Das Sommersemester 2020 war ein ganz besonderes – für Forscherinnen und Forscher, Dozierende, das wissenschaftsunterstützende Personal und natürlich für die Studierenden. Corona machte es erforderlich innerhalb weniger Wochen von der Präsenzuni komplett auf digitale Formate umzuschwenken. Eine ganz neue Erfahrung. Unsere Studentin Laura A. Saalfeld berichtet hier, wie das für sie war...
"Ich studiere im 6. Semester Romanistik und im 4. Semester Germanistik, bin hochschulpolitisch aktiv und arbeite für den Lehrstuhl der Literaturwissenschaft als studentische Hilfskraft. Anfang März hatte ich endlich alle meine Hausarbeiten fertig und auch die Prüfungsphase gut hinter mich gebracht. Ich war eigentlich voller freudiger Erwartungen, nun wieder ein 'soziales Leben' führen zu können, wollte Freunde aus anderen Städten mal wieder besuchen, ein bisschen den Sommerurlaub planen und die Zeit finden, mich auf Praktika für den Sommer zu bewerben. Und dann kam Corona.
Wir erinnern uns alle an den März, mit den steigenden Infektionszahlen und den sich verschärfenden Maßnahmen. Jede*r weiß, wie wichtig die persönliche, finanzielle Situation ist, weshalb man nicht umhinkam, sich Gedanken über zahlreiche andere Studierende zu machen, die nun vor finanziellen Engpässen standen. Während der Semesterstart erst einmal verschoben wurde, erhielt ich von einigen Freund*innen die Nachrichten, dass sie ihre Nebenjobs, u.a. im Gastrogewerbe, von heute auf morgen verloren hatten. Ich konnte mich dabei ziemlich glücklich schätzen, denn meine Arbeit an der Uni war davon nicht betroffen und ich hatte keine finanziellen Einbußen zu befürchten.
Nun hieß es abwarten. Meine Vorhaben für diese Zeit konnte ich nun erst einmal beiseite legen, da niemand wusste, wie der Sommer aussehen würde. Corona nahm mir jegliche Planungssicherheit und eine bestimmte Ungewissheit ist bis heute geblieben. Da ich auch für die Lehrplanung mit zuständig bin undein Tutorium geben wollte, stand ich in engem Kontakt zu meinem Professor und einigen Mitarbeiter*innen. Ich habe regelmäßig die Corona-Seite der Uni auf Neuigkeiten überprüft und auch Informationen über den Studierendenrat bezogen. Insgesamt kann ich sagen, dass das, was von verschiedenen Seiten übermittelt wurde, im Einklang zueinander stand und ich soweit das Gefühl hatte, informiert zu werden, sobald es etwas Neues gab. Trotzdem hatte ja lange Zeit kaum jemand eine Idee, wie es denn, trotz verschobenen Starts, konkret losgehen würde. Diese Ungewissheit blieb bis Mai und kam im Semester immer mal wieder auf, z.B. bei der Frage nach dem Prüfungsabläufen – doch dazu später mehr. So kamen ziemlich kurzfristig immer mehr Details zur eigentlichen Lehre. Sie solle möglichst asynchron ablaufen und es stünden verschiedene Plattformen zur Verfügung, von Moodle bis Webex. Im Endeffekt bin ich ziemlich froh, dass die Uni bei der Auswahl der zu nutzenden Programme eine klare Linie vorgegeben hat, auch hinsichtlich des Datenschutzes. Eine Freundin in Saarbrücken berichtete mir von einem viel größeren Durcheinander, weil jede*r Dozent*in ein anderes Portal nutzte und es eigentlich kaum Vorgaben der Uni diesbezüglich gab.
Der zähe April war also endlich vorbei und das Semester sollte beginnen. Ich freue mich eigentlich immer, wenn ich mir meinen Stundenplan zusammenstelle und mich durch das Kursangebot klicke. Dann kann ich es immer kaum erwarten, dass es wieder losgeht. Dieses Mal war ich skeptischer – alles online, vieles asynchron und eigentlich keine direkten Austauschmöglichkeiten, wie man sie vorher kannte. Für Literaturseminare konnte ich mir das nur schwer vorstellen und ich wollte eigentlich drei, wenn nicht vier belegen. Viele meiner Dozenten hatten sich nun darauf eingestellt, intensiv mit der Plattform Moodle zu arbeiten. Sie stellten regelmäßig Material online und nutzen nicht nur Texte, sondern auch zahlreiche andere Medien, die per BigBlueButton live oder über endlose Chats besprochen werden konnten. Andere haben ihre Folien eingesprochen hochgeladen und die Quizoption bei Moodle genutzt, sodass man sich regelmäßig selbst testen konnte, ob man das eigenständig Erarbeitete gut verstanden hat. Alle meine Dozenten waren das ganze Semester über sehr gut zu erreichen und für jegliche Rückfragen offen. Lediglich einen Kurs habe ich nicht belegt, da dort leider nur jede Woche stumpf Aufgaben per Mail verschickt wurden mit neu zu lesenden Texten. Dort gab es keine Möglichkeit, über eine gemeinsame Plattform, wie bei Moodle, auch mit den anderen Kommiliton*innen in Kontakt zu treten.
Das asynchrone Format hat natürlich auch seine Vorteile. Man kann sich seine Woche absolut flexibel gestalten und andere Verpflichtungen leichter organisieren. Das Online-Semester kam mir insofern zugute, dass ich überwiegend zu Hause bleiben konnte und mal keine Fernbeziehung geführt habe. Auch hatte ich so wesentlich mehr Zeit für meine Familie. Und obwohl das diese Phase sehr aufgewertet hat, war es das erste Semester, was mir nicht wirklich Freude bereitet hat. Mein Enthusiasmus zu studieren um des Studiums Willen, quasi dem Humboldt´schen Ideal entsprechend, ist mir durch das Online-Semester vergangen. Trotz der Mühe meiner Dozenten und der spannenden Themen haben besonders die Literaturseminare darunter gelitten. Sie leben davon, dass man sie über das Semester hindurch gemeinsam mit dem Dozierenden gestaltet. Es gibt oft nur einen ungefähren Ablaufplan, denn vieles zeigt sich erst im Kurs selbst: Was kann man akut vertiefen und ausbauen oder wo entstehen neue Fragestellungen, die man eher verfolgen möchte? Einige haben versucht, die Gespräche anderweitig zu ersetzen, haben trotzdem Gruppenarbeiten eingeführt und den virtuellen Austausch gefördert. Aber es macht auf Dauer etwas einsam. Man kommt über Webex im Seminar nicht wirklich ins Gespräch mit dem Sitznachbarn oder kann gemeinsam mit einer Kommilitonin in die Mensa gehen. Wenn die Kamera nicht an ist, sieht der/die Dozierende nicht die zögernde Hand und fragt vielleicht doch noch einmal nach. Die Hemmschwelle zum persönlichen Beitrag ist so manchmal höher gewesen. Diese Dinge sind wichtig für das Lernen in den Seminaren, jedoch auch für den persönlichen Austausch und um den Anschluss zu finden, gerade wenn man neu ist. Ich hoffe, dass wir einen Bogen spannen können für alle, die im Winter neu an die Uni und nach Erfurt kommen. Denn das Studium lebt nicht nur von der Lehre und den Veranstaltungen. Ebenso wichtig sind Kontakte, die man knüpft, und Freunde, die man dabei finden kann, Eindrücken und Erfahrungen, die man sammelt, wenn man beginnt, in das universitäre Leben einzutauchen, aber auch, wenn man von zu Hause auszieht und auf eigenen Füßen zu stehen beginnt.
Als wir uns der Prüfungsphase näherten, wuchs erneut die Ungewissheit. Bis jetzt waren alle mit ihren gewählten Formaten 'warm geworden' und hatten soweit ihren Stoff erarbeiten können. Doch die Zeit wurde knapp. Ich habe im Nachhinein den Eindruck, dass ich fast täglich die Entwicklungen zum Prüfungsablauf sehen konnte – zum einen als Studentin selbst, die Prüfungen ablegen musste, und zum anderen als Mitglied im Fakultätsrat, wo die Dozierenden viel darüber gesprochen haben und informiert wurden. Ich bin an dieser Stelle meinen beiden Dozenten sehr dankbar, bei denen ich dieses Semester sprachwissenschaftliche Kurse belegt hatte. Dem einen, weil er auf die sogenannte qT-Prüfung kurzfristig verzichtet hat, was mir viel zusätzliche Arbeit und Stress erspart hat. Und dem anderen, weil er sich sehr um seine Studierenden im Kurs gekümmert hat. Er hat extra das letzte Thema gestrichen, um uns die Zeit zu geben, sich mit der Prüfungssoftware auseinanderzusetzen. Darüber hinaus hat er nicht nur eine Probeklausur erstellt, sondern auch noch eine zweite, nachdem mehrere Probleme bei der ersten zurückmeldeten – u.a. ich. Ich fand dies persönlich sehr wichtig, denn man ist schließlich so schon nervös vor einer Prüfung, da braucht man nicht noch den Stress, dass man mit dem Programm nicht zurechtkommt. Die eigentliche Prüfung lief dann ohne Probleme für mich ab und der Lernvorteil war definitiv, dass ich mir einige Präsentationen nicht nur wiederholt ansehen, sondern auch anhören konnte – das könnte man gern auch künftig beibehalten.
Nun bin ich wieder an dem Punkt, dass ich mit meinen Hausarbeiten fertig bin, auf das nächste Semester und eigentlich schon auf mein letztes Jahr an der Uni Erfurt blicke. Ich habe meine Kurse hinter mich gebracht, doch die Vorfreude auf November ist etwas getrübt. Denn es soll noch ein weiteres Semester kommen, in dem nicht alles abläuft, wie man es kennt. Aber Veränderungen bringen meiner Ansicht nach auch immer etwas Positives. Viele mussten sich endlich auf das längst angebrochene digitale Zeitalter einlassen und für Treffen muss man nicht immer zwangsläufig vor Ort sein. Doch mit der Zeit merke ich, wie mir Einiges fehlt, wie viel Spaß mir der direkte Austausch im Seminar macht oder wie viel einfacherer es ist, mit Dozierenden ins Gespräch zu kommen, indem man sie nach einem Kurs direkt anspricht.
Ich habe eine privilegierte Studiensituation, auch während Corona: Finanziell ging es mir weiterhin gut, ich hatte nicht geplant ins Ausland zu gehen und über meine Arbeit an der Uni, und in allen möglichen hochschulpolitischen Gremien, bin ich ziemlich gut informiert. Ich habe mir stets Mühe gegeben, meine Informationen an andere weiterzugeben, sowohl an Studierende über den Fachschaftsrat als auch an Dozierende und möchte dies auch weiterhin tun. Das vergangene Semester war auf seine besondere Weise lehrreich – Einiges können wir daraus mitnehmen, anderes müssen wir abwarten. Ich denke, es ist ein guter Weg, wenn wir alle an einem Strang ziehen und wissen, dass es nicht alles optimal ist und wir dennoch das Beste daraus machen. Als Studierende*r, als Dozierende*r und auch alle anderen an der Uni Erfurt, vom Präsidium über die Dezernate bis hin zur Bibliothek, sollten wir uns bemühen, auch das nächste Semester über die Bühne zu bringen und unsere Möglichkeiten auszuschöpfen."
(Text: Laura A. Saalfeld)
Informationen rund um Studium und Forschung an der Universität Erfurt in Zeiten von Corona finden Sie gesammelt auf unserer Corona-Website: www.uni-erfurt.de/universitaet/aktuelles/informationen-corona.