Anton Röhr
anton.roehr@uni-erfurt.deAssoziierter Doktorand (Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien)
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Zur Person
Curriculum Vitae
- 2010 - 2016 Studium der Philosophie an der Hochschule für Philosophie München (B.A. & M.A.)
- Ab Oktober 2017 Doktorand am Max-Weber-Kolleg Erfurt
Forschungsprojekt
Das Ritual als Raum der Gelassenheit - Resonanz in der Dialektik von Identität und Nicht-Identität
Gelingende – d.h. resonante – Weltbeziehungen gibt es nur als „Kommunikation des Unterschiedenen“ (Adorno/Guzzoni), d.h. als Kommunikation mit einem Anderen, Unbestimmten, Unverfügbaren, Besonderen, Veränderlichen, kurzum mit einem Nicht-Identischen, mit dem wir „etwas gemeinsam machen“ (so die wörtliche Übersetzung des lateinischen „communicare“). Diese These und mit ihr die Analogisierung von Kommunikation und In-der-Welt-sein ist gewissermaßen der spekulative Ausgangspunkt meines Dissertationsprojekts, das sich zunächst als einen Versuch philosophischer Vertiefung des Konzepts der Resonanz (Rosa 2016) versteht.
Die zentrale Pointe hierbei: Als „gelingende Kommunikation des Unterschiedenen“ steht das Resonanzgeschehen stets in einem fragilen Spannungsfeld zwischen identitäts- und erkenntnisstiftender Selbst- und Welttransformation einerseits und eines im Erkennen immer schon enthaltenen Verkennens, das zum Weiterfragen auffordert, andererseits. Dieses Spannungsfeld versucht meine Arbeit als Dialektik von Identität und Nicht-Identität aufzuweisen und so die Resonanztheorie für ein Verständnis des Rituals als Raum der Vermittlung zwischen Subjektivität und Alterität zu öffnen.
Denn gerade Rituale nehmen das Problem der Fragilität gelingender, d.h. zwischen Identität und Nicht-Identität oszillierender, Weltbeziehungen auf und stiften Resonanzachsen, indem sie gewissermaßen einen stabilisierenden „Rahmen“ für das Beziehungs- bzw. Kommunikationsgeschehen bilden. Neben dieser Resonanzachsen-stiftenden Vermittlungskraft wohnt Ritualen jedoch auch – bzw. gerade deswegen – eine Nostrifizierungstendenz inne, die stets das Potenzial eines totalitären Exzesses in sich trägt. Dort geht es dann allerdings nicht mehr um Vermittlung, sondern um die vollständige instrumentalisierende Identifizierung und Verfügbarmachung des Anderen und damit letztlich um seine Auslöschung.
Indem die Resonanztheorie die Dialektik von Identität und Nicht-Identität in ihre Beschreibung des Weltbeziehungsgeschehens integriert, wird sie zu einer Kritik solcher (ideologischer) Identitätsexzesse fähig. Dafür zeichnet meine Dissertation den Entwurf einer formalen „Ideal-Bestimmung“ des Rituals als „Raum der Gelassenheit“, in dem resonante Weltanverwandlung als gelingende Kommunikationsbewegung mit dem Anderen (in uns und außer uns) als „erstaunlich Fremden“ möglich ist. „Gelassenheit“ bedeutet dementsprechend nicht Desinteresse, bloße Ruhe, oder Gleichgültigkeit, sondern eine Art Welt- bzw. Kommunikationshaltung, die Raum gibt, sich einlässt, Sein lässt und so den jeweils Anderen in seiner Andersheit anerkennt. Auf diese Weise stellt meine Arbeit den Versuch einer zusammenführenden Perspektive auf: Das zwischen Subjektivität und Alterität entstehende Spannungsfeld von Identität und Nicht-Identität könnte als ein zentrales Kriterium zur „kulturvergleichenden Analyse von Weltbeziehungen“ dienen, mit dessen Hilfe sich gleichermaßen religiöse wie nicht-religiöse, individuelle wie kollektive soziale Praktiken (bzw. ihr Einfluss auf die Weltbeziehungen der partizipierenden Subjekte) aus den unterschiedlichsten Kulturen und Epochen auf deskriptiver Ebene miteinander vergleichen sowie auf normativer Ebene kritisch – im Sinne einer Kritik der Resonanzverhältnisse – hinterfragen lassen.