Grundlagenorientierung, theoretische Konzepte und ein ausgeprägter Forschungsbezug – Dinge, die ein Universitätsstudium auszeichnen. Neben diesen Faktoren wünschen sich viele Studierende jedoch auch Praxisnähe im Studium. An der Uni Erfurt gibt es deshalb verschiedene Projekte und Seminare, die versuchen, genau diesem Wunsch nachzukommen und dabei gleichzeitig die Rolle der Uni-Absolventen in der Praxis schärfen. So auch an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät. Eines dieser Projekte stellen wir im Folgenden einmal vor…
„Um ganz ehrlich zu sein, konnte ich vor dem Seminar noch nicht allzu viel mit Schulsozialarbeit anfangen und fand die Thematik auch nicht sonderlich spannend“, erzählt Vanessa, Studentin der Erziehungswissenschaften im vierten Fachsemester an der Universität Erfurt. „Aber jetzt, zum Ende des Projekts, bin ich total begeistert und könnte mir später sogar vorstellen, selbst in dem Bereich zu arbeiten.“ Die Rede ist von dem Projekt „Schulsozialarbeit – Grundlagen, Aufgabendimensionen und Handlungskonzepte“, das von Dr. Jana Hofmann betreut wurde. Hierbei hatten die Studierenden die Aufgabe, Kontakt zu einer „realen“ Schulsozialarbeiterin aufzunehmen und mithilfe von persönlichen Gesprächen ein Poster über die Schwerpunkte und Handlungsfelder der Schulsozialarbeit zu erstellen. Dieses soll die Schüler an der jeweiligen Schule dann umfassend über das Angebot informieren und für Problemlagen an der Schule sensibilisieren. „Einerseits mussten wir bei der Erstellung des Plakats wissenschaftliche Aspekte berücksichtigen, andererseits alles verständlich und nachvollziehbar für die Schüler aufbereiten – dieser Spagat war schon eine Herausforderung“, erklärt die Studentin. Begonnen hat das Seminar mit einem theoretischen Teil, da zunächst Definitionen und Hintergründe zur Thematik geklärt werden sollten. Dann ging es direkt in die Praxis: „Wir nahmen Kontakt zu einer Schulsozialarbeiterin an einer Erfurter Realschule auf. Sie war uns gegenüber gleich sehr aufgeschlossen und sogar dankbar für das Angebot. Zudem mussten wir uns für ein Schwerpunktthema entscheiden, wobei unsere Wahl nach dem ersten Gespräch auf ‚verbale Gewalt‘ fiel, da dies an der Schule das relevanteste Problem war“, erklärt Vanessa. Denn jede Schulsozialarbeiterin hat – schon allein durch die unterschiedlichen Schulformen – mit anderen Problemlagen zu tun. Und auch die Rahmenbedingungen der Arbeit können sehr verschieden sein. „Unsere Schulsozialarbeiterin war aufgrund der bereits langen Zeit an der Schule von den Lehrern und Eltern sehr akzeptiert und hatte überwiegend gute Erfahrungen im Handlungsfeld gesammelt – das war natürlich nicht bei allen Gruppen der Fall.“
Warum das Thema Schulsozialarbeit aus Sicht von Dr. Jana Hofmann für die Projektteilnehmer so interessant ist? „Die Schulsozialarbeit ist zu einem expandierenden Berufsfeld für Studierende der Pädagogik geworden. Und das nicht nur, weil die Tätigkeit klar an der Lebenswelt der Schüler ausgerichtet ist, sondern auch, weil die fachpolitische Überzeugung von einem ganzheitlichen Bildungsverständnis ausgeht – was bedeutet, dass neben Wissen und Fakten auch Lern- und Sozialkompetenz an Schulen vermittelt werden soll“, erklärt die Dozentin. „Und daraus resultierend werden auch immer mehr Landes- und Förderprogramme aufgelegt, um die Schulsozialarbeit und damit auch die Absolventen entsprechender Studiengänge an den Schulen zu beschäftigen.“ Ob die Uni-Absolventen den an der Fachhochschule ausgebildeten Sozialarbeitern nun Konkurrenz machen? „Die zwei Absolventengruppen sollten nicht in einem direkten Konkurrenzverhältnis stehen. Stellt man sich die Schulsozialarbeit an Universitäten und an Fachhochschulen in zwei sich zum Teil überschneidenden Kreisen vor, dann gibt es natürlich Gemeinsamkeiten. Dennoch besteht die Rolle der Universitäten eher in der Vermittlung von didaktischen Methoden, von theoretischen, konzeptionellen und strategischen Überlegungen. Vor allem geht es hier auch darum, Grundlagenforschung zu betreiben und konkrete Forschungsfragen zu beantworten und diese Ergebnisse fruchtbar zu machen. Im Blick der Fachhochschulen stehen wiederrum eher die Anwendung der Konzepte und die Entwicklung von konkreten Handlungssettings. Der Punkt ist: Alle Absolventen sollten die theoretischen Grundlagen beherrschen, dann aber jeweils ihre Expertise entwickeln, die sie in das Arbeitsfeld der Schulsozialarbeit einbringen“, erklärt Dr. Jana Hofmann.
Und so zieht auch die Seminarteilnehmerin Vanessa die Tätigkeit als Schulsozialarbeiterin für ihre berufliche Zukunft in Erwägung: „Zum einen ist Schulsozialarbeit ein Arbeitsbereich mit Zukunft, was mir sehr wichtig ist. Zum anderen denke ich, dass man durch die konzeptionelle Arbeit wirklich etwas bewegen kann und diese aktive Rolle reizt mich sehr.“