Doktorandin (Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien)

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Jasmin Kutzner

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Forschungsprojekt

Der Einfluss der synagogalen Liturgie und rituellen Praktiken des Judentums im Schaffen jüdischer Komponisten des 20. Jahrhunderts

Das Promotionsprojekt widmet sich der Entstehung einer national jüdischen Kunstmusik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, deren Wurzeln in den Errungenschaften der Französischen Revolution bzw. der jüdischen Aufklärung (Haskala) liegen. Mit dem Wandel der gesellschaftlichen Stellung der jüdischen Bevölkerung Europas und ihrer Teilnahme am politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben, offenbarte sich das neu erlangte Selbstbewusstsein in der lebendigen Pflege von religiösen und kulturellen Traditionen und moralischen Grundlagen v. a. in Osteuropa. Russland wurde nicht nur Nährboden einer jüdischnationalen Renaissance-Bewegung, in Folge derer eine nationale Schule jüdischer Musik in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstand, sondern auch zum anfänglich wichtigsten Zentrum jüdischer Kunstmusik, die später auch Komponisten anderer Länder zu künstlerischen Auseinandersetzungen im Hinblick auf eine selbständige jüdische Musiksprache bewog.

Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen die Kompositionen der Neuen Jüdischen Schule, eine vom zionistischen Gedankengut geprägte Komponistenvereinigung, die sich mit der Gesellschaft für jüdische Volksmusik in St. Petersburg (1908-1920), der Gesellschaft für jüdische Musik in Moskau (1923-1931) und mit dem Verein zur Förderung jüdischer Musik in Wien (1928-1938) institutionell organisierte.

Das Promotionsprojekt nimmt sich zur Aufgabe, ausgewählte Musikwerke jüdischer Komponisten bezüglich der Frage nach der Einflussnahme liturgischer Elemente und ritueller Praktiken des Judentums zu untersuchen und anschließend in den Kontext musikhistorischer und kulturwissenschaftlicher Entwicklungen sowie identitätsbegründender Strategien einzubetten. Ausgangspunkt und Grundlage der diskursiv deutenden Untersuchung ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der synagogalen und volkstümlichen Musik sowie mit der jüdischen Liturgie und den kulturellen Praktiken des Judentums, im Hinblick auf historische Entwicklungstendenzen, Funktionalität und gesellschaftliche Einflüsse.

Das Forschungsvorhaben ist eng an das von Jascha Nemtsov initiierte Potsdamer Archiv der Neuen Jüdischen Schule geknüpft, welches an der Universität Potsdam aufgebaut wurde und sich mittlerweile in der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar befindet. Das Projekt zielt auf die diskursiv deutende Untersuchung des musikalischen Archivbestandes im Hinblick auf die Verflechtung von liturgischen, traditionellen und rituellen Praktiken des Judentums mit kunstmusikalischen Ausdrucksformen. Das Forschungsinteresse folgt dabei der Frage nach den zugrundeliegenden musikalischen und soziologischen Wertvorstellungen der Neuen Jüdischen Schule sowie nach deren (Spannungs-)verhältnis, sowohl innerhalb der Komponistenvereinigung, als auch zur sozialen Wirklichkeit. Die Untersuchungen greifen ebenfalls die Thematik auf, inwieweit Musik politisches Symbol und Medium zur Verbreitung eines Nationalgefühls sein kann. Vor dem Hintergrund der analytischen Untersuchung der Gesellschaftsstruktur Osteuropas widmet sich das Promotionsprojekt außerdem der Frage, weshalb jene Entwicklung ihren
Ausgangspunkt in Russland fand. Das interdisziplinär ausgerichtete Forschungsprojekt möchte analytische Ergebnisse im Hinblick auf strukturelle Elemente der jüdischen Musiksprache sowie auf die Positionierung der Neuen Jüdischen Schule im musikalischen Spannungsverhältnis von Tradition und Innovation liefern. Vor dem Hintergrund der Artifizierung des jüdischen Musikidioms nähern sich die Untersuchungen abschließend auch dem Erkenntnisinteresse, inwieweit die jüdische (Musik-)tradition aufgrund dynamischer Prozesse Stabilität gewann und inwieweit die Untersuchungen auf eine instrumentale Symbolik schließen lassen.

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