Wirtschaft und Menschenrechte vor Ort - Zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in thüringischen Unternehmen

Nur mit Transparenz und Sorgfalt können wir Menschenrechtsverletzungen entlang unserer Lieferketten entgegentreten. Aber was bedeutet das eigentlich konkret für Unternehmen in Thüringen?

Genau diese Frage diskutierten am Freitag, den 19.1.2024 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Rechtspraxis zusammen mit Studierenden und Interessierten im Europäischen Informations-Zentrum Erfurt und online bei einem hybriden Brown-Bag-Lunch.

Unter dem Motto „Wirtschaft und Menschenrechte vor Ort: Umsetzung des Lieferkettengesetzes in Thüringen" regte das/der Staatswissenschaftliche Forum e.V. deshalb einen Austausch zwischen Experten und Publikum an, um Theorie und Praxis noch enger miteinander zu verbinden und einen realistischen Einblick in die tatsächliche Umsetzung und die daraus entstehenden Herausforderungen für die Menschen und Unternehmen hier in Thüringen zu geben. 

Für große Unternehmen mit über 3.000 Mitarbeitern gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) bereits seit dem 1. Januar 2023, wodurch sie dazu verpflichtet sind, ihre Lieferketten einer menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risikoanalyse zu unterziehen und darüber jährlich einen Bericht vorzulegen. In Thüringen gehören dazu bekannte Größen wie Amazon, Ikea oder Rewe, doch wie viele Unternehmen insgesamt von diesen Maßnahmen betroffen waren, konnte man bisher an zwei Händen abzählen. Mit Beginn dieses Jahres trat das LKSG jedoch auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Kraft. Das betrifft in Thüringen schon deutlich mehr Unternehmen, zu denen insgesamt 50 bis 60 kleinere Spezialisten aus der Industrie sowie Zulieferer für Großabnehmer gehören.

Moderiert von dem Vorstandsvorsitzenden des Staatswissenschaftlichen Forums, Prof. Dr. Michael Riegner, diskutierten unter anderem Dr. Jannika Jahn vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und Prof. Dr. Maik Wolf von der Universität Erfurt über Impulse für wissenschaftliche und rechtliche Spannungsfelder zu Fragen der Angemessenheit, transnationalen Kooperationen oder Überschneidungen mit dem Kartellrecht.

Außerdem gaben der Geschäftsführer des Instituts der Wirtschaft Thüringens GmbH (IWT), Dr. Enrico Schöbel, sowie Norman Müller vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle als Referatsleiter zur Kontrolle des LKSG aus der Praxis Einblicke in ihre Arbeit. Sie berichteten von den anlaufenden Umstellungsprozessen, vorhandenen Beratungsangeboten und Hilfestellungen für Betroffene sowie von sichtbaren positiven Effekten für die Unternehmen.

Aus Hamburg war außerdem Daniel Schönfelder vom Responsible Contracting Project (RCP) online zugeschaltet. Das RCP hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschenrechte in globalen Lieferketten durch innovative Vertragspraktiken zu verbessern. Weshalb er als European Legal Advisor zum einen über die üblichsten Versuche berichtete, um Kosten und Verantwortung in Lieferketten zu umgehen und diesen Zulieferern und Subunternehmen aufzudrücken. Zum anderen stellte er auch ihr Toolkit und verschiedene Best Practice Beispiele zur Förderung der Menschenrechte durch Arbeitnehmer vor.

Zusammen mit dem Publikum wurde abschließend ein Blick auf Fragen globaler Zusammenarbeit und zukünftige europäische Regelung geworfen, wodurch eine angeregte Debatte für alle Beteiligten entstand.

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