Ein Ergebnis des „Dies Academicus“, der im Sommersemester 2023 an der Universität Erfurt stattgefunden hat, war der Wunsch einiger Hochschulangehöriger nach mehr Informationen darüber, wie man auf dem Campus mittun, mitentscheiden, sich einbringen kann, und welche Möglichkeiten es dafür in den Hochschulgremien bzw. Interessenvertretungen gibt. Mit dieser kleinen Reihe möchten wir die Gremien an der Universität Erfurt in loser Folge einmal vorstellen und haben dafür Uni-Angehörige befragt, die sich hier bereits engagieren. Heute: der Senat.
Aufgaben
Die Aufgaben des Senats ergeben sich aus § 35 (1) Thüringer Hochschulgesetzes. Demnach ist der Senat u. a. für den Erlass und die Änderung der Grundordnung der Hochschule zuständig, für die Wahl der Mitglieder des Universitätsrates, für die Erteilung des Einvernehmens zur Bestellung von Vizepräsident*innen sowie für die Erteilung des Einvernehmens vor Abschluss der Ziel- und Leistungsvereinbarung der Hochschule mit dem Ministerium. Darüber hinaus beschließt der Senat die Einrichtung, die Änderung und die Aufhebung von Studiengängen und nimmt Stellung zu Berufungsvorschlägen. Der Senat stellt den Gleichstellungsplan auf, wählt die Gleichstellungsbeauftragte sowie die*den Diversitätsbeauftragte*n. Außerdem erteilt er das Einvernehmen zu den Grundsätzen der Mittelverteilung und nimmt Stellung zum Entwurf des Wirtschaftsplans, zum Jahresabschluss, zu Gebühren- und Entgeltordnungen sowie zum Jahresbericht des Präsidiums.
Zusammensetzung
Dem Senat gehören zwölf stimmberechtigte Mitglieder an (Ständiger Senat). Dazu zählen je drei Vertreter*innen aus der Gruppe der Professor*innen, der Studierenden, der akademischen Mitarbeiter*innen und der Mitarbeiter*innen in Technik und Verwaltung. Bei Entscheidungen in Angelegenheiten, die die Lehre mit Ausnahme der Bewertung der Lehre, die Forschung, künstlerische Entwicklungsvorhaben oder die Berufung von Hochschullehrer*innen unmittelbar betreffen, gehören dem Senat zusätzlich sieben weitere Professor*innen an (Erweiterter Senat). Der*die Präsident*in sowie die weiteren Mitglieder des Präsidiums gehören dem Senat als beratende Mitglieder ohne Stimmrecht an. Der*die Präsident*in führt den Vorsitz.
Amtszeit
Die Amtszeit der Mitglieder beträgt drei Jahre, die der studierenden Mitglieder ein Jahr. Die Amtszeit des aktuellen (neunten) Senats endet am 30.09.2025.
Wie wird man Mitglied?
Die Senator*innen werden von den Angehörigen der jeweiligen Mitgliedergruppe gewählt.
Claudia Behnke-Hermann ist Online-Redakteurin in der Stabsstelle Hochschulkommunikation der Universität Erfurt. Seit Oktober 2022 ist sie Mitglied des Senats und vertritt darin die Statusgruppe der Mitarbeiter*innen aus Technik und Verwaltung. Dabei sei die Arbeit als Senatorin weit weniger „glamourös“, als man das vielleicht annehmen würde: „Der Senat hat vielfältige Aufgaben. Deshalb ist die Tagesordnung selten kurz, die Einarbeitungszeit oft lang, die Themen sind manchmal ‚nüchtern‘.“ Und manche Senatsthemen betreffen den Arbeitsalltag der Mitarbeiter*innen aus Technik und Verwaltung scheinbar seltener als den anderer Statusgruppen. Dabei ist das Gegenteil der Fall: „Auch Themen aus Lehre und Forschung betreffen gerade in der Umsetzung auch das wissenschaftsunterstützende Personal“. Deshalb sei es wichtig, dass alle Statusgruppen mit einer starken Stimme im Senat vertreten sind, sich austauschen und unterstützen. „Bei den ‚Oscars‘ heißen die Nebendarsteller im Original ‚Supporting Act‘. Das beschreibt unsere Arbeit sehr zutreffend. Als ‚Supporting Act‘ für Forschung und Lehre wollen und sollten wir unsere Expertise wie auch unsere Perspektiven einbringen. Perspektiven, die durchaus vielfältig sind. Denn zum wissenschaftsunterstützenden Personal zählen die Kolleg*innen der zentralen Verwaltung genauso, wie die Personen, die dezentral in den Fakultäten und wissenschaftlichen Einrichtungen arbeiten, und natürlich alle, die in unseren Service-Einrichtungen die Basis für das Gelingen von Forschung und Lehre schaffen. Seit inzwischen 13 Jahren bin ich Mitarbeiterin der Hochschulkommunikation und habe dadurch das große Glück, viele der Kolleg*innen an der Uni und ihre Sicht auf die Dinge zu kennen. Nicht zuletzt darf ich, sozusagen „von Berufs wegen“, all die Uni-Themen und die Menschen, die sie ausmachen, in den Fokus nehmen.“
Diese Einblicke sind es, die Claudia Behnke-Hermann in den Senat einbringen möchte und die es ihr leichter machen, die Dinge immer von mindestens zwei Seiten zu betrachten. Besonders liegen ihr dabei die Themen Kommunikation und Gerechtigkeit am Herzen, aber auch die demokratischen Prozesse an Hochschulen. „Wir leben in einer Zeit, in der zunehmend mehr Menschen den Zustand der Demokratie beklagen. Ich bin aber davon überzeugt, dass sie damit vielmehr die Unzufriedenheit mit den Prozessen und Ergebnissen und nicht die Demokratie an sich meinen. Vielleicht kennen sie auch die Möglichkeiten der Partizipation nicht. In beiden Fällen hilft: sich informieren und mitmachen.“ Dies müsse nicht zwingend und ausschließlich in einem der Gremien der Universität sein. Wer etwas bewegen wolle, könne zunächst auch einfach den Kontakt zu seinen Vertreter*innen in den Ausschüssen und im Senat suchen und so seine Themen oder Meinungen einbringen. Ein erster einfacher Weg zur Partizipation.
Im Grunde seien die Chancen zur aktiven Mitgestaltung als Gremien-Mitglied für alle Universitätsangehörigen vorhanden. Tatsächlich sieht Claudia Behnke-Hermann aber Grenzen: „Denn man muss die Gremien, in die man gewählt werden kann, überhaupt erst einmal kennen. Um dann gewählt zu werden, muss man außerdem in seiner Statusgruppe bekannt sein. Und natürlich braucht es auch ein paar persönliche Voraussetzungen wie z. B. die Zeit für die zusätzliche Arbeit zu haben und auch am Arbeitsplatz den Rücken für das Engagement freigehalten zu bekommen.“ Eine Senatssitzung könne schon mal sieben Stunden dauern und bis in den späten Abend hineinreichen. Entsprechend zeitaufwendig sei auch die Vorbereitung, wozu nicht nur das „Einlesen“ gehöre. „Vor den Sitzungen treffe ich mich mit meinen beiden Senatsgruppenkollegen und manchmal auch anderen Statusgruppen, um über die aktuelle Tagesordnung zu sprechen. Auch wenn das zusätzlich Zeit kostet, schätze ich diesen Austausch sehr, weil er mir hilft, manche Themen besser zu verstehen und die Standpunkte der anderen zu kennen.“ Überhaupt ist die Zusammenarbeit und Verständigung mit anderen Gremien und Akteur*innen der Universität, insbesondere mit der Gruppe der akademischen Mitarbeiter*innen, der Studierenden, mit dem Promotionsrat und dem Personalrat für Claudia Behnke-Hermann nicht nur wichtig, sondern notwendig. Aber auch der Austausch mit den Beauftragten für Gleichstellung und Diversität sei jederzeit möglich. „Gern würden wir uns noch enger mit den Vertreter*innen in den Ausschüssen austauschen, denn dort wird schließlich erarbeitet, was wir im Senat entscheiden. Bisher fehlte uns dazu leider oftmals die Zeit“, bedauert die Senatorin. Der Austausch und die Arbeit im Senat bestätigen sie vor allem darin, dass die Welt nicht schwarz-weiß ist und viele Problemstellungen sehr komplex sind. Und damit auch die Entscheidungsprozesse. So mache kein Kompromiss, auch wenn er demokratisch zustande gekommen ist, alle Beteiligten 100-prozentig glücklich, „aber es ist in der Regel das Beste, was Demokratie erreichen kann, wenn sie alle mitnehmen möchte.“
Dass sie mit ihrem Engagement etwas bewegen könne, zeige sich im Kleinen wie im Großen. Beispielsweise im Senatsausschuss für Internationales, in dem Claudia Behnke-Hermann früher Mitglied war. „Hier konnte ich dazu beitragen, dass Gastwissenschaftler*innen mit einer Bezahlkarte die Mensa nutzen können. Als einen meiner bisher größten und schönsten Erfolge im Senat sehe ich aber den ‚Dies Academicus 2023‘, den ich angeregt und mitorganisiert habe. Er bot die Möglichkeit, gemeinsam Chancen und Perspektiven der Hochschule im 21. Jahrhundert in den Blick zu nehmen und auch kontrovers zu diskutieren.“ Apropos Zukunft – auf die Frage, was sich Claudia Behnke-Hermann für die Zukunft der Universität wünscht, sieht sie klar zwei Punkte: „Für das Miteinander ist es wichtig, das Gespräch zu suchen und auch in schwierigen Zeiten im Gespräch zu bleiben. Und abgesehen davon tun uns ein bisschen mehr ‚über den Tellerrand schauen‘ und weniger Individuallösungen bei Standardanforderungen sicher gut. Ich glaube, dass wir von den Erfahrungen anderer lernen sollten und können. Nicht selten gibt es für bestimmte Probleme auf dem Campus schon Lösungsansätze von anderen, die wir einfach nur nutzen müssten. Das – und eine Herangehensweise, die für verschiedene Lösungen offen ist – könnte manchen Prozess verkürzen und am Ende auch alle Beteiligten zufriedener machen.“