Eine gelungenes Beispiel dafür ist die "COIL-Initiative" (COIL: kollaborative, online und internationale Lernerfahrungen), bei der die Studierenden der Brandt School im Wintersemester 2022/23 Gelegenheit hatten, unter der Leitung von Dr. Hasnain Bokhari einen Monat lang virtuell mit ihren Kommilitonen vom Department of Gender Studies am College of Mexico zusammenzuarbeiten.
In einem typischen COIL-Szenario arbeiten Lehrkräfte und Studierende aus zwei Bildungseinrichtungen zusammen an einer gemeinsamen Aufgabe. Mithilfe von Chat-Plattformen oder Online-Foren haben die Studierenden die Möglichkeit, ihre Perspektiven, Einsichten und kulturellen Erfahrungen im Zusammenhang mit der gestellten Aufgabe auszutauschen. Dabei setzen sich die Studierenden aktiv mit kulturellen Unterschieden auseinander und tauschen Ideen aus. Nicht selten werden dabei durch neue Perspektiven althergebrachte Haltungen kritisch geprüft und korrigiert.
Geboren wurde die Idee seinerzeit vor dem Eindruck der Corona-Pandemie, aber auch des weltweiten Klimawnadels, die einen stärkeren Fokus auf Digitalisierung erforderten und weiter erfordern – auch in der Lehre. Die Brandt School sah eine Chance, durch einen proaktiven Umgang mit den pandemiebedingten Einschränkungen etwas für die Lehre im Rahmen internationaler Kooperationen tun zu können und durch barrierefreie Bildung nachhaltig und global wirksam zu werden. Das Projekt von Dr. Hasnain Bokhari fördert seither neue digitale und hybride Lernformate, indem es internationale akademische Partnerschaften sowohl mit akademischen Einrichtungen im globalen Süden als auch im globalen Norden aufbaut.
Die virtuelle Veranstaltung "Internationalisierung der Lehre – Governance & Praxis virtueller Mobilität und gelebter Mehrsprachigkeit" richtet sich an Vertreter*innen deutscher Hochschulen aller Funktionsebenen, Wissenschaftsorganisationen sowie politische Akteure in Bund und Ländern, die mit den rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Internationalisierung der Lehre befasst sind oder Interesse an der Fragestellung haben.