Im Fokus unserer Forschung steht das sozial-emotionale Lernen. Zentrale Fragen sind die Diagnostik und Förderung der sozial-emotionalen Entwicklung. In empirischen Studien gehen wir der Frage nach, wie Lehrer:innen den gemeinsamen Unterricht gestalten können und welche Professionalisierung der Pädagog:innen hierfür notwendig ist. Dabei untersuchen wir insbesondere die Beziehungen und die Kooperation der Kinder und Jugendlichen und die multiprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den Pädagog:innen.
Es existieren viele Fehlkonzepte über bildungsbezogene Themen, die dem aktuellen Stand der Forschung widersprechen. Sie sind sowohl bei Lehramtsstudierenden als auch bei professionellem Bildungspersonal weit verbreitet (De Bruyckere et al., 2020). Problematisch erscheinen Fehlkonzepte besonders dann, wenn sie zur Grundlage professionellen Handelns und Entscheidens werden und zu ineffektiven Lehr- und Lernstrategien oder zu verschwendeten Ressourcen führen, wie z.B. König et al. (2012) zu Fehlkonzepten über Klassenwiederholung zeigen. Daher verfolgen sogenannte Widerlegungstexte das Ziel, beim Lesenden einen konzeptuellen Wandel anzuregen, indem sie erst ein Fehlkonzept ansprechen und es anschließend mit dem wissenschaftlich korrekten Konzept kontrastieren (Sinatra & Broughton, 2011). Widerlegungstexte haben sich in dieser Hinsicht als erfolgreich erwiesen (Zengilowski et al., 2021). Ein konzeptueller Wandel scheint dabei eng mit veränderten Einstellungen einherzugehen, die wiederrum in Bezug auf kontroverse Themen den konzeptuellen Wandel befördern oder behindern können (Sinatra & Seyranian, 2016). Persuasive Texte zielen daher spezifisch auf Einstellungsänderungen, indem sie z.B. die Vor- oder Nachteile eines bestimmten Themas hervorheben (Sinatra et al., 2012; Thacker et al., 2020). Die Ergänzung von Widerlegungstexten um einen entsprechenden persuasiven Textabschnitt kann daher die Auswirkungen des Widerlegungstextes auf die konzeptuellen und einstellungsbezogenen Veränderungen verstärken oder verringern (Thacker et al., 2020).
Die vorliegende Studie überträgt diese Erkenntnisse auf den Bildungsbereich, indem sie in Bezug auf bildungsbezogene Fehlkonzepte folgende Fragestellung verfolgt: Wie beeinflussen Widerlegungstexte mit persuasiven Ergänzungen die Konzeptions- und Einstellungsversänderungen von Lehramtsstudierenden?
Ansprechperson: Madeleine Müller
Kooperation mit Prof. Dr. Bernadette Gold und Isabell Tucholka (TU Dortmund)
Inklusionsspezifisches Wissen und inklusionsbezogene Überzeugungen sind wichtige Aspekte der professionellen Handlungskompetenz von Lehrer:innen. Häufig fühlen sich Lehrer:innen jedoch nicht ausreichend auf die Anforderungeninklusiven Unterrichts, speziell auf den Umgang mit Schüler:innen mit Auffälligkeiten in der emotionalen und sozialen Entwicklung, vorbereitet. Für die Hochschullehre stellt sich die Frage, wie Inklusion als Querschnittsthema in die lehrer:innenbildenden Curricula integriert und die Entwicklung professioneller Handlungskompetenz unterstützt werden kann. Ein vielversprechender Ansatz für die inklusionsbezogene Professionalisierung angehender Lehrkräfte ist interdisziplinäres Co-Teaching in der Hochschullehre, bei dem Lehrende mit unterschiedlichen Expertisen ko-konstruktiv zusammenarbeiten und multiple Perspektiven auf einen Lerngegenstand ermöglichen. Wir begleiten Lehrveranstaltungen wissenschaftlich und untersuchen die Wirkung verschiedener Formen des Co-Teaching auf das Wissen über die Gestaltung inklusiven Unterrichts und auf inklusionsbezogene Überzeugungen von Studierenden.
Ansprechpartner: Cedric Steinert
Sportunterricht hält für die emotionale und soziale Entwicklung Heranwachsender einzigartige Herausforderungen und Chancen bereit. Eine besondere Eigenschaft des Unterrichtsfachs ist die Exponiertheit der Akteure. So sind Handlungen von Lernenden häufig öffentlich sichtbar und gehen mit sozialen Bewertungsprozessen einher. Das Identifizieren von Mechanismen, die in diesem Zusammenhang positive emotionale Erfahrungen bei Schüler:innen fördern und negative Erfahrungen abmildern, kann von großem Wert sein. In einer ersten Studie wurde der Einfluss der Sozialbeziehungen innerhalb der Sportklasse auf das emotionale Erleben von Schüler:innen in unterschiedlich exponierten Situationen untersucht. Der zweite Teil des Projektes zielt darauf ab, den Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung von Exponiertheit und persönlichen sowie interaktionalen Charakteristika zu untersuchen. Zu diesem Zweck wird ein Instrument entwickelt, das die Wahrnehmung von Exponiertheit im Sportunterricht aus Sicht der Schüler:innen erfasst.
Ansprechperson: Tino Edelmann
Damit Lernende das Potenzial kooperativer Lehr-/Lernformen für sich nutzen können, sind ihre sozial-kommunikativen Fähigkeiten gefordert. In der transaktiven Kommunikation nehmen Lernende aufeinander Bezug, bauen in ihren Ideen aufeinander auf und entwickeln sie gegenseitig weiter, so dass in der Gruppe Wissen ko-konstruiert wird. Unsere bisherigen Studien zeigen die Bedeutung der transaktiven Kommunikation als einer spezifischen sozial-kommunikativen Fähigkeit für den Lernerfolg. Im Rahmen eines Projektes haben wir eine Unterrichtseinheit für die Sekundarstufe I entwickelt, in der die Förderung transaktiver Kommunikation von Schüler:innen mit dem Fachunterricht verknüpft wird. Die Überprüfung der Wirksamkeit dieses Trainings in 32 Schulklassen erfolgt in einem quasi-experimentellen Kontrollgruppen-Design, wobei die transaktive Kommunikation prä und post anhand von transkribierten Audioaufnahmen eingeschätzt wird.
In weiteren Studien gehen wir der Frage nach, wie Lehrpersonen kooperative Lehr-/Lernformen in ihre Unterrichtspraxis integrieren können. Einerseits zeigen kooperative Lehr-/Lernformen positive Effekte auf das fachliche und sozial-emotionale Lernen der Schüler:innen, andererseits berichten Lehrer:innen von Herausforderungen in der Unterrichtsvorbereitung und im Management des Schülerverhaltens während der Gruppenarbeiten. In einer Studie mit 1.500 Lehrer:innen in Polen untersuchten wir deren Wissen, Überzeugungen und Unterrichtspraxis in Bezug auf kooperatives Arbeiten und Lernen. Darauf aufbauend entwickelten und evaluieren wir ein Fortbildungsprogramm, welches auf der Kooperation der Lehrer:innen basiert und den Einsatz kooperativer Lehr-/Lernformen in der Unterrichtspraxis stärken soll.
Ansprechpartner:in: Susanne Jurkowski, Lukas Mundelsee
Das Erlernen von bildungswissenschaftlichen Erkenntnissen kann angehenden Lehrkräften dabei helfen, ihre zukünftige Unterrichtspraxis zu verbessern. Bislang existiert eine Vielzahl an Studien zur Rezeption, Aneignung sowie zum Ausmaß und Qualität der Nutzung von bildungswissenschaftlichen Erkenntnissen. Um jedoch noch besser zu verstehen, welche Angebote gezielt den angehenden Lehrkräften angeboten werden können, ist es relevant vorab zu adressieren, welche vorläufige Wahrnehmung und Konzeptualisierung angehende Lehrkräfte von (Bildungs-)Wissenschaft haben. Im Rahmen einer Interviewstudie möchten wir deshalb angehende Lehrkräfte, insbesondere des Förder- und des Grundschullehramtes, zu ihrer Wahrnehmung und ihrem Verständnis von Bildungswissenschaft befragen.
Ansprechperson: Madeleine Müller& Gesamtes Team der Professur für Inklusive Bildungsprozesse mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung
Ein inklusives Schulsystem geht für Lehrkräfte mit neuen Herausforderungen einher. Insbesondere der Umgang mit Schüler:innen mit sozial-emotionalen Verhaltensauffälligkeiten wird häufig als besonders herausfordernd beschrieben. Bereits bei Studierenden werden dahingehend Erwartungen und Einstellungen zu Inklusion geprägt. In einer Studie werden die Einstellungen und Selbstwirksamkeitserwartungen von Lehramtsstudierenden im Hinblick auf den späteren inklusiven Unterricht mit Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten untersucht. Mithilfe expliziter und impliziter Erhebungsinstrumente sowie Fall- und Videovignetten wird der Frage nachgegangen, auf welcher Grundlage Einschätzungen persönlicher Einstellungen und Selbstwirksamkeitserwartungen erfolgen. Durch die Befragung Studierender unterschiedlicher Jahr- und Lehramtsstudiengänge werden zudem spezifische Einflüsse evaluiert.
Ansprechpartner: Felix Piegsda
Anhand authentischer Fallbeispiele sollen im Rahmen dieses Projektes Planspiel(e) zur uniübergreifenden Open Access Nutzung erarbeitet, evaluiert und veröffentlicht werden. Besonderes Ziel ist dabei einerseits der Erwerb von professionellem Wissen und adäquaten affektiv-motivationalen Dispositionen bezüglich der Inklusion von Schüler*innen mit dem FSP esE. Darüber hinaus sollen andererseits über den Einsatz der Planspiele und die Anregung zum wissenschaftlichen Argumentieren auf der Grundlage von Fachliteratur das evidenzorientierte Denken und Handeln der Studierenden gefördert werden. Damit leistet das Projekt einen Beitrag darin, dass Studierende wissenschaftliche Erkenntnisse für die Lösung praxisrelevanter Probleme nutzbar machen können.
Ansprechperson: Madeleine Müller
Die Zusammenarbeit von Lehrer:innen mit unterschiedlichen Ausbildungsschwerpunkten wird als wichtige Säule für inklusive Lehr-/Lernprozesse beschrieben. Gleichzeitig stellt die Inklusion von Schüler:innen mit emotional-sozialen Beeinträchtigungen eine große Herausforderung für die Pädagog:innen dar. In einem aktuellen Forschungsprojekt entwickeln wir gemeinsam mit dem Beratungs- und Förderzentrum Kassel eine Intervention zur Professionalisierung von Klassenteams im Umgang mit emotional-sozialen Beeinträchtigungen und herausfordernden Klassensituationen. Den Klassenteams wird über einen Zeitraum von sechs Wochen eine Mentorin/ein Mentor zur Seite gestellt, und sie erhalten Fortbildungs- und Beratungsangebote. Zentrale Evaluationskriterien sind das Belastungserleben der Lehrer:innen, ihre Wahrnehmung und Interpretation herausfordernden Verhaltens und die Kooperation im Klassenteam sowie aus Sicht der Schüler:innen die Lehrer-Schüler-Beziehung und die Peerbeziehungen.
Ansprechpartnerin: Katja Bianchy, Susanne Jurkowski
Kinder und Jugendliche mit Auffälligkeiten in der emotionalen und sozialen Entwicklung sind häufig wenig bis gar nicht in die Klassengemeinschaft integriert. Gleichzeitig sind Verhaltensauffälligkeiten umso geringer, je unterstützender das Lehrpersonenverhalten den Schüler:innen gegenüber ist und je unterstützender das Verhalten der Schüler:innen untereinander ist. Dies hängt wiederum maßgeblich mit der Ausprägung der sozial-emotionalen Fähigkeiten zusammen. In einer Interviewstudie wird der Frage nachgegangen, wie Lehrkräfte das sozial-emotionale Lernen bei Schüler:innen mit Auffälligkeiten in der emotionalen und sozialen Entwicklung fördern.
Ansprechpartnerin: Katja Bianchy
Schüchterne Kinder haben ein erhöhtes Risiko für Fehlanpassungen in der späteren Kindheit, weshalb ihre frühzeitige Erkennung und Integration in soziale Gruppen von großer Bedeutung ist. Die Früherkennung durch pädagogische Fachkräfte und die Förderung sozialer und emotionaler Kompetenzen können negative Folgen nachweislich verhindern. In einer Studie wurde das Wissen von frühpädagogischen Fachkräften über Schüchternheit, ihre Abgrenzung zu Ungeselligkeit und sozialer Angststörung sowie die Umsetzung pädagogischer Handlungsmöglichkeiten für schüchterne Kinder in deutschen Kindertageseinrichtungen untersucht. Mit Hilfe eines neu entwickelten Erhebungsinstruments wurden das Wissen und die pädagogischen Handlungsmöglichkeiten frühpädagogischer Fachkräfte im Umgang mit schüchternen Kindern erfasst. In einer Folgestudie sollen weitere Kompetenzaspekte und Einstellungen frühpädagogischer Fachkräfte zum Umgang mit schüchternen Kindern untersucht werden.
Ansprechperson: Anna Groß