Entstanden ist unsere Lernwerkstatt vor über 10 Jahren – hervorgegangen aus der Initiative einer Sachunterichtsdidaktikerin (Sandra Tänzer) und eines Deutschdidaktikers (Gerd Mannhaupt): An der Universität Erfurt sollte wieder eine lebendige Werkstatt etabliert werden, in der Studierende eigenaktiv an berufsrelevanten Fragestellungen in einer offenen, anregenden Lernatmosphäre arbeiten. Dabei gab es bereits 1992 bis 2005 eine pädagogische Werkstatt auf dem Campus, die auf das Wirken von Ute Andresen zurückging. Doch als die bekannte Grundschulpädagogin in Pension ging, gerieten Konzept und Philosophie des Lehrens und Lernens in einer pädagogischen Werkstatt in Vergessenheit. Im Jahr 2012 sollte der Grundstein für die Entwicklung unserer Lernwerkstatt gelegt werden mit einem Seminar, in dem wir - Sandra Tänzer & Gerd Mannhaupt – mit Studierenden das Konzept von „Lernwerkstatt(arbeit)“ intensiv diskutierten, Exkursionen zu Lernwerkstätten an anderen Universitäten durchführten und erste konzeptionelle Überlegungen für das Profil unserer Lernwerkstatt entwarfen, die dann in einem partizipativen Prozess mit Kolleg:innen unterschiedlicher Studienfächer diskutiert und verdichtet wurden (Tänzer & Mannhaupt 2014).
Aufgrund eines Brandes in jenem Gebäude, in das die geplante Lernwerkstatt einziehen sollte, stockte der Prozess wieder, bevor er dank der Drittmittelunterstützung durch das BMBF im Kontext der Qualitätsoffensive Lehrerbildung fortgesetzt werden konnte: Die Implementation und Evaluierung einer Hochschullernwerkstatt wurde zu einem der Teilprojekte der Qualitätsoffensive Lehrerbildung an der Universität Erfurt. Im Rahmen dieses Projekts entwickelten wir in den Jahren 2017 bis 2023 die vier konzeptionellen Säulen unserer Lernwerkstatt, die wir in unserer Lernwerkstattarbeit stetig weiterentwickeln, implementierten die Lernwerkstatt und evaluierten unsere Arbeit. Diese Aufgaben wurden erfolgreich umgesetzt und unsere Lernwerkstatt wurde zu der Institution, die sie heute ist.
Auf der Grundlage unserer konzeptionellen Überlegungen werden in der Lernwerkstatt unterschiedliche Lehr-Lern-Formate angeboten. Diese erstrecken sich von eher formalen Formaten wie Seminaren im Kontext der Lehramtsstudiengänge über regelmäßige Workshops zu diversen Themen bis hin zu informellen Formaten wie unseren freien Öffnungszeiten, in deren Rahmen die Lernwerkstatt und ihre Materialien frei von den Studierenden genutzt werden können.
Für Seminare in der Lernwerkstatt, die sich an unseren konzeptionellen Grundgedanken orientieren, haben wir einen Pool an Reflexionsfragen entwickelt. Diese Fragen sollen helfen, die Lernprozesse immer wieder auf die Besonderheit des Lernwerkstattlernens in Erfurt zu reflektieren. Denn es sollte klar geworden sein, dass für uns Lernwerkstattarbeit nicht bedeutet, das Lernen ‚einfach’ in einen anderen Raum zu verlegen und dann weiterzumachen wie bisher. Uns geht es darum, eine veränderte Lernkultur zu etablieren, die nicht in Stein gemeißelt ist, sondern immer auch offen bleibt für neue Anregungen.
Der Bereich der "Erhöhung des erfahrungsorientierten Lernens" berührt das Einnehmen einer lernenden und forschenden (Grund-)Haltung auf Seiten des Individuums, also auf Seiten Studierender. Dies heißt einerseits ein Arbeiten an eigenen Fragestellungen und andererseits eine Öffnung gegenüber neuen, zukünftigen bzw. unerwarteten Problemstellungen.
Erfahrungsorientieres Lernen in unserem Verständnis verknüpft die Diskussion und Reflexion der unterschiedlichen (Vor-)Erfahrungen der Lernenden mit Impulsen, die eine „Umwendung, Öffnung und Erweiterung für und zu neuen Erfahrungen sowie eine Umstrukturierung alter Gewohnheiten und Habitualitäten – kurz: bildende Erfahrungen – möglich“ (Brinkmann 2022, 285) machen.
Der für unser Konzept leitende Erfahrungsbegriff bezieht sich auf John Deweys pragmatische Lerntheorie. Eine solche Konzipierung von Lernen ist auch im Lernwerkstattdiskurs nicht unbekannt (vgl. z.B. Hagstedt 2016; Heppekausen 2013; Hildebrandt & Weisshaupt 2013; Reitinger 2016).
Ein wesentlicher Punkt in Deweys Modell ist das reflexive Denken, das „immer ein Ziel [hat], es führt zu einer Schlussfolgerung" (Abels 2011: 49). Der Schwerpunkt Deweys liegt weniger im Erfahrungswissen (Erfahrung haben), sondern vielmehr auf dem Prozess der Erfahrung (Erfahrung machen), der Erleben und Handeln vereint.
Die aktive Seite der Erfahrung ist das Ausprobieren, Versuch – man macht Erfahrungen. Die passive Seite ist ein Erleiden, ein Hinnehmen. Wenn wir etwas erfahren, so wirken wir auf dieses Etwas zugleich ein, so tun wir etwas damit, um dann die Folgen unseres Tuns zu erleiden. Wir wirken auf den Gegenstand ein, und der Gegenstand wirkt auf uns zurück; darin eben liegt die besondere Verbindung der beiden Elemente" (Dewey 2011: 186 & 187).
Lernen als Erfahrung lässt sich als fünfstufige Abfolge beschreiben: (1) die emotionale Reaktion, (2) die Problemdefinition, (3) die Hypothesenbildung, (4) die Überprüfung und (5) die kontinuierliche Anwendung.
Die 5 Stufen des Erfahrungslernens
Erfahrungslernen nach Dewey lässt sich als 5stufiger Prozess verstehen.
Eingang in die Erfahrung bietet die emotionale Reaktion infolge des Erlebens einer „Irritation (perplexity), einer Verwirrung (confusion) oder eine[s] Zweifel[s] (doubt)" (Englisch 2005: 57). Die damit verbundene emotionale Antwort der/des Lerner_in ermöglicht ein Sich-Einlassen, indem bisherige Routinen fragwürdig werden oder Vertrautes ausbleibt (vgl. Kosinár 2014: 41). Infolgedessen kann die/der Lernende nicht weiter nicht über Unmittelbares nachdenken, kann also nicht weitermachen wie bisher. Das Problem bleibt bestehen. Dieser Umstand macht Erfahrungssituationen persönlich bedeutsam, relevant bzw. authentisch.
Innerhalb der Problemdefinition versucht die/der Lernende auf Grundlage früherer Erfahrungen (Erfahrungswissen) das Problem zu lösen. Dies ist letztlich ein Versuch-Irrtum-Prozess, in dem das Scheitern bisheriger Lösungsmöglichkeiten einen kreativen Akt des Lernens vorantreibt. Als intellektuelle Antwort gilt es dann, wenn das Problem durchdacht und mit anderen besprochen oder beschrieben wird. Der Lernende „befindet sich dabei in einer ‚twilight zone of inquiry’ und bearbeitet Probleme des Denkens und Lernens, die zwischen Wissen und Nicht-Wissen, Können und Nicht-Können angesiedelt sind" (Englisch 2005: 57).
Durch die Bildung von Hypothesen werden Möglichkeiten evaluiert, um eine Antwort auf die Frage danach zu finden, was zu tun wäre, um das Problem zu lösen. Mögliche Lösungen werden aktiv in Ernstsituationen ausgetestet beziehungsweise wird mit Lösungen experimentiert. Insgesamt stellt auch dieser Schritt ein Lernen durch Versuch-Irrtum dar, ist aber das, was bekanntermaßen als "learning by doing" gilt. Schließlich wird im letzten Schritt das Gelernte kontinuierlich angewandt. Ziel ist es dabei, zu erkennen, was (alles) mit dem Lernergebnis erreicht werden kann.
Professionalisierung und Erfahrungslernen
In Bezug auf Dewey zeichnet Kosinár (2014) in einer Studie zu Passungserfahrungen im Referendariat Erfahrungen mit Krisensituationen innerhalb der zweiten Phase der Lehrer_innenbildung nach und entwickelt eine Typologie von Professionalisierungsverläufen. Sie zieht daraus die Schlüsse, dass (1) außerhalb des eigenen Vorverständnisses liegende Anforderungen nicht angenommen und folglich nicht bearbeitet werden können, (2) dass krisenhafte Erfahrungen zur Veränderung, im besten Fall Erweiterung des Berufsbildes führen können und (3) dass Erfahrungen der Nicht-Passung je nach Typ entweder zum unlösbaren Konflikt oder zur Triebkraft der Lösungsfindung für die angehenden Lehrer_innen werden können.
Gröschner (2013) deutet Deweys Modell des Erfahrungslernens als pragmatistisches Verständnis von Innovation, dessen Kern die „positiv konnotierte Veränderung (und Veränderungsbereitschaft) von Individuen [ist], die sich in einem engen Wechselspiel mit räumlichen, zeitlich-situativen sowie intra- und interpersonalen Prozessen entfaltet" (ebd.: 305). Er leitet daraus die Arbeit an einer grundlegenden Innovationskompetenz ab, die ihren Ausgangspunkt im Lehramtsstudium hat und sich in der Umsetzung von Innovationen im Lehrberuf niederschlägt.
Insgesamt ist jenes Verständnis von Lernen als Erfahrung eng verknüpft mit einer persönlichen Bedeutsamkeit (Welche Problemstellungen werden für mich relevant?) und einer forschenden Haltung (Wie kann ich meine Fragestellungen adäquat lösen?). Gerade daher scheint Erfahrungslernen für die Lernwerkstatt an der Universität Erfurt vielversprechende Orientierung zu geben.
Was ist Lernen? Was ist Wissen? Beides zählt zu denjenigen Begrifflichkeiten, von denen wir wissen, was damit gemeint ist, bis wir wissen wollen/sollen, was damit gemeint ist. Das heißt nichts anderes, als diese scheinbar allgemeingültig gebrauchten Begriffe auf verschiedene, sogar gegensätzliche Phänomene bzw. Diskurslinien hinweisen. Eine für die folgende Säule grobe, aber wichtige Unterscheidung betrifft die Metaphern "Lernen als Aneignung" einerseits und "Lernen als Partizipation" andererseits (vgl. Wegner & Nückles 2013).
Wir wollen uns im Weiteren auf das "Lernen als Partizipation" konzentrieren. Kurz gesagt bedeutet dies eine Abwendung vom Lernen als Aufnahme, Aneignung oder Konstruktion von Wissen hin zum Lernen als Prozess der Mitgliedwerdung in einer Praxisgemeinschaft. Damit lauten die Antworten darauf, was man im Lehramtsstudium oder im Lehrer_innenberuf lernt, folgendermaßen: Im Studium wird man Teil der Gemeinschaft der Studierenden oder man wird Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft (der Scientific Community). Und im Beruf lernt man die Kultur der Schule, an der man arbeitet, indem man Teil der Lehrer_innenschaft wird. Lernen wird damit immer als gebunden an den Kontext, der Community of Practice, betrachtet, in die man durch Teilnahme an deren Praxis hineinwächst, für die es keine Aufnahmeverfahren gibt, in der man immer legitimes Mitglied ist.
Was sind Communities of Practice?
Communities of Practice kennzeichnen sich durch das Zusammenwirken der drei Merkmale Gemeinschaft (Community), Domäne (Domain) und Praxis (Practice) (vgl. Wenger 2006). Community betrifft regelmäßig stattfindende Interaktionen, wobei in kokonstruktiven Prozessen Bedeutungen ausgehandelt sowie Ideen und Erfahrungen ausgetauscht werden. Die Domäne beschreibt den zu Grunde liegenden Interessensbereich als das Thema, für das sich das freiwillige Engagement lohnt. Und Praxis heißt so viel wie der Pool gemeinsam entwickelter Ressourcen. Dazu zählen Erfahrungen, Geschichten, Tools und Wege, wie Probleme gelöst werden (vgl. ebd.: 2).
Wie lernt man also nun diese Praxis? Aus dem bisher Gesagten geht folgende Antwort hervor: Die Praxis lernt man durch Teilnahme an der jeweiligen Praxis. Folgt man Lave und Wenger, stellt man fest, „that there is no such thing as ‚learning’ sui generis, but only changing participation in the culturally designed settings of everyday life." (Lave 2009: 201).
Lernen in der Community of Practice kann damit als ein aktiver, freiwilliger und vor allem kollaborativer Prozess des Hineinwachsens in eine Kultur bzw. Praxis verstanden werden. Man lernt von Erfahrenen und tauscht mit anderen Peers Erfahrungen aus. Und diese Mitgliedwerdung stellt sich als eine spiralförmige Bewegung von der peripheren zur vollständigen Partizipation dar.
Wir sind in unserem Alltag Mitglied in einer Vielzahl von Communities of Practice, auch wenn uns unsere Mitgliedschaft nicht immer bewusst ist (vgl. Künkler 2011). Beispielsweise treffen sich Lehrer_innen oftmals beim Mittagessen in der Mensa, tauschen sich dort über Probleme oder Lösungen, über Unterrichtssituationen aus und entwickeln somit eine gemeinsame Geschichte. Und ein sicherlich nicht unbekanntes Beispiel ist auch, dass Studienanfänger_innen von älteren Semestern lernen, wie man leicht durch schwere Tests kommt, welche Kurse und Dozent_innen wirklich wichtig sind usw. Wesentlich sind also regelmäßige Interaktionen, in denen Wissen ausgehandelt und weiterentwickelt wird.
Lernen in der Community of Practice
Das um den Interessenbereich entstehende Wissen ist zunächst eng an den Kontext der Community gebunden. Dies ist gemeint, wenn vom situierten Lernen die Rede ist, und es hat nicht zu unterschätzende Konsequenzen. Denn die Problematik stellt sich beim Wissenstransfer, also dass bestimmtes Wissen auch in anderen Kontexten zur Verfügung steht. So geht die Theorie des situierten Lernens davon aus, dass eine hohe Kopplung des Wissens an einen Erfahrungskontext einen Transfer erschwert. Einfach ausgedrückt: Je mehr mein Wissen etwa ‚nur’ für mein Studium wichtig ist, desto unwahrscheinlicher wird es, dieses auch im Beruf zu nutzen.
Hiermit hängt auch das vielfach kritisierte "träge Wissen" zusammen, das ohne Praxisbezug schnell wieder verloren geht. Wir kennen das aus Begriffen wie Bulimie-Lernen, wenn wir lernen, um eine Prüfung zu meistern und um es anschließend direkt wieder zu vergessen.
Krenk (2012/2014) untersuchte beispielsweise den Zusammenhang zwischen bestehenden Beziehungsnetzwerken von Promovierenden und deren wissenschaftlicher Laufbahn. Sie kommt bei der Analyse von unterschiedlichen Beziehungstypen (individueller Typ, Team-Typ und ‚community of practice‘-Typ) zum Ergebnis, dass sich eine breite Vernetzung im Kontext eines Teams oder einer Community of Practice förderlicher auf die weitere berufliche Entwicklung auswirken als die Beschränkung auf das Betreuungsverhältnis des individuellen Typs (vgl. Krenk 2014: 112).
Wichtig sind an dieser Stelle für Lernwerkstattarbeit zwei Hinweise: Es werden (1) mit dem situierten Lernen auch Spielarten des informellen Lernens in den Blick genommen. Das heißt, dass Lernen, Kompetenzentwicklung oder Professionalisierung angehender Lehrer_innen nicht an die Teilnahme an Lehrveranstaltungen oder Abschlüsse gekoppelt wird. Auch in der Freizeit findet wichtiges Lernen statt. Deshalb soll die Erfurter Lernwerkstatt sowohl offen sein für interdisziplinäre Lehrveranstaltungen als auch für Lernprozesse fern ab von Hausarbeiten oder Leistungsanforderungen.
Daneben kann (2) der von Studierenden immer wieder angesprochene Theorie-Praxis-Konflikt eher als Konflikt zweier Praxen betrachtet werden: zwischen der wissenschaftlichen Praxis auf der einen Seite und der pädagogischen Praxis auf der anderen Seite. Die Lernwerkstatt kann dabei helfen, die unterschiedlichen Kontexte miteinander zu verbinden und Studium und Beruf in ein noch effizienteres Verhältnis zueinander zu stellen.
In der Lernwerkstatt werden viele Materialien hergestellt oder mit solchen gelernt. In den Regalen befinden sich Arbeitsmaterialien wie Scheren, Stifte, Papier, Bücher, aber auch Anschauungsobjekte, Experimentalaufbauten, Diagnosemöglichkeiten, Musikinstrumente, Spiele uvm. Diese können und sollen genutzt werden, um ihr didaktisches Potential zu entfalten. Daneben ist aber auch der Raum der Lernwerkstatt so gehalten, das dieser an die jeweiligen Bedürfnisse in Lernprozessen angepasst werden kann. So können beispielsweise die Tische verschoben werden, um den Raum so herzurichten.
Das Lernen mit und an den Dingen, die Lernwerkstatt als "dritter Pädagoge" (Müller-Neandrup 2013) oder der Bezug auf den "Appell der Dinge" (Stieve 2008; vgl. auch Hildebrandt & Weisshaupt 2013: 165) taucht seit jeher im Diskurs um Lernwerkstätten auf. Hierbei handelt es sich um die aktive Bezugnahme auf den "Bildungswert der Dinge" (Parmentier 2001). Es handelt sich um eine Lernkultur, die die Präsenz von Materialien, Stoffen, Technologien etc. in ihrer physikalischen Form und in ihrer Widerständigkeit im Lernprozess fokussiert. So zwingt uns beispielsweise der Kugelschreiber zu einem anderen Schreiben als Kreide, Bleistift, Pinsel oder Feder. Und ein Versuchsaufbau im Physikunterricht kann anderes zeigen als ein Bild oder ein Text (vgl. Röhl 2013).
Dagegen sind hochschulische Lernkulturen herkömmlich beschränkt auf Tafeln, Bücher, Stifte, Schreibblöcke oder die von gelangweilten Studierenden bunt verzierte Hörsaaleinrichtung, weiter auf Overhead-Projektoren, Beamer sowie verstärkt auch digitale Medien. Sicherlich trifft eine solche nicht besonders umfangreiche Materialsammlung auch für viele andere Lernkontexte wie Referendariat oder Schule zu. So bleiben doch in pädagogischen Lehrveranstaltungen die "Dinge" etwa im Sinne von für Lerngruppen aufbereiteten Materialien oftmals unterberücksichtigt. Ein Phänomen, das scheinbar für Kinder in Kitas als völlig normaler Prozess der Wirklichkeitskonstruktion wird, der allerdings mit zunehmendem Alter scheinbar von Bildungsinstitutionen auf die erwähnten wenigen "Dinge" beschränkt wird.
Die Wiederentdeckung der Dinge in den Erziehungswissenschaften
Auch in den Erziehungswissenschaften wird in den letzten Jahren immer stärker die Materialität pädagogischer Prozesse betont, die vor allem beeinflusst ist vom "material turn" in den Sozialwissenschaften (vgl. z.B. Nohl 2011; Priem, König, Casale 2012, Zirfas, Klepacki 2013). Aus einer solchen Perspektive ist „Bildung […] die Antwort auf die Möglichkeiten der Dinge" (Zirfas & Klepacki 2013: 54).
Prinzipiell ist der Gedanke der Erziehung durch die Dinge nicht neu. So zeigt Stieve (2008) anhand der Theorieentwürfe Rousseaus, Fröbels und Montessori, wie seit immer schon die Dinge „[g]egenständliche Miterzieher in der Pädagogik" (ebd.: 42) sind.
Dinge sind Miterzieher. Diese Möglichkeit des Einsatzes von Alltagsgegenständen, besonders aber von spezifisch hergestellten Spielzeugen und Lernmitteln, haben sich gerade Klassiker der Pädagogik zu eigen gemacht. […] Für Rousseau wird gerade durch die arrangierten Dinge eine naturgemäße, sich notwendig ergebende Erziehung des Kindes geleistet. Bei Fröbel offenbaren sich die Ur-Gesetze der Welt dem Kind spielerisch und anschaulich über die bewusst hergestellten Spielmittel. Montessori stellte ihre bekannten Lernmittel so her, dass sie die Selbsttätigkeit des Kindes anregen und es ihnen direkte Leitung des Erziehenden Kulturtechniken oder mathematische und physikalische Zusammenhänge erlernt" (ebd.).
Die Wiederentdeckung der Dinge in den Erziehungswissenschaften kann aber auch im Kontext der Durchdringung des Alltags durch digitale Technologien (Stichwort: Internet der Dinge) betrachtet werden, was auf je aktuelle kulturelle und historische Zusammenhänge verweist (vgl. König 2012: 15; Nohl & Zirfas 2011: 2). In diesem Kontext erinnert König (2012) daran, dass „die Dinge und die Gesten des Zeigens immer wieder eine wichtige Rolle gespielt [haben]. Von den didaktischen Materialien und der Genderspezifik des Spielzeugs über das Sammeln als kindliches Vergnügen bis zu Schulmuseen wurde über die Materialität der Anschauung über pädagogische Objekte und die Erziehung durch Dinge nachgedacht" (ebd.: 24).
Materialität und Unterricht
Auch die Materialität des Unterrichts verweist auf ihre Geschichte: So ist etwa die Erfindung von Bleistift und Radiergummi, für das anfänglich getrocknete Brotreste genutzt wurden, mit der schulischen Fehlerkultur verbunden (vgl. Oelkers 2012: 35). Die Entmaterialisierung in der Hinwendung der Pädagogik zur Psychologie nahm ihren Ursprung in der „Mitte des 18. Jahrhunderts, […] weil der Prozess der Erziehung einem psychologischen Kalkül unterzogen wurde. Je mehr die Pädagogik das Kind als ‚lernend’ betrachtete, desto weniger schien die Erziehung eine materielle Substanz zu benötigen. Der reformpädagogische Kernkonflikt entzündete sich an der Frage, wie frei das Lernen sein darf, nicht an der Frage, wie materiell gesättigt es sein muss, damit es überhaupt stattfinden kann" (ebd.: 37). Und dennoch blieb Materialität Teil der Unterrichtspraxis, sei es in Form von Lernmedien (Bücher, Stifte), in Ordnungsmethoden (Pulte und Bänke für die Sitzordnung oder Rute und Stock für die Disziplin) oder Wissensobjekten und -medien (Röhl 2013) wie Wandtafeln, Kreide und Bilder (vgl. Oelkers 2012: 38).
Asbrand, Martens und Petersen (2013) zeigen in ihrer empirischen Untersuchung die Folgen für den Unterricht. „So zeigt sich ein instruktivistisches bzw. transmissives Lehr-Lernverständnis, wenn die Dinge, die schulisch relevantes Wissen repräsentieren […] im Modus der Konkretisierung als Veranschaulichung vorgängig bekannten Wissens eingesetzt werden. Umgekehrt ist vorstellbar, dass in konstruktivistisch geprägten Lehr-Lernarrangements dieselben Dinge Anlass bieten für Abstraktionsprozesse der Schülerinnen und Schüler, im Modus der Induktion oder Abduktion" (ebd.: 185).
Der Einsatz der Dinge im Unterricht steht so in einem Verweisungszusammenhang mit dem Verständnis von Lernen und Lehren. Die Dinge als Wissensrepräsentanten stehen in transmissiven Lehr-Lernvorstellungen, die die Weitergabe von Wissen fokussieren. Dagegen werden die Dinge in konstruktivistischen Vorstellungen zu Produzenten des Nichtwissens, an das sich Lernen anzuschließen vermag.
Aus dieser Perspektive ergeben sich Konsequenzen für die Rolle als Lerner_in und als Lehrer_in. Mit der Materialität im Lernprozess geht eine Erhöhung der Auseinandersetzung mit didaktisch arrangierten Dingen einher. Lerner_innen nutzen die Dinge, um mit (Tools; Werkzeuge) und an (Wissenobjekte) ihnen sowie durch (Wissenmedien) sie fachbezogenes Wissen zu konstruieren (Lernende als Erkunder_innen der Dingwelt). Mit der Sensibilisierung der Materialität in Lehrprozessen verbindet sich das Ziel, die Dinge in didaktischen Arrangements aktiv einzubeziehen und deren Auswirkung auf inhaltliche und lernmethodische Aspekte unterrichtlicher Praxis hin zu reflektieren (Lehrende als Designer_innen) (vgl. Jörissen 2015; Raff 2012; Zirfas und Klepacki 2013).
Ästhetische Prozesse spielen nicht nur in künstlerischen Fächern eine Rolle, obgleich dort ästhetische Erziehung/Bildung ganz klar ein zentrales Ziel ist. Worum es im Folgenden gehen soll, ist eher die Beschäftigung mit der Ästhetik jeglichen Lernens, also auch fernab von Zielbestimmungen und den entsprechenden inhaltlichen Konsequenzen.
Viele unserer Lebensbereiche sind ästhetisch geprägt. Dies wird nicht nur deutlich, wenn man sich die eigene Musik- oder Bildersammlung anschaut. Viel ‚alltäglicher’ reiht sich auch die Einrichtung der eigenen Wohnung, die Gestaltung des eigenen Körpers etwa durch Schmuck oder Tätowierungen, die Zusammenstellung der Kleidung ein oder – bezogen auf Bildungskontexte – die eigene Handschrift, die eigene Federmappe, Buchumschläge, künstlerisch gestaltete Seminarbänke oder Toiletten uvm. Vieles in unserem Leben ist also eine Antwort auf die Frage nach einer gelungenen Gestaltung, die die ästhetische Wahrnehmung anspricht bzw. aus dieser hervorgeht.
Ästhetik als Bestandteil von inszenierten Lernprozessen erlebt seit den 1980ern eine Renaissance innerhalb der allgemeinen Pädagogik und in den Erziehungswissenschaften. Als Ausgangspunkte für jene Wiedereinführung kann die Diskussion um die Postmoderne sowie die Wiederbelebung des Bildungsbegriffs genannt werden (vgl. Ehrenspeck 2013.: 13). In der pädagogischen Diskussion über pädagogische Folgen der Postmoderne wird die Identitätskonstruktion des lernenden Subjekts zu einem „ästhetisch-künstlerisch-kreativem Prozess der Selbstorganisation" (Drieschner 2007: 77). Das Credo könnte man dementsprechend sowohl "Do it yourself" als auch "Do it artificially" zusammenfassen.
Das Verhältnis von Ästhetik und Pädagogik
Prinzipiell gab es in der Pädagogik immer auch mit Ästhetik verbundene pädagogisch-normative Ziele. Darunter die Förderung der Moralität sowie der Kreativität, die Ausbildung eines einheitlichen Stils, die positive Veränderung der Geschmacksbildung, die Emanzipation des Menschen, die Ausbildung der "Ich-Identität", die Bewusstmachung und Veränderung von Alltagsverhalten, die Transzendierung von Erfahrungsgrenzen sowie die Förderung des Zulassens von Pluralitätssinn, Nichtidentität und Differenz (vgl. Ehrenspeck 2013: 15).
Wagen wir einen kurzen, ausschnitthaften historischen Rundgang durch dieses Verhältnis: Bei Kant war das Ziel ästhetischer Bildung „die Übereinstimmung von Einbildungskraft und Verstand" (Zirfas & Burghardt 2015: 35), bei Schiller wurde Ästhetische Erziehung zur natürlichen Vorstufe der politischen Erziehung (Engel 2011: 26). Humboldt sah „in der Verbindung von Ästhetik und Bildung, insbesondere über das Medium der Sprache und der griechischen Kunst der Antike, die Möglichkeit zur allseitigen und harmonischen Bildung des Menschen" (vgl. Ehrenspeck 2013: 10) und Fröbel als Vertreter der Pädagogik der Romantik sah im Ästhetischen – vor allem am Beispiel des Zeichnens – die Vollendung der Schöpferkraft, indem sich das Individuum zum zweiten Schöpfer seiner selbst sowie durch „Sinnigkeit, Sittigkeit und Sittlichkeit zu wahrer Selbsteinigung" (Fröbel 1976: 156; zitiert nach Ehrenspeck) erhebt. Herbarts Pädagogik bezog sich aus der Kritik an Kant auf eine erzieherische Zielsetzung auf ästhetisch-ethische Urteilsbildung des Zöglings, das sich durch Konfrontation mit literarischen, historischen, religiösen sowie musikalischen Themen ergibt, somit also grundsätzlich interdisziplinär angelegt wird.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert sowie in der Reformpädagogik werden Ästhetik und Kunst gesellschaftlich-politisch mit dem Ziel eines erneuerten Menschen sowie zur Antipode intellektualistischer Ausrichtungen innerhalb der Pädagogik in Zusammenhang gebracht. Auch der oben erwähnte John Dewey muss als Vertreter der Diskussion um Ästhetische Bildung angeführt werden, dessen Vorstellungen über ästhetische Erfahrung den ausdrücklichen Versuch einer Überwindung zwischen Kunst und Alltag darstellen. Und die Entdeckung des Kindes als Künstler_in in der Zeit der Reformpädagogik führte in weiterer Folge zur Ästhetisierung des selbstständigen Lernens (vgl. Drieschner 2007). Im Nachgang an die Instrumentalisierung von Ästhetik (insbesondere musische Künste und weniger die ‚nur kontemplativen‘ Bildenden Künste) zur Anbahnung eines Aufgehens in der Gemeinschaft vor allem unter faschistischer Herrschaft wird Ästhetik nach dem 2. Weltkrieg zum primären Bestandteil der Fachdidaktik.
Ästhetisches Lernen in einer Lernwerkstatt
Um es nochmals zu wiederholen: Eine ästhetische Ausrichtung auf Lernprozesse ist nicht auf künstlerische Fächer wie Musik, Kunst oder Darstellendes Spiel zu beschränken. So berichtet beispielsweise Deihle (2016), dass das in der Geschichtsdidaktik bis in die 1970er vorherrschende strenge enzyklopädische Paradigma mehr und mehr um ein ästhetisches erweitert wurde. Dadurch veränderte sich der Blick auf die Unterscheidung passender und unpassender Unterrichtsthemen. Galt früher: „Die attische Verfassung? Na klar. Die Kulturgeschichte des Saxophons aber nicht" (ebd.: 105), so kommen zunehmend ästhetisch-geprägte Themen hinzu.
Damit fällt der Brückenschlag zum Lernwerkstattlernen nicht schwer. Viele Lernwerkstätten legen ästhetische Schwerpunkte bei der Raumgestaltung mit Sitzkissen (Franz 2016), speziell als „Ästhetische Werkstatt“ (Jansa 2013: 97), die Fokussierung einer „Verknüpfung der naturwissenschaftlich-technischen und künstlerisch-ästhetischen Ausdrucks- und Erkenntnisformen" (Müller-Naendrup 2013: 104) oder die Betonung des Schöpferischen, der Abkehr von reiner Produktorientierung zugunsten der Integration auch zweckfreier bzw. selbstzweckhafter Prozesse (Reitinger 2016: 39).
Die vielen Objekte, Materialien usw. laden nicht nur ein zum Staunen über fachliche Inhalte, sondern auch über die gelungene Gestaltung, die nicht nur die Wahrnehmung über die Sinne (Aisthesis), sondern auch sinnliche Wahrnehmung (Ästhetik) anspricht. Ebenso verbindet sich damit ein Anspruch, nicht lediglich auf sinnstiftende bzw. bedeutungskonstruierende Aspekte des Lernens Wert zu legen, sondern auch kontemplative (‚bloß’ sinnliche, bedeutungsfreie) Prozesse zuzulassen (vgl. zu den Begriffen Seel: 2003).
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Ansprechpartnerin: Dr. Lea Kallenbach
Förderung: Universitätsinterne Forschungsförderung
Wissenschaftliche Assistentin:
Beschreibung
Biographisch ausgerichtete Studien (Klomfaß & Epp, 2021; Hörnlein, 2019) zeigen, dass Lehramtsstudierende bereits mit einem "Koffer voller Muster zum LehrerInnenhandeln" (Seydel, 2004) ins Studium eintreten bzw. eigene biographische Erfahrungen die Sicht- und Handlungsweisen (angehender) Lehrkräfte prägen. Diese Erkenntnisse greift auch der (berufs-)biographische Professionsansatz auf (Fabel-Lamla, 2018). Wenngleich der Fähigkeit zur (Selbst-)Reflexion im Diskurs um die Professionalisierung (angehender) Lehrkräfte gleichzeitig ein hoher Stellenwert beigemessen wird (Berndt, Häcker & Leonhard, 2017), ist die Reflexion des eigenen biographischen Gewordenseins im Sinne biographischen Lernens (Dausien, 2011) didaktisch wie empirisch noch weitgehend ein Desiderat (Miethe, 2021; Bolland, 2011).
Hieran schließt das Projekt an und geht der übergeordneten Frage nach, wie biographisches Lernen im Lehramtsstudium angestoßen werden kann. Ausgehend von der Annahme, dass in Biographien „Besonderes und Allgemeines, Individualität und Gesellschaftlichkeit strukturell miteinander verbunden“ (Dausien 2011, S. 114) sind und angelehnt an das Konzept der „Biographizität“ (Alheit 1995), sollen die Studierenden in dem entwickelten, erprobten und evaluierten Format
Kooperationen
AG Biographisches Arbeiten im Lehramtsstudium
Veröffentlichungen
Ansprechpartner: Clemens Griesel
Betreuung: Prof. Dr. Agnes Pfrang (1. Betreuerin), Prof. Dr. Sandra Tänzer (2. Betreuerin)
Beschreibung
Das Forschungsprojekt untersucht, wie Hochschullernwerkstätten zur Förderung von Reflexionsprozessen in der Lehrer:innenbildung beitragen können. Reflexion wird dabei als Schlüsselkategorie zur Professionalisierung von Lehramtsstudierenden verstanden (Roters 2012; Drechsel 2024). Im Zentrum der Forschung steht die Frage, wie hochschuldidaktische Lehr-Lern-Settings gestaltet sein müssen, um eine praxisnahe, theoriegestützte Reflexion zu ermöglichen. Dabei werden vor allem die Verzahnung von Theorie und Praxis (Schneider 2009; Neuweg 2022) sowie die Rolle von Reflexionsprozessen, wie z.B. durch den Einsatz von Vignetten (Rehm & Bölsterli 2014), analysiert.
Die Lehrer:innenbildung steht vor der Herausforderung, Lehrkräfte auf die zunehmend komplexen Anforderungen des Schulalltags vorzubereiten. Neben fachspezifischem Wissen müssen Lehramtsstudierende die Fähigkeit entwickeln, ihr pädagogisches Handeln kontinuierlich zu reflektieren und anzupassen. Im Zuge des Projektes wurde eine Seminarkonzept entwickelt, das Anlässe bietet, „Theorie“ und „Praxis“ miteinander zu verschränken und Studierenden Raum für selbstgesteuertes, forschendes Lernen (Huber 2009; Schneider 2009) bietet. Diese hochschuldidaktischen Lernumgebungen sollen Studierende dabei unterstützen, ihre Erfahrungen wissenschaftlich zu reflektieren und sich zu professionellen Lehrkräften zu entwickeln (Schneider et al 2019).
Das Forschungsprojekt ist in das qualitative Forschungsparadigma eingebettet und verwendet verschiedene empirische Methoden, um die Reflexionsprozesse der Studierenden in diesem hochschuldidaktischen Setting zu untersuchen. Die Datenerhebung umfasst fokussierte Interviews, Kreisgespräche, schriftliche Reflexionsaufgaben sowie Lernportfolios. Diese Daten werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring 2015; Kuckartz 2018) ausgewertet, um die Tiefe und Breite der studentischen Reflexionen zu analysieren.
Veröffentlichungen
Ansprechpartner: Marcus Berger (Hochschuldidaktik)
In den Jahren 2020-2023 gab es für Lehrende der Universität Erfurt die Möglichkeit, an einer dreisemestrigen hochschuldidaktischen Fortbildung zum Lehren und Lernen in Werkstätten teilzunehmen. Die Fortbildung trägt den Titel "Design your Education" und zielt darauf ab:
Forschungsansatz
Die Fortbildung basiert in ihrer Konzeption und Umsetzung auf dem Ansatz der Design-Based Research (DBR), der durch einen prozessualen, iterativen Charakter geprägt ist.
Das Ziel von DBR ist es, einen bildungspraktischen Nutzen zu stiften und zugleich theoretische Erkenntnisse zu gewinnen. Damit setzt sich DBR über die klassische Trennung der Anwendungsforschung von der Grundlagenforschung hinweg. (…) Die Entwicklung einer Intervention macht die größte Besonderheit aus: Sie ist nicht vorgelagert wie in der Implementations-und Evaluationsforschung; sie ist aber auch nicht nachgelagert wie bei Forschungsvorhaben, die primär beschreiben oder erklären wollen. Die Entwicklung ist in der DBR Bestandteil des Forschungsprozesses (Gabi Reinmann 2016).”
Gabi Reinmann: Design-Based Research am Beispiel hochschuldidaktischer Forschung (2016)
Struktur der Fortbildung
Die Struktur der Fortbildung ist in drei Abschnitte gegliedert, die sich jeweils über den Zeitraum eines Semesters erstrecken. Neben allgemeinen und lernwerkstattspezifischen hochschuldidaktischen Inhalten liegt der Fokus insbesondere auf der begleiteten Entwicklung einer methodisch und didaktisch an den Prinzipien des Werkstattlernens orientierten Lehrveranstaltung, deren Evaluation sowie Weiterentwicklung.
Die konkrete Umsetzung der Fortbildung erfolgt sowohl in verschiedenen Blockveranstaltungen als auch fortwährend prozessbegleitend.
Ausgewählte Publikation
In den Jahren 2016 bis 2023 bildete die Implementation und Evaluation der Hochschullernwerkstatt eines von fünf Teilprojekten des Projekts Qualiteach (Qualitätsoffensive Lehrerbildung, BMBF).
Zielstellung:
Das Projekt zielt auf die universitätsinterne und -externe Verbreitung und Vernetzung sowie die Qualitätsentwicklung und -sicherung der Lernangebote in der Lernwerkstatt. So werden neben bereits etablierten Lernwerkstattformaten neue Angebote implementiert, um eigenaktives und selbstbestimmtes Lernen in der Didaktik der Lehrerbildung über weitere Studienfächer hinweg auszubauen. Zugleich machte die 1. Förderphase darauf aufmerksam, dass es Maßnahmen systematischer akademischer Personalentwicklung bedarf, um die Qualität der Lernangebote evidenzbasiert zu sichern und weiterzuentwickeln. Im Projekt wird deshalb eine dreisemestrigen hochschuldidaktische Fortbildung konzipiert, durchgeführt und evaluiert, in deren Verlauf die beteiligten Lehrerbildner ihre LWS-Angebote (1) modellieren und erproben (hochschuldidaktische Konzeptentwicklung), (2) in ihrer Wahrnehmung, Akzeptanz und Wirkung seitens der Studierenden überprüfen (Evidenzsicherung/Evaluierung) und (3) als konzeptuell verallgemeinerte und in ihrer Wirkung empirisch geprüfte Konzepte in den wissenschaftlichen Diskurs zur Didaktik der Lehrerbildung einbringen (Theoriebildung). Den Teilnehmenden eröffnet sich durch diese Doppelrolle als Lehrende und Forschende die Möglichkeit, ihre eigenen professionsbezogenen hochschulpädagogischen und -didaktischen Kompetenzen (Wissen, Können, Einstellungen und Überzeugungen) weiterzuentwickeln und zugleich aus den bisherigen Best-Practice-Beispielen hochschuldidaktische Lehr-Lern-Konzeptionen mit höherer Verbindlichkeit und gesicherter Evidenz hervorzubringen. Konzepte für die Lehrerbildung in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht werden.
Fragestellungen
Die zentrale Leitfrage der 1. Förderphase, wie der Lernwerkstattansatz in das Lehramtsstudium der Universität Erfurt nachhaltig eingebunden werden kann, besteht weiterhin und konkretisiert sich in der 2. Förderphase bezüglich des Handlungsfeldes der Personalentwicklung. Gefragt wird, wie hochschuldidaktische Kompetenzen von Lehrerbildner gefördert werden können, damit diese den Lernwerkstattansatz empiriegeleitet in ihrer Lehre anwenden und verallgemeinerbare Lehrkonzepte zur Professionalisierung zukünftiger Lehrkräfte entwickeln, umsetzen und evaluieren.
Zudem stellt sich für das Projekt die zweite Frage, wie die Lernwerkstatt zu einem etablierten Ort des kommunikativen Austauschs und der Kooperation zwischen den Phasen der Lehrerbildung in Thüringen werden kann?
* ausführliche Publikationslisten finden Sie auf den entsprechenden Personenseiten.